Parlamentskorrespondenz Nr. 168 vom 23.02.2017

EU-Rechnungshof sieht Verbesserungspotential bei Mittelverwendung

Jahresbericht des Kontrollorgans der Union im Ausschuss diskutiert

Wien (PK) – Die Fehlerquote bei der Verwendung von EU-Mitteln in Österreich ist im europäischen Vergleich noch immer relativ niedrig, weist jedoch eine negative Tendenz auf. 2015 mussten insgesamt 10 Mio. € zurückbezahlt werden. Das zeigt der Europäische Rechnungshof (ERH) auf, dessen Jahresbericht 2015 von Oskar Herics, Österreichs Vertreter im ERH, heute im Rechungshofausschuss präsentiert wurde. Er war Ausgangspunkt für eine aktuelle Aussprache über Angelegenheiten der EU, die von der Almflächenberechnung bis hin zum Juncker-Plan reichte.

Generelle Fehlerquote von 3,8% liegt noch über Toleranzgrenze von 2% - aber positive Tendenz

Insgesamt erhielt Österreich 2015 rund 1,4 Mrd. € aus dem EU-Haushalt, davon flossen rund 1,1 Mrd. € in die Landwirtschaft, 0,26 Mrd. € gingen in den Kohäsionsbereich (Regional- und Sozialfonds). Auch wenn Österreich im europäischen Vergleich immer noch gut abschneidet, sei eine negative Entwicklung zu verzeichnen, erklärte Herics. So mussten im Bereich der Kohäsion im Jahr 2015 erstmals Finanzkorrekturen von über 3% vorgenommen werden; hier sei Handlungsbedarf gegeben.

Der Europäische Rechnungshof gilt als "Hüter der EU-Finanzen" und ist insgesamt für ein Haushaltsbudget von 145,9 Mrd. € (2015) zuständig, führte Herics weiter aus. Während die Einnahmen als insgesamt ordnungsgemäß beurteilt wurden, waren die Zahlungen in einem wesentlichen Ausmaß mit Fehlern behaftet; die Quote im Jahr 2015 l ag mit 3,8% deutlich über der Toleranzgrenze von 2%. Dies bedeute jedoch nicht zwangsläufig, dass Betrug oder Verschwendung vorgelegen ist; in den meisten Fällen wurden bestimmte Vorschriften nicht eingehalten.

Trotz der noch immer zu hohen Fehlerquote von 3,8% sei aber ein positiver Trend zu bemerken, betonte Herics gegenüber den Ausschussmitgliedern. So lag die Fehlerquote im Jahr 2006 noch bei 7,3%, eine Entwicklung, die er nicht zuletzt auf die Berichte des ERH zurückführte. Auch seien diverse Bestimmungen (z.B. Kostenpauschalierung, Gruppenfreistellungsverordnung etc.) in der Zwischenzeit vereinfacht worden, sagte Herics. Dennoch sah er noch großes Verbesserungspotential nicht nur innerhalb der Mitgliedstaaten sondern auch bei der Kommission. Herics kritisierte vor allem auch die Entwicklung in der EU, immer wieder neue Finanzinstrumente und neue Strategien zu schaffen. Ein Beispiel dafür sei der sogenannte Juncker-Plan (EFSI), der aus verschiedenen Quellen finanziert werde und dessen Auswirkungen nicht bewertet sind.

Was die Situation in Österreich betrifft, so betrug etwa die Fehlerquote im Bereich Landwirtschaft in den Jahren 2009 bis 2015 33%; der Großteil betraf jedoch nur kleine Vergehen. Hier schneide Österreich sehr gut ab, nur drei Länder sind noch besser, hob Herics hervor. Nicht so rosig beurteilte er die Lage in Bezug auf die Verwendung der Regional- und Sozialfondsmittel; die diesbezügliche Fehlerquote liege mit 53% (2009 bis 20015) deutlich über dem EU-Durchschnitt von 42%. Derartige Mängel bei der Abwicklung von EU-Projekten ziehen natürlich auch Konsequenzen nach sich, letztes Jahr hätten diese Fehler hierzulande Finanzkorrekturen von 10 Mio. € erforderlich gemacht. Andere Länder seien aber mit viel höheren Rückzahlungen konfrontiert, so entfallen etwa auf Spanien 661 Mio. € und auf Rumänien 595 Mio. €.

Debatte: Von der Almflächenberechnung bis zum Juncker-Plan

ÖVP-Mandatar Hermann Gahr war ebenso wie Herics der Auffassung, dass es in vielen Bereichen zu Vereinfachungen und zu einem Bürokratieabbau kommen müsse. Ein Beispiel dafür sei für ihn das aktuelle System zur Berechnung der Almflächen, das seiner Ansicht nach auf Dauer nicht so funktionieren könne. Die komplexen Bestimmungen führten dazu, dass die Landwirtschaft in ein schiefes Licht gestellt werde; das habe sie sich nicht verdient. Was den Brenner-Basis-Tunnel betrifft, so habe Österreich seine Hausaufgaben gemacht, war Gahr überzeugt, Deutschland sei jedoch säumig.   

Abgeordneter Werner Kogler (G) erkundigte sich danach, wie die Kooperation mit den anderen und vor allem dem österreichischen Rechnungshof läuft und sprach zudem die Prüfung des Juncker-Plans sowie der EZB an. Elmar Mayer (S) interessierte sich vor allem für die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF), während Claudia Angela Gamon (N) das Forschungs- und Innovationsprogramm "Horizon 2020", die Bankenaufsichtsarchitektur sowie das Vergaberecht ansprach. Martina Schenk (T) wollte wissen, ob die Migrationspolitik der EU auf dem Prüfstand steht, Erwin Angerer (F) informierte sich über die Prüfkompetenzen des ERH in Bezug auf den Europäischen Stabilitätsmechanismus und die Europäische Investitionsbank.

Herics sieht "Wildwuchs an Strategien" und kündigt Prüfung von OLAF an

Oskar Herics räumte gegenüber den Fragestellern ein, dass die Zusammenarbeit mit OLAF nicht zufriedenstellend laufe. Die Verfahren dauerten teilweise viel zu lange. Ein weiteres Problem bestehe darin, dass es noch keinen europäischen Staatsanwalt gibt. Er werde sich jedenfalls dafür einsetzen, dass OLAF, eine Behörde, die unter der Schirmherrschaft der EU-Kommission steht, vom ERH geprüft wird. Die Europäische Investitionsbank (EIB) wiederum gehöre allen Mitgliedstaaten und könne daher vom ERH nicht geprüft werden. Der ERH sei nur dort zuständig, wo die EIB Programme im Auftrag der Kommission durchführt.

Der von Gahr angesprochene Sonderbericht zur Identifizierung beihilfefähiger landwirtschaftlicher Flächen attestiert Österreich Fortschritte und wesentliche Verbesserungen. Schwachstellen bestehen aber noch immer u.a. bei der Einspeisung neuer Orthobilder und bei der Abgrenzung der beihilfefähigen Flächen. Aus diesem Grund habe die Kommission Finanzkorrekturen nicht ausgeschlossen. Herics appellierte daher, auf verstärkte Schulungen der MitarbeiterInnen der Prüfbehörden zu setzen. Im Zusammenhang mit dem Brenner-Basis-Tunnel war er auch der Ansicht, dass es eine durchgehende Verkehrsachse geben müsse. Abgeordneter Martina Schenk (T) gegenüber teilte Herics mit, dass die Migrationspolitik ein Schwerpunktthema des Europäischen Rechnungshofs sei und zwei diesbezügliche Berichte (Hot-Spot-Lösungen und Terrorismusbekämpfung) bald vorliegen werden.

RH-Präsidentin Margit Kraker zeigte sich erfreut über die gute Zusammenarbeit mit dem Europäischen Rechnungshof und setzte auf die Nutzung von Synergieeffekten. Die Arbeit der beiden Institutionen greife ineinander, was man u.a. am Bericht über die Umsetzung der EFRE–Regionalprogramme in Wien und der Steiermark, wo es u.a. zu einer Rückzahlung von Mitteln aus dem Landesbudget kam, oder am Bericht über das Bahnprojekt Brenner-Basis-Tunnel erkennen könne. Derzeit laufe auch eine Prüfung, die sich mit der Almflächenberechnung (Orthobilder) im Landwirtschaftsressort befasst. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) sue