Parlamentskorrespondenz Nr. 210 vom 03.03.2017

Neu im Innenausschuss

Regierung hat Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 vorgelegt

Wien (PK) – Ein ganzes Bündel unterschiedlicher Maßnahmen bringt das von der Regierung dem Nationalrat vorgelegte Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 (1523 d.B.). Neben neuen nationalen Visa-D-Kategorien und neuen Arten von Aufenthaltstiteln sind insbesondere verschärfte Bestimmungen zur Durchsetzung von Abschiebungen illegal in Österreich aufhältiger Fremder bzw. von Flüchtlingen mit negativem Asylbescheid vorgesehen. Zudem wird die Möglichkeit für gemeinnützige Arbeit für AsylwerberInnen ausgedehnt. Betroffen von der Novelle sind unter anderem Saisoniers, in multinationalen Konzernen tätige Schlüsselarbeitskräfte, UniversitätsabsolventInnen, ForscherInnen und KünstlerInnen.

Hohe Verwaltungsstrafen für ausreiseunwillige Fremde

Abgewiesene AsylwerberInnen und andere Fremde ohne gültigen Aufenthaltstitel müssen in Hinkunft mit hohen Verwaltungsstrafen rechnen, wenn sie Österreich nicht verlassen. Ihnen droht eine Geldstrafe zwischen 5.000 und 15.000 € bzw. bis zu sechs Wochen Ersatzhaft. Gleiches gilt für Personen, die entgegen einem rechtskräftigen Einreise- bzw. Aufenthaltsverbot nach Österreich einreisen. Die Polizei erhält zur Durchsetzung eines Festnahmeauftrags außerdem mehr Spielraum bei der Betretung von Grundstücken und Betriebsstätten sowie bei der Durchsuchung von Räumlichkeiten.

Schubhaftdauer wird ausgeweitet

Um Rückführungen und Abschiebungen zu erleichtern, ist eine Ausweitung der Schubhaft vorgesehen. Sie kann im Normalfall künftig auf bis zu sechs Monate (bisher vier) bzw. drei Monate für mündige Minderjährige (bisher zwei) erstreckt werden. Bei besonderen Umständen, etwa wenn die Staatsangehörigkeit des Betroffenen nicht festgestellt werden kann oder sich dieser schon einmal einer Abschiebung entzogen hat, ist eine Festhaltung bis zu 18 Monate möglich (bisher zehn Monate in einem Zeitraum von 18 Monaten). Damit wird die EU-rechtlich erlaubte Dauer voll ausgeschöpft. Es habe sich gezeigt, dass vier Monate mitunter zu kurz bemessen sind, um nicht nur ein Ersatzreisedokument zu erlangen, sondern die Abschiebung auch tatsächlich durchzuführen, wird in den Erläuterungen festgehalten. Die Pflicht, Flüchtlinge mit negativem Asylbescheid vorab vom festgelegten Abschiebetermin zu informieren, entfällt.

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Schubhaft, können in Hinkunft auch strafrechtliche Verurteilungen berücksichtigt werden. Geplant ist überdies, ein Verfahren zur Aberkennung von Asyl künftig nicht erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung einzuleiten, sondern bereits bei Anklageerhebung bzw. bei Ertappen auf frischer Tat oder bei Verhängung von Untersuchungshaft. Derartige Verfahren sind beschleunigt zu erledigen.

Einschränkungen bei der Grundversorgung

AsylwerberInnen, deren Asylantrag erstinstanzlich abgelehnt und deren Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, etwa weil sie aus einem sicheren Herkunftsland stammen oder im Asylverfahren ihre wahre Identität verschleiert haben, verlieren künftig die Grundversorgung, wenn sie nicht an ihrer Ausreise mitwirken. Die Bestimmungen der Aufnahme-Richtlinie der EU, auf die sich die fortgesetzte Grundversorgung bisher stützte, seien nicht anwendbar, heißt es dazu in den Erläuterungen. Neu ist auch, dass zur Durchsetzung des Betretungsverbots und der Hausordnung in Betreuungseinrichtungen des Bundes künftig besonders geschulte MitarbeiterInnen zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt werden können.

Taschengeld für gemeinnützig tätige Flüchtlinge: Innenminister kann Höchstgrenze festsetzen

Schon bisher können Flüchtlinge von den Gebietskörperschaften freiwillig für gemeinnützige Hilfstätigkeiten, etwa zur Betreuung von Sport- und Parkanlagen oder zur Unterstützung der Administration, herangezogen werden. In Hinkunft soll diese Möglichkeit auf nicht auf Gewinn ausgerichtete Rechtsträger, die direkt oder indirekt im Eigentum des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde stehen, und auf NGOs ausgeweitet werden, wobei es dazu einer Verordnung von Innenminister Sobotka bedarf. Der Innenminister kann zudem in Hinkunft betragliche Höchstgrenzen für den "Anerkennungsbeitrag", den die Flüchtlinge für ihre Arbeit erhalten, festlegen.

Neue Aufenthaltstitel "ICT" und "mobile ICT"

Umgesetzt werden mit dem Gesetzespaket – und einer begleitenden Novellierung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes – auch zwei EU-Richtlinien, und zwar die Saisonier-Richtlinie und die ICT-Richtlinie, die den konzerninternen Transfer von Schlüsselarbeitskräften betrifft. Demnach werden für ausländische Führungskräfte, SpezialistInnen und Trainees, die von ihrem Unternehmen vorübergehend in einer österreichischen Niederlassung eingesetzt werden, zwei neue Aufenthaltstitel – "ICT" und "mobile ICT" – geschaffen. Sie ersetzen die bisherige Aufenthaltsbewilligung für Rotationsarbeitskräfte und garantieren den Betroffenen und ihren Familienangehörigen volle Mobilität innerhalb der EU. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass Personen, die einen ICT-Aufenthaltstitel eines anderen EU-Lands haben, visumfrei nach Österreich einreisen können. Die Höchstdauer für konzerninterne Transfers beträgt für Führungskräfte und SpezialistInnen drei Jahre und für Trainees ein Jahr.

Visumpflicht für alle Saisoniers

Saisoniers brauchen in Hinkunft jedenfalls ein Visum C oder D (je nach Aufenthaltsdauer), und zwar auch jene, die bisher visumfrei einreisen konnten. Das betrifft insbesondere Staatsangehörige aus Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Mazedonien. Im Gegenzug entfällt die bisher zwingende Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung. Außerdem wird Saisoniers die Möglichkeit eröffnet, ihr Visum im Inland zu verlängern, wobei die maximale Aufenthaltsdauer – neun Monate innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums – insgesamt nicht überschritten werden darf.

Auch für andere Fälle wird die Visum-Kategorie D erweitert. So kann künftig auch dann ein Visum im Inland ausgestellt werden, wenn besonders berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen, wobei konkret humanitäre Gründe, nationales Interesse und internationale Verpflichtungen genannt werden. Voraussetzung ist, dass sich der betroffene Fremde rechtmäßig in Österreich aufhält. Als Beispiele führen die Erläuterungen etwa den Fall an, dass jemand wegen eines plötzlichen Krankenhausaufenthalts nicht ausreisen kann oder sich internationale Sitzungen und Verhandlungen in die Länge ziehen. Neu ist außerdem die Möglichkeit, Visa der Kategorie D unter bestimmten Voraussetzungen für bis zu 9 bzw. 12 Monate auszustellen, was nicht nur Saisoniers und Betroffenen von Notfällen zugutekommt, sondern auch TeilnehmerInnen an so genannten "Working-Holiday-Programmen".

Rot-Weiß-Rot-Karte: Erleichterungen für Studierende und Start-Ups

Erleichterungen sind auch für ausländische UniversitätsabsolventInnen vorgesehen. Sie haben künftig ein Jahr – statt bisher sechs Monate – Zeit, um nach Abschluss ihres Studiums einen qualifizierten Job in Österreich zu finden, ohne ihren Aufenthaltstitel zu verlieren. Außerdem erhalten auch GründerInnen von Start-ups Zugang zur "Rot-Weiß-Rot-Karte", wobei die genauen Voraussetzungen im – dem Sozialausschuss zugewiesenen – Ausländerbeschäftigungsgesetz festgelegt sind. Die Gültigkeitsdauer der Rot-Weiß-Rot-Karte wird von einem Jahr auf zwei Jahre verlängert, erst danach wird eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus für einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang ausgestellt.

In Reaktion auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs werden die speziellen Bestimmungen für KünstlerInnen und ForscherInnen im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz adaptiert. Die bisherigen Aufenthaltsbewilligungen werden in Niederlassungsbewilligungen übergeleitet und den Betroffenen damit auch formell ein direkter Zugang zum Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" eröffnet. Auch Personen, die unter den Bereich "Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" fallen, wird grundsätzlich eine Niederlassung ermöglicht, sie fallen diesfalls automatisch in den Anwendungsbereich von "Deutsch vor Zuzug". (Schluss) gs