Parlamentskorrespondenz Nr. 351 vom 29.03.2017

Nationalrat: Opposition fordert strengere Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln

Keine Mehrheit für Anträge von FPÖ und Team Stronach, breite Zustimmung für Bürgerinitiative Faire Lebensmittel

Wien (PK) – Kein Gehör fand die Opposition heute im Nationalrat mit ihrem Ruf nach strengeren Bestimmungen für die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln. Während die FPÖ in ihrem Vorstoß vor allem die Provenienz von Zutaten bei Produkten mit dem AMA-Gütesiegel im Visier hat, qualifizierte das Team Stronach die derzeitigen Herkunftsbezeichnungen als Konsumententäuschung und verlangte in einer Initiative die Abschaffung der Auslobung "geschützte geografische Angabe". Auf breite Zustimmung stieß hingegen eine Bürgerinitiative mit dem Titel "Faire Lebensmittel", die sich für klarere Herkunftsbezeichnungen einsetzt.

Team Stronach-Kritik an geschützten geografischen Angaben

Die Herkunftsbezeichnung "geschützte geografische Angabe" (g.g.A.) laufe in der Praxis auf eine Irreführung der KonsumentInnen hinaus, lautet die grundsätzliche Kritik der Initiative von Leopold Steinbichler (T). Das Gütezeichen lege nur fest, dass das Produkt in einem bestimmten Gebiet nach einem bestimmten Verfahren bearbeitet, bzw. verarbeitet wurde, enthalte aber keinerlei Definition der Rohstoffe und deren Herkunft, gab der Team Sronach-Agrarsprecher zu bedenken. KonsumentInnen, die etwa Tiroler Speck kaufen, würden aber aus dieser Herkunftsbezeichnung schließen, dass das Fleisch tatsächlich aus Tirol stammt. Dies sei aber durch das Gütezeichen nicht sichergestellt und müsse daher auch nicht zutreffen. Steinbichler forderte deshalb eine Abschaffung des Gütesiegels g.g.A., "um der Konsumententäuschung entgegenzuwirken".  

Exotische Zutaten in heimischen Lebensmitteln: FPÖ will Toleranzgrenze senken

Die Freiheitlichen wiederum setzten mit ihrem Antrag bei jener Bestimmung an, der zufolge Lebensmittel, die mit dem AMA-Gütesiegel ausgezeichnet sind, bis zu 33% an Zutaten ausländischer Herkunft enthalten dürfen. Ein Toleranzbereich sei durchaus legitim, zumal ja gewisse Rohstoffe - etwa Gewürze oder tropische Früchte – nicht in Österreich wachsen, räumte Harald Jannach (F) ein, kritisierte allerdings die zulässige Höchstgrenze von einem Drittel als zu hoch. Ein Lebensmittel, das mit dem AMA-Gütesiegel beworben wird und damit den Anschein erweckt, ein österreichisches Produkt zu sein, sollte auch ein Maximum an heimischen Zutaten enthalten, argumentierte er. Seiner Meinung nach sollte deshalb die Toleranzgrenze für exotische Gewürze und Früchte auf höchsten 5% bzw. 10% abgesenkt werden.   

Auch Bürgerinitiative fordert klare Herkunftskennzeichnung von lokalen Lebensmitteln

Die Forderung nach einer klareren Kennzeichnung der Herkunft lokaler Lebensmittel vertritt auch eine Bürgerinitiative, über die die Abgeordneten breiten Konsens erzielten. Die UnterzeichnerInnen wollen durch ihre Anliegen vor allem die Regionalität der Produkte fördern und führen dabei auch Argumente wie die hohe Qualität der heimischen Lebensmittel, den Erhalt der landwirtschaftlichen Betriebe sowie den Klima- und Umweltschutz ins Treffen.

Regierungsparteien stehen zum Gütesiegel

Das AMA-Gütesiegel garantiere die hohe Qualität der österreichischen Lebensmittel und genieße das Vertrauen der KonsumentInnen, betonte ÖVP-Abgeordneter Manfred Hofinger. Das Gütesiegel stehe für transparente und nachvollziehbare Herkunft der Produkte, bestätigte auch Norbert Sieber (V), der in diesem Zusammenhang zu bedenken gab, eine verpflichtende Vorgabe von 90% Rohstoffherkunft, wie dies die FPÖ fordere, würde viele Produkte – etwa Ananasjoghurt – vom AMA-Programm ausschließen. Auch Johannes Schmuckenschlager (V) empfahl der Landwirtschaft und den heimischen KonsumentInnen, auf das AMA-Gütesiegel zu setzen und so den Weg der hohen Qualität in Österreich weiterzugehen. Irritiert zeigte er sich über eine Forderung der SPÖ mit dem Titel "Weniger Geld für Kühe – mehr Geld für die Infrastruktur". Mehr Geld für Kühe bedeute vielmehr auch mehr Geld für die Infrastruktur, stellte Schmuckenschlager klar und erinnerte dabei an Tierärzte, Schlachthöfe und an den Tourismus.

Die verschiedenen Gütesiegel sichern Qualität und Regionalität, pflichtete Markus Vogl (S) den Sprechern der ÖVP bei und nannte als Beispiel die österreichische Heumilch. Cornelia Ecker (S) bezeichnete die Landwirtschaft als Anker für die Arbeitsplätze vor Ort. Sie rief nun vor allem dazu auf, auch die Direktvermarkter, insbesondere die kleinen Höfe, zu unterstützen und mahnte bei Andrä Rupprechter einen langfristigen Plan ein, um die Landwirtschaft auf neue Beine zu stellen.

Opposition kritisiert Wildwuchs an Gütesiegeln

Die Opposition hingegen blieb in der Debatte bei ihrer Forderung nach klareren Herkunftsbezeichnungen und sparte dabei nicht mit Kritik an den Gütesiegeln. Wie wichtig die geografischen Angaben sind, zeige die Weinwirtschaft, wo die Ursprungsbezeichnungen wesentlich zum Erfolg der österreichischen Qualitätsproduktion beigetragen habe, erinnerte FPÖ-Mandatar Wolfgang Klinger. Das g.g.A.-Zeichen sei nichts anderes als gesetzlich gedeckte Konsumententäuschung, kritisierte FPÖ-Agrarsprecher Harald Jannach mit Blick auf den Tiroler Speck, der zwar in Tirol verarbeitet werde, dessen Fleisch aber aus dem Ausland komme. Bei der Vielzahl an Gütesiegeln kenne sich niemand mehr aus, wandte sein Fraktionskollege Gerald Hauser ein. Wir brauchen weniger Marken, diese sollten allerdings für die KonsumentInnen Klarheit schaffen nach dem Motto "Wo Österreich draufsteht, muss Österreich drin sei", unterstrich er. Edith Mühlberghuber (F) plädierte in diesem Zusammenhang für eine verpflichtende Herkunftsbezeichnung auf Speisekarten, die auch die wichtigsten Zutaten der Produkte umfassen sollte.

Unzufrieden mit dem AMA-Gütesiegel zeigte sich auch Wolfgang Pirklhuber (G). So gebe es immer noch AMA-Programme, bei denen gentechnisch verändertes Soja erlaubt ist. Leopold Steinbichler (T) stimmte mit seiner Forderung, den "Pickerlwald" im Interesse der KonsumentInnen zu schlägern, in den Chor der Kritik an der derzeitigen Gestaltung der Gütesiegel ein und erinnerte überdies, dass es sogar AMA-taugliches Palmöl gibt. Sein Entschließungsantrag auf Umsetzung der von der Bürgerinitiative verlangten klaren Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln fand hingegen keine Mehrheit. NEOS-Landwirtschaftssprecher Josef Schellhorn wiederum sieht im geografischen Ursprung eine große Chance für den heimischen Tourismus und die Landwirtschaft und unterstrich in diesem Sinn den Wert von regionalen Herkunftsbezeichnungen auf den Speisekarten. Außer Streit steht die Notwendigkeit einer exakten Herkunftskennzeichnung auch für den fraktionslosen Abgeordneten Rupert Doppler, der allgemein kritisch zu Importen von Lebensmitteln Stellung bezog.

Rupprechter gegen Schlechtreden des AMA-Gütesiegels

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter erwiderte auf die Kritik der Opposition, das AMA-Gütesiegel sei das beste Qualitätssiegel, das es in Österreich gibt. Es gehe nicht an, dieses Gütesiegel, auf das die KonsumentInnen vertrauen, schlecht zu reden. Der Ressortchef versicherte zudem, dass bei öffentlichen Beschaffungen auf die Regionalität der Lebensmittel verstärkt Bedacht genommen werde. So gebe es bereits ein entsprechendes Programm von Verteidigungsminister Doskozil für den Lebensmitteleinkauf des Bundesheers. (Fortsetzung Nationalrat) hof