Parlamentskorrespondenz Nr. 231 vom 08.03.2017

Neu im Budgetausschuss

Gesetzliches Spekulationsverbot soll Risiken in der Finanzgebarung des Bundes minimieren

Wien (PK) – Um nach mehreren Finanzskandalen das Vertrauen der BürgerInnen in das öffentliche Finanzmanagement zu stärken, hat die Regierung dem Nationalrat einen Gesetzentwurf für ein gesetzliches Spekulationsverbot für Bund, dessen Rechtsträger und die Sozialversicherungsträger vorgelegt. Es soll bis Ende 2017 auch auf Landesebene umgesetzt werden. Konkret handelt es sich dabei um die Verankerung des Grundsatzes der risikoaversen Finanzgebarung für das Finanzmanagement des Bundes sowie um die Möglichkeit zur Bündelung des Finanzmanagements bei der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA). Das Spekulationsverbot soll zur Einhaltung der maximalen Defizitquoten laut Stabilitätspakt beitragen und Risiken auf ein Mindestmaß beschränken. Risiken in der Finanzgebarung, die mit vertretbaren Kosten vollkommen vermieden werden können, sollen zur Gänze ausgeschaltet werden. Die Grundsätze einer risikoaversen Finanzgebarung sind auch im Bereich der Sozialversicherung sinngemäß anzuwenden, heißt es im Gesetzentwurf (1514 d.B.).

Grundsatz der risikoaversen Finanzgebarung

Mit dem Spekulationsverbot soll ein gesetzliches Gebot eingeführt werden, wonach die Risken in der Finanzgebarung auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Dabei sei laut Bundesregierung die Minimierung der Risiken stärker zu gewichten als die Optimierung der Erträge oder Kosen. Unzulässig sind laut Gesetzentwurf mittel- oder langfristige Veranlagungen auf Kredit und der Abschluss von Derivaten ohne entsprechendes Grundgeschäft. Bereits bestehende Kredite, die aus Optimierungsgründen für Veranlagungen aufgenommen wurden, müssen aber nur dann aufgelöst werden, wenn dies wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Grundsätzlich sei vor dem Eingehen von Risiken künftig eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen.

Weiterhin zulässig soll die Aufnahme von Fremdwährungskrediten sein, sofern gleichzeitig das Wechselkursrisiko abgesichert wird, heißt es im Entwurf des Finanzministeriums. Auch die Veranlagung von Kassenmitteln bei Kontrahenten mit hoher Bonität sowie das Eingehen von Zinskostenrisiken sollen erlaubt bleiben.

Der Gesetzesentwurf sieht neben dem Grundsatz der risikoaversen Finanzgebarung auch Grundsätze betreffend die strategische Planung beim Schulden- und Liquiditätsmanagement sowie die Einrichtung einer Aufbau- und Ablauforganisation nach dem Vier-Augen-Prinzip vor. Zudem wird ein Transparenzgrundsatz eingeführt, wonach Transaktionen gegenüber den zuständigen Organen offengelegt werden müssen.

ÖBFA als Finanzdienstleister auch für Länder und Sozialversicherungen

Mit dem vorliegenden Entwurf eines Sammelgesetzes wird nicht nur das Spekulationsverbot in das Bundeshaushaltsgesetz 2013 integriert, auch das Bundesfinanzierungsgesetz soll novelliert werden. Länder, Rechtsträger des Bundes und nun auch Sozialversicherungen können Services der ÖBFA nutzen. Gesetzlich festgehalten wird, dass Mittel der ÖBFA nur mehr in jenen Fällen den Ländern und anderen Rechtsträgern zur Verfügung gestellt werden dürfen, wenn die gleichen strengen Auflagen – insbesondere der Grundsatz der risikoaversen Finanzgebarung - erfüllt werden, die auch für Bundesmittel angewandt werden.

Gegen Kostenersatz bietet die ÖBFA künftig neben Kreditoperationen, Währungstauschverträgen und Veranlagungen von Kassenmitteln auch Cash-Pooling zur Unterstützung der Liquiditätssteuerung an. Weiters können Risikomanagementleistungen einschließlich Monitoring und Berichtswesen durchgeführt werden. In Kooperation mit dem Finanzministerium kann die ÖBFA Sicherheiten verlangen. Zwang zur Finanzierung durch die ÖBFA besteht allerdings nicht. Im Vorblatt zum Gesetzentwurf geht das Finanzministerium von einer nur geringen Inanspruchnahme der ÖBFA durch die Sozialversicherungsträger aus.

Laut Wirkungsorientierter Folgenabschätzung besteht derzeit ein vermeidbarer Zinsaufwand in erheblicher Höhe. Begründet wird dies damit, dass die Finanzierungsbedingungen des Bundes besser sind als jene der Länder. Aufgrund schlechterer Bonität haben diese eine höhere Zinslast zu tragen. Es wird davon ausgegangen, dass die Finanzierung für Geschäfte um durchschnittlich 0,5% p.a. günstiger wird als bei Direktfinanzierung durch die Länder. Damit soll die Gesetzesnovelle den Ländern im Jahr 2017 Einsparungen durch Minderausgaben für Zinsen in Höhe von 8,46 Mio. € bringen. Es wird davon ausgegangen, dass die Minderausgaben im Folgejahr bereits 16.9 Mio. € betragen. 2021 sollen sich die Einsparungen auf 42.300 Mio. € belaufen. Diesen stehen vergleichsweise geringe Mehraufwendungen für Entgelte für die Tätigkeit der ÖBFA entgegen (2017: 309.000 €, 2018: 354.000 €, 2021: 494.000 €). Finanzielle Auswirkungen auf den Bund werden nicht erwartet.

Maximale Kreditlaufzeit auf 100 Jahre ausgedehnt

Änderungen gibt es auch bei der maximalen Laufzeit für Kreditoperationen. Die maximale Kreditlaufzeit wird von 70 auf 100 Jahre ausgedehnt. Laut Regierungsentwurf sind langfristige Finanzierungen für den Bund wirtschaftlich und zweckmäßig; mit der Änderung wird der verstärkten Nachfrage von Versicherungen und Pensionskassen bezüglich langfristiger Veranlagungen nachgekommen. Der Maximalbetrag für die Prolongierung von Krediten wird an die Finanzschulden des Vorjahres geknüpft. Die maximale Summe darf 10% der Vorjahresschulden nicht überschreiten.

Zudem hat der Vorstand der ÖBFA künftig bis Ende Oktober eine Schuldenmanagementstrategie für die kommenden vier Jahre vorzulegen. Diese soll die grundsätzlichen Parameter des aktuellen Schuldenprofils enthalten und dem Finanzminister als Entscheidungsgrundlage für die geschäftspolitische Ausrichtung dienen.

Der Budgetausschuss nimmt das Spekulationsverbot voraussichtlich in seiner nächsten Sitzung am 10. Mai 2017 in Verhandlung. Im Ausschuss besteht die Möglichkeit zu inhaltlichen Änderungen, bevor das Gesetz im Nationalratsplenum behandelt wird. (Schluss) gro

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/fachinfos/budgetdienst. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums www.bmf.gv.at.