Parlamentskorrespondenz Nr. 340 vom 28.03.2017

Geschäftsordnungsausschuss macht Weg für Eurofighter-U-Ausschuss frei

36 Stellen müssen dem Ausschuss Akten und Unterlagen liefern

Wien (PK) – Der Eurofighter-Untersuchungsausschuss hat die letzte parlamentarische Hürde genommen. Im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats wurden keine Einwände gegen das von FPÖ und Grünen vorgelegte Verlangen erhoben. Damit kann Nationalratspräsidentin Doris Bures bei der morgigen Plenarsitzung die Einsetzung des U-Ausschusses bekannt geben. Laut grundsätzlichem Beweisbeschluss müssen insgesamt 36 Stellen dem Parlament Akten liefern, neben sämtlichen Ministerien und dem Bundeskanzleramt auch die Finanzprokuratur, der Rechnungshof, die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur, die Präsidentschaftskanzlei, die neun Landesregierungen und die Wirtschaftskammer. Als Verfahrensrichter wurde Ronald Rohrer, als Verfahrensanwalt Andreas Joklik gewählt.

Alle Beschlüsse wurden ohne Debatte einstimmig gefasst. Die konstituierende Sitzung des Untersuchungsausschusses soll morgen nach Schluss der Plenarsitzung stattfinden.

Vierwöchige Frist für die Übermittlung von Akten und Unterlagen

Die Übermittlung der angeforderten Akten und Unterlagen hat grundsätzlich innerhalb von vier Wochen zu erfolgen, und zwar in elektronischer Form, versehen mit einem Inhaltsverzeichnis und wenn möglich geordnet nach den vier geplanten Untersuchungsabschnitten. Vertrauliche und geheime Akten dürfen allerdings ausschließlich in Papierform vorgelegt werden.

Dass neben sämtlichen Ministerien auch die Landesregierungen und die Wirtschaftskammer Österreich inklusive der neun Landeskammern Akten und Unterlagen liefern müssen, begründet der Ausschuss damit, dass auch die Länder und die Wirtschaftskammer in die Suche und Abwicklung bzw. in die Vermittlung und den Abschluss von Gegengeschäften involviert waren. Der Rechnungshof hat den Eurofighter-Kauf mehrfach geprüft, die Bundesfinanzierungsagentur kommt ins Spiel, weil sie in die Finanzierung des Geschäfts eingebunden war. Die Finanzprokuratur hat den Finanzminister und den Verteidigungsminister in rechtlichen Fragen beraten. Dass auch die Präsidentschaftskanzlei zu den vorlagepflichtigen Stellen zählt, wird damit argumentiert, dass der Bundespräsident als Oberbefehlshaber des Bundesheeres Stellungnahmen zum Thema Eurofighter-Kauf abgegeben hat.

Ausdrücklich festgehalten wird, dass unter dem Begriff "Akten und Unterlagen" nicht nur Akten im formellen Sinn zu verstehen sind, sondern auch andere einschlägige Dokumente, Berichte und Korrespondenzen aller Art inklusive E-Mails. Ebenso gehören sonstige vorhandene Aufzeichnungen, Einsichtsbemerkungen, Tagebücher, Terminkalender, Weisungen, Erlässe, Aktenvermerke, Sprechzettel, Entscheidungen, schriftliche Bitten, Sitzungsprotokolle usw. dazu.

Einstimmige Wahl des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts

Konsens gab es auch bei der Wahl des Verfahrensrichters und des Verfahrensanwalts. Der frühere Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs Ronald Rohrer wird Nationalratspräsidentin Bures bzw. ihre Stellvertreter als Verfahrensrichter bei der Vorsitzführung unterstützen und unter anderem die Erstbefragung von Auskunftspersonen durchführen. Zu seinem Stellvertreter haben die Abgeordneten den früheren Vizepräsidenten des Landesgerichts Salzburg Philipp Bauer gewählt. Aufgabe von Verfahrensanwalt Andreas Joklik ist es, über die Einhaltung der Grund- und Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen zu wachen. Der Rechtsanwalt wird dabei im Bedarfsfall von seinem Berufskollegen Michael Kasper vertreten.

Untersuchungsausschuss hat 18 Mitglieder und 18 Ersatzmitglieder

Zusammensetzen wird sich der Eurofighter-Untersuchungsausschuss aus 18 Abgeordneten. SPÖ und ÖVP sind mit jeweils fünf MandatarInnen, die FPÖ mit vier und die Grünen mit zwei vertreten. Jeweils einen Abgeordneten stellen die NEOS und das Team Stronach. Daneben wird es, mit dem gleichen Verteilungsschlüssel, 18 Ersatzmitglieder geben. Den Vorsitz im Untersuchungsausschuss führt gemäß Verfahrensordnung Nationalratspräsidentin Doris Bures, sie kann sich auch von ihren beiden Amtskollegen Karlheinz Kopf und Norbert Hofer vertreten lassen.

Untersuchungsgegenstand des Ausschusses ist laut Verlangen von FPÖ und Grünen "die Vollziehung des Bundes betreffend das Kampfflugzeugsystem 'Eurofighter Typhoon' von Anfang 2000 bis Ende 2016". Insgesamt sind vier Untersuchungsabschnitte – Vergleichsabschluss 2007 und Task Force, Unzulässige Zahlungsflüsse, Informationslage bei Vertragsabschluss sowie Erfüllung von Vorlage- und Informationspflichten beim ersten Eurofighter-U-Ausschuss 2006/07 – geplant (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 257/2017).

23. Untersuchungsausschuss in der Zweiten Republik

Der Eurofighter-Ausschuss ist der 23. Untersuchungsausschuss in der Zweiten Republik und – nach dem Hypo-Untersuchungsausschuss – der zweite, der nach den neuen U-Ausschuss-Regeln eingesetzt wird. Seit der Reform Anfang 2015 hat auch eine parlamentarische Minderheit, konkret ein Viertel der Abgeordneten, die Möglichkeit, einen U-Ausschuss zu erzwingen. Nach allgemeinem Tenor hat sich die Reform im Wesentlichen bewährt, einige anfängliche Stolpersteine konnten rasch beseitigt werden. So hat der Verfassungsgerichtshof etwa der Vorlage geschwärzter Akten einen Riegel vorgeschoben. An der Praxis, zum Beispiel was das Befragungsprocedere betrifft, wollten die Fraktionen zuletzt noch ein wenig feilen. Die Dauer des Untersuchungsausschusses ist laut Verfahrensordnung grundsätzlich auf 14 Monate beschränkt, im Bedarfsfall kann er allerdings auf bis zu 20 Monate verlängert werden. (Schluss) gs