Parlamentskorrespondenz Nr. 203 vom 03.03.2017

Neu im Sozialausschuss

Regierung schlägt Änderungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte vor

Wien (PK) – Die Regierung hat dem Nationalrat eine Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgelegt (1516 d.B.). Insbesondere sollen damit Änderungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte vorgenommen werden. Außerdem werden die gesetzlichen Bestimmungen für SaisonarbeiterInnen und für den konzerninternen Transfer ausländischer Beschäftigter an EU-Recht angepasst. Österreich ist bei der Umsetzung zweier EU-Richtlinien bereits säumig, sie hätten bis zum Herbst letzten Jahres umgesetzt werden müssen. Anlass für adaptierte Regelungen für die grenzüberschreitende Überlassung von LeiharbeiterInnen ist ein EuGH-Urteil.

Mit der Rot-Weiß-Rot-Karte wird die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften nach Österreich gesteuert. Das bestehende System hat sich nach Meinung des Sozialministeriums grundsätzlich bewährt, eine Lockerung der Qualifikationskriterien oder der Mindestlohn-Vorgaben wird als nicht notwendig erachtet, zumal ohnehin ein ausreichendes Arbeitskräftepotential aus EU-Staaten zur Verfügung steht, wie in den Erläuterungen festgehalten wird. Allerdings sollen mit der Novelle einige Vollzugsdefizite beseitigt und einzelne Erleichterungen vorgesehen werden. Im Sinne des Förderschwerpunkts der Regierung für JungunternehmerInnen werden außerdem eigene Regeln für Start-ups eingebaut.

Zu den vorgesehenen Neuerungen gehört etwa die Verlängerung der Rot-Weiß-Rot-Karte von 12 auf 24 Monate. Damit haben die Behörden künftig länger Zeit zu prüfen, ob die Betroffenen tatsächlich gemäß den Zulassungsvoraussetzungen beschäftigt werden. Erst nach dieser Zeitspanne erhält der bzw. die Beschäftigte eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus für einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Geschraubt wird auch an den Kriterien für Fachkräfte in Mangelberufen: Berufserfahrung und Sprachkompetenz werden aufgewertet, die erforderliche Mindestpunktezahl von 50 (bei 75 möglichen Punkten) auf 55 (bei 90 möglichen Punkten) hinaufgesetzt.

Erleichterungen sind vor allem für ausländische Studierende geplant. So werden etwa AbsolventInnen von Bachelorstudien in das System der Rot-Weiß-Rot-Karte mit einbezogen und das erlaubte Beschäftigungsausmaß während des Studiums auf 20 Wochenstunden vereinheitlicht. In den ersten Semestern durfte man bisher nur 10 Stunden nebenher arbeiten. Diese 20 Stunden gelten auch für ausländische UniversitätsabsolventInnen, die nach Studienabschluss einen qualifizierten Job in Österreich suchen, wobei sie dafür gemäß dem von der Regierung geleichzeitig vorgelegten Fremdenrechtspaket künftig ein Jahr lang – statt sechs Monate – Zeit haben werden, bevor sie ihre Aufenthaltsberechtigung verlieren.

Start-up-GründerInnen benötigen für eine Rot-Weiß-Rot-Karte unter anderem ein Kapital von zumindest 50.000 € (davon die Hälfte Eigenkapital) und einen schlüssigen Businessplan für ein innovatives Produkt oder eine andere innovative Idee. Außerdem müssen sie, ähnlich wie Fachkräfte in Mangelberufen, bestimmte Zulassungskriterien erfüllen, wobei etwa für Ausbildung, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse und höhere Kapitalnachweise Punkte gesammelt werden können. Auch die Aufnahme in ein Gründerzentrum und ein Alter unter 35 Jahren wirken sich positiv aus.

Am geltenden Saisoniermodell ändert sich durch die Umsetzung der Saisonarbeiter-Richtlinie der EU gemäß den Erläuterungen wenig. So ist die Beschränkung auf die Bereiche Tourismus und Landwirtschaft und die Steuerung über Kontingente weiterhin zulässig. Allerdings dürfen Saisoniers künftig grundsätzlich nur noch neun Monate pro Jahr in Österreich beschäftigt sein, davon wie bisher maximal sechs Monate durchgehend. Wer schon einmal als Saisonarbeitskraft beschäftigt war, soll bevorzugt zugelassen werden. Aufgehoben werden müssen die laut EU-Recht diskriminierenden Sonderregelungen für ErntehelferInnen im ASVG: Diese sind künftig nicht nur – wie schon bisher – kranken- und unfallversichert, sondern auch pensionsversichert.

Einen gewichtigen Teil der Novelle nehmen die neuen Bestimmungen für unternehmensintern transferierte ausländische Beschäftigte ein, die die geltenden Regelungen für Rotationsarbeitskräfte ersetzen. Ziel der ICT-Richtlinie der EU ist es, unter dem Blickwinkel der Mobilität Zulassungsverfahren zu beschleunigen, wobei es ausschließlich um Führungskräfte, besondere SpezialistInnen und Trainees mit Hochschulabschluss sowie deren enge Familienangehörige geht.

Gemäß dem Gesetzentwurf benötigen die transferierten Schlüsselarbeitskräfte aus Drittstaaten für die Arbeitsaufnahme in einer österreichischen Konzernniederlassung grundsätzlich eine kombinierte Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung, wobei das Zulassungsverfahren dem Rot-Weiß-Rot-Karte-Verfahren nachgebildet ist und die Behörden innerhalb von vier Wochen entscheiden müssen. Liegt ein ICT-Aufenthaltstitel für ein anderes EU-Land vor, reicht für bis zu 90 Arbeitstage in Österreich eine Vorabmeldung. Mit diversen Bestimmungen will die Regierung Missbrauch verhindern, bei Bedarf kann der Sozialminister auch eine zahlenmäßige Kontingentierung verordnen.

Für grenzüberschreitend überlassene LeiharbeiterInnen wird eine vom AMS auszustellende EU-Überlassungsbestätigung eingeführt, wobei die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen ebenso einzuhalten sind wie Spezialvorschriften gemäß Arbeitskräfteüberlassungsgesetz. Wer die Einholung einer derartigen Bestätigung verabsäumt, dem drohen dieselben Sanktionen wie für nicht ordnungsgemäße EU-Entsendungen. (Schluss) gs