Parlamentskorrespondenz Nr. 187 vom 01.03.2017

FPÖ: Zuwanderung gefährdet heimisches Sozial- und Pensionssystem

Minister Stöger präsentiert Maßnahmenpaket der Regierung im Nationalrat

Wien (PK) – Nach Ansicht der FPÖ gibt die Regierung die völlig falschen Antworten auf die gravierenden Probleme am Arbeitsmarkt. So werde etwa der geplante Beschäftigungsbonus nur zu einem massiven Verdrängungswettbewerb im Niedriglohnsektor führen, kritisierte die freiheitliche Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein zu Beginn der heutigen Nationalratssitzung. Im Rahmen einer Aktuellen Stunde unter dem Titel "Sichere Arbeitsplätze und Pensionen statt Masseneinwanderung ins Sozialsystem" trat sie daher erneut für eine sektorale Schließung des Arbeitsmarktes ein; Österreich könne nicht das Sozialamt der Welt sein. Gerade die Arbeits- und Beschäftigungspolitik haben höchste Priorität, entgegnete der dafür zuständige Minister Alois Stöger. Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung, das vom Beschäftigungsbonus, der Aktion 20.000 für Langzeitarbeitslose, der Einführung eines Mindestlohns, einer Qualifikationsoffensive, bis hin zum Integrationsjahr reicht, nehme die richtigen Weichenstellungen vor. 

FPÖ gegen weiteren Zuzug von Arbeitskräften und Ausweitung des Dienstleistungsschecks für AsylwerberInnen

Österreich ist das einzige Land in der EU, in dem die Arbeitslosenrate permanent ansteigt, hob FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein hervor. Das Hauptproblem stelle dabei die Gruppe der beschäftigungslosen AusländerInnen dar, die immer größer werde. Statt sich intensiv für eine echte und nachhaltige Lösung, nämlich die sektorale Schließung des Arbeitsmarkts, einzusetzen, schlage die Regierung Maßnahmen vor, die aus freiheitlicher Sicht nichts bringen. Dies gelte etwa für den Beschäftigungsbonus, der ein "Bürokratiemonster" werden wird und vielleicht nicht einmal EU-konform ist, beklagte Belakowitsch-Jenewein. Außerdem verstehe sie nicht, warum der Bonus vom Austria Wirtschaftsservice (AWS), das nicht der parlamentarischen Kontrolle unterliegt, ausbezahlt werden soll. "Wozu haben wir das AMS?"

Scharfe Kritik übte sie auch an der geplanten "Öffnung des Dienstleistungsschecks für AsylwerberInnen". Dies sei der völlig falsche Weg, weil dadurch jene, die schon jetzt nur 5 € in der Stunde verdienen, durch Personen verdrängt werden, die einen Ein-Euro-Stundenlohn bekommen. Am Schluss landen dann alle beim AMS, befürchtete Belakowitsch-Jenewein, da der Zuzug von ArbeitnehmerInnen nicht begrenzt werde. Es müsse endlich mit einer Politik Schluss sein, die auf einen massenweisen Import von unqualifizierten Personen setzt; Österreich könne nicht das Sozial- und Arbeitsamt der Welt sein, unterstrich die Rednerin.

Stöger: Stärkung der sozialen Säule in Europa und nationaler Maßnahmenmix

Bundesminister Alois Stöger räumte zunächst ein, dass es auf europäischer Ebene durchaus Probleme gebe, da einerseits nicht genug investiert wurde und andererseits die Spielräume der Mitgliedstaaten massiv eingeschränkt worden sind. Österreich tue jedoch alles, was auf nationaler Ebene möglich ist, um den heimischen Arbeitsmarkt zu fördern und zu unterstützen. Als Beispiel führte der Minister an, dass Österreich die strengsten Bestimmungen hat, was die Entsendungen von ArbeitnehmerInnen in der EU betrifft. Auch der Beschäftigungsbonus, der eine Halbierung der Lohnnebenkosten vorsieht, werde sehr positive Effekte haben, war Stöger überzeugt. Eine weitere wichtige Maßnahme sei die B eschäftigungsaktion 20.000, die vor allem auf ältere Langzeitarbeitslose abzielt. Durch die Förderung von Arbeitsplätzen im Bereich der Gemeinden, gemeinnütziger Trägervereine und sozialökonomischer Betriebe werden jene Menschen, die über 50 Jahre alt sind und seit über einem Jahr nach einer Arbeit suchen, eine neue Perspektive erhalten. Ab dem Sommer wird bereits mit der Umsetzung von Modellprojekten in den einzelnen Bundesländern begonnen, kündigte der Minister an. Dafür werden insgesamt 200 Mio. € bereitgestellt.

Arbeitsplätze, gerechte Entlohnung und Qualifizierung sind zweifellos die wirksamsten Mittel, um Armut zu verhindern, führte Stöger weiter aus. Daher sei es dringend erforderlich, einen Mindestlohn in der Höhe von 1.500 € für alle ArbeitnehmerInnen einzuführen. Er begrüßte das Vorhaben der Sozialpartner, in dieser Frage bis zum Sommer eine Lösung finden zu wollen. Was die angesprochenen Problemgruppen betrifft, so werde man die Aktivitäten in diesen Bereichen weiter verstärken, versicherte der Ressortchef. Dies reiche von der Finanzierung von Sprachkursen bis hin zur Übernahme der Kosten von Vorbereitungskursen für die Absolvierung von Lehrabschlüssen.

Sehr wichtig sei auch das geplante Integrationsjahr, das die Menschen in die Lage versetzen soll, später auf eigenen Beinen zu stehen.

SPÖ gegen "Schwarz-Weiß-Malerei" und für lösungsorientierte Maßnahmen

"Ja, es ist nicht alles super", konstatierte Josef Muchitsch (S), gerade der Arbeitsmarkt ist mit sehr schwierigen Rahmenbedingungen konfrontiert. Eine Ursache dafür liege in dem Prinzip der EU-Personenfreiheit, deren Auswirkungen vielleicht unterschätzt wurden. Österreich habe davon zwar in einzelnen Sektoren sehr profitiert, in anderen Bereichen gebe es jedoch Probleme. Fakt sei aber auch, dass die größte Erweiterungsrunde der Union im Jahr 2003, also als die Freiheitlichen in der Regierung waren, beschlossen wurde, erinnerte Muchitsch. Bundeskanzler Kern und sein Team haben sich nun dazu bekannt, Maßnahmen zu setzen, um z.B. Lohn- und Sozialdumping stärker zu bekämpfen und die Beschäftigungssituation von älteren Arbeitslosen zu verbessern. Seine Fraktionskollegin Ulrike Königsberger-Ludwig erwartet sich viel vom Beschäftigungsbonus, der ihrer Ansicht nach zahlreiche Jobs schaffen wird. Den Freiheitlichen hielt sie noch entgegen, dass laut einer aktuellen Studie die AusländerInnen im Jahr 2016 3 Mrd. € in die Pensionsversicherung einbezahlt, aber lediglich 821 Mio. € herausbekommen haben. Menschen können nur dann etwas erhalten, wenn sie Beiträge geleistet haben; dies sollte in der Öffentlichkeit auch korrekt dargestellt werden.

ÖVP: Nur eine florierende Wirtschaft sichert Arbeitsplätze und das Sozialsystem

Die ÖVP ist ein starker Partner, wenn es um die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit geht, unterstrich Michael Hammer (V). Im Vordergrund sollte dabei die Belebung der Wirtschaft stehen, wie dies etwa durch die große Steuerreform im letzten Jahr bereits gelungen sei. Die UnternehmerInnen hätten bewiesen, dass sie auch in schwierigen Zeiten für eine Rekordbeschäftigung sorgen können, meinte Angelika Winzig (V). Nunmehr sollen durch die Investitionszuwachsprämie oder den Beschäftigungsbonus weitere wichtige Schritte gesetzt werden. Ausständig seien aber noch die Abschaffung der kalten Progression, ein weiterer Bürokratieabbau und die Modernisierung des Arbeitszeitgesetzes, erklärte Hammer. Seine Partei spreche sich zudem klar für eine Begrenzung der Zuwanderung, eine Deckelung der Mindestsicherung sowie für eine Anpassung der Familienbeihilfen für im Ausland lebende Kinder aus. Außerdem müsse das Pensionssystem zukunftsfit gestaltet werden.

FPÖ fordert eine Sozialpolitik im Sinne der ÖsterreicherInnen

Der freiheitliche Mandatar Werner Neubauer legte ein Bekenntnis zum staatlichen und beitragsfinanzierten Pensionssystem ab. Es müsse sichergestellt sein, dass ein Altern in Würde möglich ist und die Menschen vor Armut bewahrt werden. Damit dafür aber auch in Zukunft genug Geld zur Verfügung steht, müssen die einzelnen Systeme so bald wie möglich harmonisiert und die Sozialversicherungen zusammengeführt werden, forderte er. Dringend abstellen müsse man auch das immer mehr um sich greifende Sozialschmarotzertum. Fast täglich könne man in den Medien von skandalösen Fällen lesen, die belegen, dass das österreichische Sozialsystem sehr oft ausgenutzt werde, zeigte er auf. Die Tatsache, dass die Regierungsparteien nun immer mehr FPÖ-Forderungen übernehmen, sei wohl eher ein Marketing-Gag und den schlechten Umfragewerten geschuldet, urteilte Peter Wurm (F). Die Freiheitlichen hätten schon seit vielen Jahren vor negativen Entwicklungen wie etwa am Arbeitsmarkt gewarnt, es sei aber nichts getan worden. Die ungebremste Zuwanderung und das Asylchaos hätten u.a. dazu geführt, dass mittlerweile schon 39 % der Arbeitslosen AusländerInnen sind. Schockierende Daten gebe es auch im Bereich der Mindestsicherung, mittlerweile müssen über 3 Mrd. € dafür aufgewendet werden.

Grüne sprechen von einem "perfiden Spiel des Wegnehmens"

Judith Schwentner (G) hielt es für äußerst bedenklich, dass der freiheitliche Klubobmann Strache es vorzieht, heute bei einer Parteiveranstaltung der rechtspopulistischen AfD in Deutschland aufzutreten anstatt im Nationalrat zur Sozialpolitik zu sprechen. Enttäuschend war für sie aber auch der Redebeitrag von ÖVP-Abgeordnetem Hammer, in dem es vor allem um die Frage ging, wie können wir jemanden noch mehr wegnehmen. Stattdessen sollte man sich intensiv damit beschäftigen, wie Menschen aus der Mindestsicherung heraus gebracht werden und wie sie am Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen können. Schwentner zog auch stark in Zweifel, dass die 24-Stunden-Pflegerinnen, die "unsere Eltern und Großeltern pflegen" und ihre Kinder in den Heimatländern zurückgelassen haben, das heimische Sozialsystem gefährden. Diese Frauen zahlen Steuern in Österreich und sollten daher die Familienbeihilfe in voller Höhe erhalten, verlangte die Rednerin. G-Abgeordnete Birgit Schatz beklagte vor allem den Umstand, dass immer mehr Menschen von ihrer 40-Stunden-Arbeit nicht mehr ordentlich leben können. Es brauche daher einen existenzsichernden Mindestlohn, leistbare Wohnungen und gute Bildungseinrichtungen, die allen Kindern zur Verfügung stehen.

NEOS: Abschottung des Arbeitsmarkts ist verantwortungslos und gefährdet die Zukunft der Jugend

Die jungen Menschen haben ein Anrecht darauf, dass das Pensionssystem auch in Zukunft hält, erklärte NEOS-Klubobmann Matthias Strolz. Da dies aus seiner Sicht derzeit nicht gegeben ist, müsse es rasch umgestaltet werden. Schweden, wo bereits eine Flexipension eingeführt wurde, habe vorgezeigt, dass dies möglich ist. In Österreich jedoch verteile man noch immer Pensionshunderter und schaffe es nicht, die zahlreichen Privilegien zu beseitigen. Gleichzeitig präsentiere die Regierung fast jede Woche "haarsträubende Vorschläge" zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die eindeutig der europäischen Gemeinschaftsidee widersprechen. Es gibt kein anderes Land in der EU, das mehr vom europäischen Binnenmarkt und der Osterweiterung profitiert hat als Österreich, hob Strolz mit Nachdruck hervor. Wenn man für eine sektorale Schließung des Arbeitsmarkts eintritt, dann wird es auch keine 24-Stunden-Pflegerinnen mehr geben! Diese Wahrheit müsse man der Bevölkerung sagen. Leider haben nun auch die Regierungsparteien viele Forderungen der Freiheitlichen übernommen, bedauerte Gerald Loacker. Es sei jedoch eine Illusion, wenn man glaube, auf einer wirtschaftlichen Insel leben zu können. Außerdem seien zahlreiche Probleme am Arbeitsmarkt hausgemacht, argumentierte der Sozialsprecher der NEOS, es gebe nämlich so viel offene Stellen wie noch nie. Handlungsbedarf bestehe daher bei der Aus- und Weiterbildung der Jobsuchenden. Die Zahl der Arbeitslosen werde nicht kleiner, wenn sich Österreich von der EU abschottet, war er überzeugt.

Team Stronach: "Regierung ist Totengräber der Sozialstaates"

Robert Lugar vom Team Stronach übte Kritik am Regierungsprogramm, da sich die einzelnen Maßnahmen konterkarieren. Was soll etwa eine Aktion für ältere Langzeitarbeitslose, die 20.000 Jobs schaffen soll, bringen, wenn man gleichzeitig 100.000 Menschen ins Land lässt? Und wie sollen die Zuwanderer das heimische Pensionssystem retten, wenn sie teilweise nicht einmal schreiben und lesen können? Von diesen Personen brauche man sich keine Hilfe zu erwarten, meinte Lugar, denn sie würden das Sozialsystem noch weiter belasten. Die Antwort darauf könne aber nicht sein, die Standards für alle runterzufahren, sondern nur jene Menschen aufzunehmen, die wirklich Schutz brauchen. Waltraud Dietrich (T) hielt das Thema der Aktuellen Stunde für sehr wichtig, weil es eindeutig Zusammenhänge zwischen der Zuwanderung und der Entwicklung der Sozialausgaben gebe; dies dürfe nicht geleugnet werden. 

Die Zuwanderungswelle in den letzten Jahren werde Österreich mehr kosten als nutzen, war Rupert Doppler (o.F.) überzeugt. Es könne nicht angehen, dass heimischen Arbeitslosen die Bezüge gekürzt werden, nur weil so viele Wirtschaftsflüchtlinge nach Österreich kommen, kritisierte Gerhard Schmid (o.F.). Auch Marcus Franz (o.F.) war der Ansicht, dass offene Grenzen mit der Aufrechterhaltung eines Sozialstaats nicht vereinbar sind; dies habe bereits der Nobelpreisträger Milton Friedman erkannt. Daher "Grenze zu, sonst Sozialstaat kaputt", forderte er. (Fortsetzung Nationalrat) sue