Parlamentskorrespondenz Nr. 418 vom 06.04.2017

Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping: Novelle bringt Erleichterungen für Transportbranche

Sozialausschuss begrüßt bürokratische Vereinfachungen für grenzüberschreitend tätige Unternehmen

Wien (PK) – Um Lohn- und Sozialdumping durch ausländische Unternehmen in Österreich zu unterbinden, hat die Politik in den vergangenen Jahren strenge gesetzliche Regelungen beschlossen. Nun werden die Schrauben für die Transportbranche allerdings wieder etwas gelockert. Eine entsprechende Novelle zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz wurde heute vom Sozialausschuss des Nationalrats beschlossen. Insbesondere geht es um Erleichterungen bei der Meldung von Entsendungen und die Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen. Nachweise können nun auch in elektronischer Form mitgeführt werden. Die neuen Regeln sollen sowohl für die Personenbeförderung, also etwa für Touristenbusse und Schiffe, als auch für die Güterbeförderung gelten.

Mehrheitlich angenommen wurde vom Ausschuss ein Abkommen mit Albanien, das Lücken im Versicherungsschutz schließt. Freiheitliche und Team Stronach stimmten hier nicht zu. Zwei Anträge der NEOS zur Arbeiterkammer wurden mehrheitlich abgelehnt, ebenso erging es der Forderung des Team Stronach, ausländischen PensionistInnen in Österreich keine Ausgleichszulage zu gewähren. Mit Mehrheit vertagt wurde ein Antrag des Team Stronach auf Vereinheitlichung der Leistungen für Rehabilitation bzw. der individuellen Unterstützung behinderter Personen.

Vereinfachungen im Lohn-und Sozialdumpinggesetz zugunsten des Transportgewerbes

Begründet wird die mit Mehrheit von SPÖ, ÖVP, NEOS und Team Stronach beschlossene Novelle (1589 d.B.) mit den besonderen Gegebenheiten des Transportsektors. Das Sozialministerium rechnet damit, dass sich die Unternehmen damit knapp 3 Mio. € pro Jahr an Verwaltungskosten ersparen werden. Wenig Verständnis für die gelockerten Bestimmungen zeigen allerdings FPÖ und Grüne. FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm sieht die Gefahr, dass dadurch Betrug Tür und Tor geöffnet wird. Birgit Schatz (G) meint hingegen, dass für sie nicht nachvollziehbar sei, warum gerade das Transportgewerbe bevorzugt behandelt werde, indem man sinnvolle Regeln aufweiche.

Gemäß den neuen Bestimmungen müssen Transportunternehmen geplante grenzüberschreitende Entsendungen nach Österreich künftig nur noch pauschal für jeweils sechs Monate melden. Dabei sind u.a. die voraussichtlich in diesem Zeitraum in Österreich eingesetzten ArbeitnehmerInnen sowie die behördlichen Kennzeichen der dabei eingesetzten Kraftfahrzeuge anzugeben. Die Angabe des jeweiligen Beschäftigungsorts und des Auftraggebers entfallen, da diese, etwa wegen kurzfristiger Auftragsannahmen, meist schwer vorherzusehen sind, wie in den Erläuterungen festgehalten wird. Werden andere ArbeitnehmerInnen oder Kraftfahrzeuge als ursprünglich beabsichtigt eingesetzt, sind diese nachzumelden.

Auch in Bezug auf die Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen wird es Sonderregelungen für die Transportbranche geben. Demnach müssen künftig nur noch der Arbeitsvertrag (Dienstzettel) und die Arbeitsaufzeichnungen im Fahrzeug mitgeführt werden bzw. unmittelbar elektronisch zugänglich sein, etwa über Laptop oder Tablet. Die zuständige Finanzbehörde kann aber die Übermittlung weiterer Unterlagen wie Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise verlangen, wobei der Kontrollzeitraum auch den Vormonat mit einschließt.

Neben SPÖ Abgeordnetem Johann Hechtl und den Abgeordneten der ÖVP Gabriel Obernosterer und Werner Groiß begrüßte auch Gerald Loacker von den NEOS den Entwurf. Es sei zwar nur ein kleiner Schritt zur Verwaltungsvereinfachung, er gehe aber in die richtige Richtung, sagte Loacker. Hechtl wertete es als sinnvoll, dass nicht bei jedem einzelnen Grenzübertritt eine Meldung notwendig sein wird, davon profitieren etwa viele grenznahe Betriebe. Auf Probleme für Touristenbusse durch die bisherige Gesetzeslage wies Obernosterer hin. Die von FPÖ-Abgeordnetem Wurm ins Spiel gebrachte Betrugsgefahr sieht er nicht, die Kontrolle sei weiterhin gewährleistet. Ausschussobmann Josef Muchitsch (S) fügte hinzu, es sei gelungen, eine Regelung zu schaffen, von der alle Seiten profitieren. Auch Sozialminister Alois Stöger sprach von einer Win-Win-Situation. Für Unternehmen, die sich an die Vorschriften halten, schaffe man damit einfachere Regeln. Unternehmen, die sich nicht an die Gesetze halten, können hingegen streng bestraft werden, wie es der Intention des Gesetzgebers entspreche.

Abkommen zwischen Österreich und Albanien über soziale Sicherheit

Mit Mehrheit von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS genehmigte der Sozialausschuss ein Abkommen zwischen Österreich und Albanien zur sozialen Sicherheit (1478 d.B.). Damit sollen Versicherungslücken von Personen, die sich vorübergehend im anderen Staat niedergelassen haben bzw. in beiden Ländern erwerbstätig waren, geschlossen und Doppelversicherungen vermieden werden. Im Bereich der österreichischen Pensionsversicherung geht man von 18 Neuzugängen im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Abkommens und durchschnittlich fünf Neuzugängen in den Folgejahren aus.

NEOS gegen Zwangsmitgliedschaft bei der Arbeiterkammer

Zum Ende der Sitzung befasste sich der Sozialausschuss noch mit einigen Anträgen der Opposition und lehnte etwa einen Gesetzesantrag der NEOS (1982/A) ab, der auf ein Ende der Zwangsmitgliedschaft bei der Arbeiterkammer abzielt. Mit den von den Mitgliedern zu zahlenden Beiträgen von 0,5% des Bruttogehalts würde nicht nur Vertretungsarbeit für ArbeitnehmerInnen geleistet, vielmehr würden damit ein Vermögen angehäuft, das keine sinnvolle Verwendung findet, kritisiert Gerald Loacker. Diese Mittel würden von MitarbeiterInnen der Arbeiterkammer dann beispielsweise für völlig unsinnige Preisvergleichsstudien, etwa von Faschingskrapfen, eingesetzt.

Dagmar Belakowitsch-Jenewein und Herbert Kickl von den Freiheitlichen hatten grundsätzlich Verständnis für das Anliegen. Ein Opt-out zu schaffen, wie die NEOS es vorschlagen, halten sie aber nicht für praktikabel, das System müsste auf grundsätzlich auf Freiwilligkeit umgestellt werden. Sie schlossen sich der Kritik von Loacker an, wonach die Arbeiterkammer einseitige Interessensvertretung betreibe.

Die Grünen würden zwar ein System der Interessensvertretung, das auf Freiwilligkeit beruht, unterstützen, sagte Birgit Schatz (G). Sie gab aber zu bedenken, dass hier das Gesamtsystem der Sozialpartnerschaft im Auge behalten werden müsse. Bei Abschaffung der derzeitigen Regelung müsste ein adäquater Ersatz für die Versicherungsleistungen, welche die Kammern bieten, geschaffen werden. Die SPÖ-Abgeordneten Rainer Wimmer, Markus Vogl und Josef Muchitsch sahen in dem Antrag der NEOS einen pauschalen Angriff auf die Arbeiterkammer. Die Vorwürfe, wonach die AK eine parteiische Haltung bei der Vertretung von Anliegen der ArbeitnehmerInnen einnehme, wiesen sie scharf zurück. Der Konsumentenschutz gehöre zu den zentralen Aufgaben der Kammern und sollte nicht ins Lächerliche gezogen werden, erklärte Muchitsch. – Der Antrag wurde außer von den NEOS nur vom Team Stronach unterstützt und damit abgelehnt.

Die NEOS drängen außerdem darauf, die Arbeiterkammer zur verpflichten, einen Bescheid auszustellen, wenn sie einem Arbeitnehmer keinen Rechtsschutz in einer arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheit gewähren (1827/A). Damit hätten Betroffene die Möglichkeit, ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung zu ergreifen, argumentiert Loacker. Der Vorstoß der NEOS fand aber nur die Unterstützung von Freiheitlichen und Team Stronach und wurde ebenfalls abgelehnt.

Seitens der Freiheitlichen hielten es Belakowitsch-Jenewein und Kickl für durchaus sinnvoll, einen solchen Rechtsschutz zu schaffen, die Regelung würde auch mehr Transparenz über die Entscheidungen der Arbeiterkammer schaffen, wer Rechtsschutz erhalte und wer nicht.

SPÖ-Abgeordneter Wimmer stellte fest, dass der Großteil der Ansuchen auf Rechtsschutz gewährt werde, nur etwa 3 Prozent würden abgelehnt. Der Vorschlag Loackers sei nicht praktikabel und überbürokratisch. Bei einer Ablehnung der Vertretung stehe auch jetzt schon den Betroffenen der Rechtsweg offen. Auch Schatz (G) meinte, die Vorstellung der NEOS sei nicht schlüssig. Eine Verpflichtung zur Ausstellung von Bescheiden wäre eher kontraproduktiv, da sie Verwaltungsaufwand erzeuge und die Möglichkeit der Arbeiterkammer, rasch zu agieren, einschränken würde.

Sozialminister Stöger hielt fest, die geltende Regelung sei vom Gesetzgeber mit Bedacht gewählt worden. Sie entspreche den Prinzipien des Rechtsstaates, da eine Entscheidung über das Bestehen eines Anspruches auf Rechtsschutz nur von Gerichten gefällt werden könne. Dieser Weg stehe schon jetzt allen offen, wobei im Großteil der Fälle die Gerichte die Entscheidung der Arbeiterkammer bestätigen. Werde jedoch zugunsten der KlägerInnen entschieden, so können diese die ihnen entstanden Kosten auch zurückfordern.

Team Stronach will ausländischen PensionistInnen Ausgleichszulage streichen

Um das Thema Pensionen ging es in einem Antrag des Team Stronach (1997/A(E)). Abgeordnete Waltraud Dietrich spricht sich dafür aus, in Österreich lebenden ausländischen PensionistInnen die Ausgleichszulage zu streichen. Sie will grundsätzlich verhindern, dass sich Menschen aus ärmeren EU-Ländern in Österreich niederlassen. Immer wieder komme es nämlich vor, dass faktisch mittellose Personen sich einen Aufenthaltstitel erschleichen, indem sie über Umwege ausreichende Existenzmittel nachweisen, um in weiter Folge dann Sozialleistungen, etwa in Form der Ausgleichszulage, zu beanspruchen. Michael Hammer (V) konstatierte, die Möglichkeiten, die das EU-Recht gegen Missbrauch von Sozialgesetzen biete, würden zur Gänze ausgeschöpft, darüber hinaus gebe es keine Handhabe. Der Antrag erhielt nur die Zustimmung von Freiheitlichen und Team Stronach und blieb damit in der Minderheit.

Schließlich vertagte der Sozialausschuss mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP einen weiteren Antrag des Team Stronach (2035/A(E)) zum Bereich Rehabilitation und individuelle Unterstützung für behinderte Personen. Abgeordnete Dietrich sieht nicht ein, dass Leistungen und Förderungen vom Versicherungsträger bzw. vom Wohnsitz abhängig sind. Außerdem mahnt sie eine vereinfachte Abwicklung von Förderansuchen ein. ÖVP-Abgeordneter Hammer wies auf laufende Gespräche über die Vereinheitlichung von Leistungen hin und sah daher eine Vertagung des Antrags als gerechtfertigt. (Fortsetzung Sozialausschuss) sox