Parlamentskorrespondenz Nr. 439 vom 11.04.2017

Neu im Verfassungsausschuss

Anträge zum Parteiengesetz, zur RTR, zum ORF, zur Bestellung von SchuldirektorInnen und zum Rettungsverbundsystem

Wien (PK) – Von Sanktionen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz über die Rechte übergangener BewerberInnen bei der Bestellung von Schuldirektoren und den Erhalt des Rettungsverbundsystems bis hin zum Umbau des ORF in ein öffentlich-rechtliches Medienhaus reicht die Themenpalette der Oppositionsanträge, die zuletzt dem Verfassungsausschuss zugewiesen wurden.

NEOS beantragen Änderung des Parteiengesetzes

So haben die NEOS etwa eine Änderung des Parteiengesetzes beantragt (2065/A). Geht es nach Nikolaus Scherak, soll künftig eine Geldbuße von bis zu 100.000 € verhängt werden können, wenn eine politische Partei entgegen den geltenden gesetzlichen Vorgaben dem Rechnungshof keinen Rechenschaftsbericht übermittelt. Für ihn ist es nicht einsichtig, dass einer Partei zwar im Falle falscher Angaben über ihre Finanzen Sanktionen drohen, nicht aber, wenn sie gar keine Bilanz vorlegt.

Alm verabschiedet sich mit Anträgen zur RTR und zum ORF aus der Politik

Vor seinem Rückzug aus der Politik hat auch NEOS-Abgeordneter Nikolaus Alm noch zwei Anträge vorgelegt. Zum einen urgiert er die Aufnahme einer neuen Unvereinbarkeitsklausel in das Komm-Austria-Gesetz, was die Bestellung des Geschäftsführers der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) für den Fachbereich Medien betrifft (2066/A). Demnach sollen Personen, die in einem Dienst-, Auftrags- oder Gesellschaftsverhältnis zum ORF oder einer Tochtergesellschaft des ORF, zu einem anderen Rundfunkveranstalter oder zu sonstigen Medienunternehmen stehen oder im letzten Jahr gestanden sind, nicht in diese Funktion bestellt werden können. Gleiches soll  für PolitikerInnen, Parteiangestellte, Kabinettsmitglieder und bestimmte Interessenvertreter gelten.

Alm begründet seine Forderung damit, dass die RTR-GmbH neben einer fachlichen Expertise auch eine ausreichende Äquidistanz zu den von ihr kontrollierten Medienunternehmen braucht. Nur durch diese Unabhängigkeit könne die RTR ihrer Tätigkeit nach bestem Wissen und Gewissen nachkommen. Die RTR unterstützt als Geschäftsstelle die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria), die Telekom-Control-Kommission (TKK) und die Post-Control-Kommission (PCK) und nimmt darüber hinaus auch eigenständige Aufgaben wahr.

Der zweite von Alm eingebrachte Antrag hat den Umbau des ORF in ein öffentlich-rechtliches Medienhaus zum Ziel (2103/A(E)). Der ORF solle sich auf sein Kerngeschäft, die Produktion von "Public Value", zurückziehen und neue Wege bei der Verbreitung der Inhalte gehen, fordert er. Das würde eine Verkleinerung aller Bereiche des ORF außer der Informationsredaktion bewirken und Zukäufe von reinem Unterhaltungsprogramm hinfällig machen. Zudem braucht es seiner Meinung nach eine Trennung von Programm und Verbreitung, wobei sich Alm vorstellen kann, die vom ORF produzierten Sendungen auf unterschiedlichsten Kanälen bis hin zu privaten Sendern auszustrahlen.

Der bisherige Mediensprecher der NEOS hält den Umbau für notwendig, um dem ORF das Überleben zu sichern. Mit der derzeitigen Struktur und Finanzierung werde der ORF dem Medienwandel nicht mehr Stirn bieten können, ist er überzeugt. Alm fürchtet vor allem unkontrollierbare Kosten, wenn der ORF weiter auf Inhalte abseits des öffentlich-rechtlichen Auftrags setzt und "den Weg der Eigenfragmentierung" durch immer neue Ausspielkanäle fortführt. In diesem Sinn regt er auch eine radikale Umstellung der Finanzierung des ORF an, wobei er eine Basisabgeltung von 400 Mio. € jährlich vorschlägt.

Auch insgesamt fordert Alm eine Umstellung der Medien- und Presseförderung: Künftig soll die öffentliche Hand nicht mehr Infrastruktur und Verbreitung unterstützen, sondern inhaltlichen Output mit gesellschaftlichem Mehrwert, und zwar unabhängig von der Art des Mediums.

Direktorenbestellung: Grüne fordern Parteistellung für übergangene BewerberInnen

Grün-Abgeordneter Harald Walser ortet eine Rechtsschutzlücke bei der Bestellung von SchuldirektorInnen für Bundesschulen und spricht sich in diesem Sinn für eine Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes aus (2083/A). Um übergangenen BewerberInnen die Möglichkeit zu geben, Beschwerde gegen eine Stellenbesetzung zu erheben, sollen sie ausdrücklich Parteistellung im Ernennungsverfahren erhalten. Das soll auch für leitende BeamtInnen der Schulverwaltung gelten. Derzeit hätten Beschwerden nur dann eine Chance, wenn sich der Verfassungsgerichtshof ihrer annimmt, gibt Walser zu bedenken. Eine Gesetzesänderung würde seiner Meinung nach auch Vorteile für den Bund bringen, weil damit hohe Schadenersatzzahlungen infolge von Amtshaftungsklagen verhindert werden könnten.

Grüne sehen Rettungsverbundsystem durch neues Vergaberecht in Gefahr

Ein weiteres Anliegen ist den Grünen der Erhalt des bewährten österreichischen Rettungsverbundsystems. Gabriela Moser fordert in diesem Sinn eine gesetzliche Klarstellung, dass auch Sanitätseinsätze und medizinisch notwendige Krankentransporte mit Sanitätsbegleitung als Teil der Rettungsdienste vom Geltungsbereich des Bundesvergabegesetzes ausgenommen sind (2088/A(E)). Das Rote Kreuz, der Arbeitersamariterbund und andere in diesem Bereich tätige gemeinnützige Träger würden einen wertvollen Dienst an der österreichischen Gesellschaft leisten und eine Versorgung bis in die entlegensten Täler Österreichs sicherstellen, argumentiert sie. Laut Moser wäre die geforderte Klarstellung auch EU-konform. (Schluss) gs