Parlamentskorrespondenz Nr. 269 vom 15.03.2017

Energieunion: Bundesrat gegen Kompetenzerweiterung für EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden

EU-Ausschuss beschließt einstimmig Mitteilung an Brüssel

Wien (PK) – Kritik übten heute die Mitglieder des EU-Ausschusses des Bundesrats an Verordnungsvorschlägen der EU-Kommission zur Umsetzung der Energieunion. Die Gesetzentwürfe betreffen einerseits das Governance-System der Energieunion, die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und die Agentur der EU für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (Agency for the Cooperation of Energy Regulators – ACER), um deren Aufgaben an die Realität des heutigen Strommarktes anzupassen.

Kritik an der Agentur der EU für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden

Auf wenig Gegenliebe stößt vor allem ACER, die BundesrätInnen stehen einer weiteren Kompetenzausweitung für diese Agentur äußerst skeptisch gegenüber. Ihre Bedenken formulierten die LändervertreterInnen in Form einer Mitteilung an Brüssel, eingebracht von Edgar Mayer (V/V) und Stefan Schennach (S/W), die einstimmig angenommen wurde. Man lehne ein koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene keineswegs ab, heißt es in der Mitteilung, die Struktur von ACER wie auch die Entscheidungsabläufe innerhalb von ACER seien aber nicht ausreichend transparent geregelt, wie etwa im Zuge der Diskussion rund um die gemeinsame deutsch-österreichische Preiszone deutlich geworden sei. Vor allem die Tatsache, dass ACER mehr Kompetenz erhalten soll, sehen die Ausschussmitglieder sehr kritisch. Für nötig halten sie eine Verbesserung des organisatorischen Rahmens und des Verfahrensrechts, um Rechtssicherheit und Transparenz zu gewährleisten. Auch erachten sie die nationalen Kontrollmöglichkeiten gegenüber ACER als nicht ausreichend und stellen zudem die Legitimation von ACER in Frage.

Kritische Anmerkungen macht der Bundesrat auch zu den Vorschlägen im Zusammenhang mit einer besseren Risikovorsorge, die dessen Mitglieder jedoch grundsätzlich positiv sehen. Die LändervertreterInnen weisen jedoch darauf hin, dass die Grund- und Freiheitsrechte beachtet werden müssen. So sollen Folgeschäden, die aufgrund von mangelnder Versorgung in einem der Mitgliedstaaten entstehen, nicht auf andere Mitgliedstaaten umgerechnet werden. Jeder Mitgliedstaat müsse gleichwertig Vorsorgemaßnahmen über seine Netzbetreiber treffen. Alle in der Verordnung beschriebenen Maßnahmen müssen mit einem möglichst geringen bürokratischen Aufwand vorgenommen werden, so der Bundesrat.

Der Kompetenzzuwachs von ACER bereitet auch den Ländern Sorge, weshalb diese sehr ausführlich in einer einheitlichen Stellungnahme auf das Gesetzespaket eingegangen sind, betonten sowohl Stefan Schennach (S/W) als auch Edgar Mayer (V/V). Schennach stellte die Frage in den Raum, ob mit dem Verordnungsvorschlag nicht doch der Grundsatz der Subsidiarität verletzt werde. Stromentscheidungen seien eine sensible Materie, sagte er, und wenn der Regulierungsrat mit einfacher Mehrheit Beschlüsse fassen kann, dann könnte es zu einer Entwicklung kommen, die man nicht will. Es sei zu befürchten, dass sich ACER zu einer völlig losgelösten Behörde entwickelt, die die Politik der Mitgliedstaaten aus einer ihrer Kernaufgaben mehr und mehr ausschließt.

Auch von der Landwirtschaftskammer kamen im Ausschuss Bedenken gegen die Vorlagen, da vor allem die Bewirtschaftung des Waldes schwerer gemacht werde. Ebenso unterstützt das Wirtschaftsministerium die Mitteilung des Bundesrats. Wie dessen Vertreter den Ausschuss informierte, seien im Energieministerrat im Februar 2017 zum gesamten Winterpaket - vier neue Richtlinien und vier Verordnungen, die Energie sparen, das Klima schützen und zugleich die Wirtschaft ankurbeln sollen - erste Positionierungen getroffen worden. Dabei habe sich gezeigt, dass man das Gesamtpaket nicht im heurigen Jahr, wie von der Kommission vorgesehen, abschließen werde können. Die Staaten legen mehr Wert auf Qualität, weshalb man mit komplexen Verhandlungen rechnen müsse. Die Vorschläge zur Energieeffizienz, Gebäudesanierung und den erneuerbaren Energien seien jedenfalls nicht ohne das Governance-System umzusetzen.

Die Zielrichtung der drei Verordnungsentwürfe zur Energieunion

Mit der Verordnung über das Governance-System für die Energieunion sollen die geltenden Planungs-, Berichtserstattungs- und Überwachungsvorschriften in den Bereichen Energie und Klima gestrafft und konsequenter aufeinander abgestimmt werden. Demgemäß werden die Mitgliedstaaten angehalten, in den integrierten nationalen Energie- und Klimaplänen ihre nationalen Ziele bzw. Beiträge sowie ihre Strategien und Maßnahmen zu erläutern. Zudem müssen sie die aktuelle Lage und Prognose mit derzeitigen Strategien und Maßnahmen beschreiben und für die von ihnen geplanten Strategien und Maßnahmen eine Folgenabschätzung durchführen.

Die vorgeschlagene Verordnung über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor enthält einheitliche Vorgaben, um durch koordiniertes Vorgehen, gemeinsame Methoden und Zusammenarbeit Krisensituationen zu verhindern und zu bewältigen. Derzeit mangle es an ausreichender Information und Transparenz, die Risiken würden unterschiedlich bewertet, unterschiedliche Maßnahmen würden zu unterschiedlichen Zeitpunkten gesetzt, Aufgaben und Zuständigkeiten würden uneinheitlich sein und es gebe keine gemeinsame Definition von Krisensituationen, begründet die EU-Kommission diesen Vorstoß.

Schließlich sollen per EU-Verordnung auch die Aufgaben und Kompetenzen von ACER, der Agentur der EU für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, ausgeweitet und gestärkt werden, vor allem auch hinsichtlich der Angemessenheit der Stromerzeugung und der Risikovorsorge. ACER soll zudem gegenüber regionalen Betriebszentren (ROCs) sowie nominierten Strommarktbetreibern (NEMOs) Stellungnahmen und Empfehlungen abgeben können.

Diese drei Verordnungsvorschläge standen bereits am 15. Februar 2017 auf der Tagesordnung des Ausschusses, wo die Fraktionen aufgrund der zahlreichen skeptischen Stimmen übereinkamen, bei der nächsten Sitzung ihre Bedenken gegenüber der EU-Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament schriftlich zum Ausdruck zu bringen (siehe auch Meldung der Parlamentskorrespondenz Nr. 130/2017). (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


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