Parlamentskorrespondenz Nr. 555 vom 10.05.2017

Familienausschuss: Kein Änderungsbedarf bei Wochengeld und einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld

Karmasin: Familienministerium hat rechtzeitig über geplante Neuerungen informiert

Wien (PK) – Die letzten Änderungen bei Wochen- und Kinderbetreuungsgeld werden von den Grünen und der FPÖ kritisiert. Viele Frauen hätten aufgrund fehlender Information nun schwerwiegende Nachteile in Kauf zu nehmen. Die Grünen konnten sich mit ihren Forderungen nach Änderungen im Familienausschuss heute jedoch nicht durchsetzen, die Anträge wurden vertagt. Genauso erging es dem Wunsch der Grünen, für Jugendliche mit Förderbedarf einen Anspruch auf Gewährung von Jugendwohlfahrtsmaßnahmen bis 21 Jahren per Gesetz festzulegen. Auch der Wunsch der FPÖ nach Ausweitung der steuerlichen Absetzbarkeit von Schul- und Nachhilfekosten und des Team Stronach nach besserer Anrechnung von Kindererziehungszeiten wurden vertagt. Abgelehnt wurde die Forderung des fraktionslosen Abgeordneten Marcus Franz nach einem bundesweiten Beratungsnetz speziell für ungewollt Schwangere.

Grüne fordern Änderungen beim Wochengeld

und Übergangsfrist beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld

Auf Nachteile beim Wochengeld für Frauen, die während des Bezugs des Kinderbetreuungsgelds wieder schwanger geworden sind, weist Judith Schwentner von den Grünen hin (1966/A(E) ). Die letzte Novelle in diesem Bereich habe nämlich dazu geführt, dass diese Frauen seit dem 1. März 2017 nur mehr 100% des bezogenen Tagsatzes des pauschalen oder des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgelds erhalten. In der Pauschalvariante bekommen Frauen folglich um bis zu 1.750 € weniger Wochengeld, in der einkommensabhängigen Variante um bis zu 2.475 €, zeigt die Mandatarin auf. Finanzielle Verluste ergeben sich auch für jene Familien, die sich erneut für das einkommensabhängige Modell entscheiden, da sich der Tagsatz am zuvor bezogenen Wochengeld orientiert. Profiteure dieser Regelung seien der FLAF sowie die Sozialversicherungsträger, die sich Millionenbeträge ersparen. Eine gesetzliche Korrektur ist daher nach Ansicht Schwenters dringend erforderlich.

Schwentner macht zudem darauf aufmerksam, dass im Rahmen der 17. KBGG-Novelle zwei Änderungen vorgenommen wurden, die besonders Familien, die das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld wählen und in knapper Abfolge ein weiteres Kind bekommen, deutliche Nachteile bringen. Die Grünen fordern daher in einem weiteren Antrag eine Übergangsfrist beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld (2077/A(E) ). Das sei notwendig, da viele Betroffene im Vorfeld nicht ausreichend oder sogar falsch über die Änderungen informiert wurden, kritisierte Schwentner. So sei der Online-Rechner erst Mitte Jänner präsentiert worden. Daher sollten alle Frauen, deren Kind einen errechneten Geburtstermin vor dem 1.1.2018 hat, die Möglichkeit haben, die bisher geltenden Bestimmungen anzuwenden, wenn dies für sie günstiger ist. FPÖ-Abgeordnete Anneliese Kitzmüller schloss sich der Sicht Schwentners an. Bedauerlicherweise nähmen die Belastungen für die Familien zu, während die Leistungen für sie immer mehr eingeschränkt würden, kritisierte sie.

ÖVP-Abgeordnete Claudia Durchschlag hingegen betonte, mit der KBGG-Novelle haben man eine Ungleichbehandlung im Bereich des Bezugs des einkommensabhängigen Kindergelds beseitigt. Mit neuen Übergangsfristen würde man nur wieder neue Fälle schaffen, in denen sich jemand durch einen Stichtag benachteiligt fühlt, argumentierte sie. Probleme hätten sich leider für einige Frauen dadurch ergeben, dass sie falsche Informationen über die Übergangsregelung erhalten haben. Solche Probleme sollte man bei künftigen Gesetzesänderungen vermeiden. Angela Lueger (S) sprach sich dagegen aus, dass das einkommensabhängige Kindergeld eine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Kindergeldbezug schafft, indem man diese Variante gegenüber den Pauschalvarianten des Kindergelds privilegiert. Das einkommensabhängige Kindergeld sei für Frauen, die rasch wieder ins Berufsleben zurückkehren wollen. Würde man einen Anspruch auf eine unmittelbare Verlängerung ohne vorhergehende Berufstätigkeit schaffen, würde das dieser Intention widersprechen. NEOS-Abgeordneter Michael Bernhard schloss sich der Forderung nach einer Übergangsfrist an. Änderungen beim Wochengeld würden hingegen auf eine Rücknahme der Novelle hinauslaufen, was sein Fraktion ablehne.

Familienministerin Sophie Karmasin wies den Vorwurf zurück, sie habe vor der Novelle missverständliche Äußerungen über das einkommensabhängige Kindergeld verbreitet. Vielmehr habe sie stets deutlich gemacht, dass es zu Änderungen kommen werde und Betroffene sich darüber rechtzeitig informieren sollten. Ihr Ressort habe alles getan, um die notwendigen Informationen weiterzugeben, und aus ihrer Sicht alles für einen optimalen Informationsfluss notwendige unternommen. Bereits am 23. Juni 2016 habe das Ministerium beispielsweise in einer Schulung die Krankenkassen über die geplanten Änderungen informiert.

Grüne für längere Gewährung von Jugendwohlfahrtsmaßnahmen

Einen dringenden Änderungsbedarf sieht Abgeordneter Julian Schmid beim Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 (B-KJHG 2013), wo es seiner Ansicht nach in der Praxis zu erheblichen Härten komme (146/A)) . Im Gesetz sei zwar festgelegt, dass jungen Erwachsenen "ambulante Hilfen und Hilfen durch Betreuung bei nahen Angehörigen, bei Pflegepersonen oder in sozialpädagogischen Einrichtungen" gewährt werden können, wenn zum Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres bereits Erziehungshilfen gewährt wurden und dies zur Erreichung der im Hilfeplan definierten Ziele unbedingt notwendig ist. Dabei handle es sich jedoch um eine Kann-Bestimmung, die überdies in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt werde, gibt Schmid zu bedenken. Für den Weg in ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben braucht es nach Einschätzung der Grünen in manchen Fällen jedoch auch die Unterstützung über das 18. Lebensjahr hinaus, wie z.B. Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit oder hinsichtlich des Abschlusses einer Berufsausbildung. Im Antrag wird daher gefordert, dass derartige Hilfen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt werden; in begründeten Einzelfällen auch darüber hinaus. Seit zwei Jahren werde eine Entscheidung unter Verweis auf eine im Gang befindliche Evaluierung des Systems der Jugendhilfe hinausgeschoben, kritisierte Schmid. Die Fakten, die für eine Änderung sprechen, lägen aber auf dem Tisch.

Angela Lueger (S) und Georg Strasser (V) hielten die Evaluierung hingegen für sinnvoll. Sie sei keinesfalls nur ein Vorwand, stellten Strasser fest, sondern befasse sich ernsthaft mit einer Vielzahl von Themen. Lueger räumte ein, dass es Problemfälle gibt, sie hält es daher für wichtig, dass die Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe einerseits und der Erwachsenenhilfe andererseits künftig besser ineinander greifen. Familienministerin Karmasin hielt fest, die gesetzliche Möglichkeit für eine Ausweitung der Jugendhilfe bis zum 21. Lebensjahr im Bedarfsfall bestehe bereits. Allerdings werde sie in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich genutzt. Grundsätzlich sei aber festzustellen, dass davon zunehmend Gebrauch gemacht werde. Die laufende Evaluierung sei keineswegs ein Vorwand oder oberflächlich. Sie behandle viele relevante Punkte, werde aber erst im kommenden Jahre abgeschlossen sein. Aufgrund der Ergebnisse werde man dann eine Entscheidung treffen.

FPÖ für Ausweitung der steuerlichen Absetzbarkeit von Schul- und Nachhilfekosten

Seit Anfang des Jahres 2009 können Kosten für die Kinderbetreuung als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigt werden, heißt es in einem Entschließungsantrag der Freiheitlichen (2136/A(E)) . Diese Möglichkeit kann jedoch nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Kinder das zehnte Lebensjahr (bei behinderten Kindern das 16. Lebensjahr) noch nicht vollendet haben und der Höchstbetrag von 2.300 € nicht überschritten wird. Abzugsfähig sind etwa auch Kosten, die während der schulfreien Zeit (Nachmittag, Ferien) anfallen, sofern die Betreuung durch eine pädagogisch qualifizierte Person oder eine institutionelle Kinderbetreuungseinrichtung erfolgt, zeigt FPÖ-Mandatar Hubert Fuchs auf. Um die Familien noch besser zu unterstützen, sollten seiner Meinung nach auch die Ausgaben für den Besuch von Privatschulen und die Kosten für Nachhilfeunterricht berücksichtigt werden können.

Norbert Sieber (V) stand dem Anliegen der Freiheitliche durchaus positiv gegenüber, wies aber darauf hin, dass das nur im Rahmen einer Steuerreform umsetzbar wäre. Er sah daher ein Vertagung als gerechtfertigt. Für Julian Schmid (G) und Ulrike Königsberger-Ludwig (S) geht hingegen eine Ausweitung der Absetzbeträge auf Kosten für Privatschulen und Nachhilfe in die falsche Richtung. Damit würden nur Besserverdienende erneut bevorzugt. Vielmehr müsste es das oberste Anliegen sein, das öffentliche Schulsystem zu verbessern und den Bedarf an Nachhilfe dadurch zu reduzieren.

Team Stronach will Förderung von Mehrkindfamilien fördern

Die Erhöhung der Geburtenrate in Österreich ist dem Team Stronach ein Anliegen. Laut Abgeordnetem Leopold Steinbichler (T) benachteiligt die derzeitige Gesetzeslage aber gerade Mütter, die bei den Kindern zu Hause bleiben und kürzer als im Abstand von vier Jahren Kinder zur Welt bringen. Die Pensionsanrechnung für Kindererziehungszeiten soll daher in einer Weise neu geregelt werden, die sicherstellt, dass diesen Müttern für jedes Kind die volle Versicherungszeit angerechnet wird (1717/A(E) ). Claudia Durchschlag (V) gab zu bedenken, dass mit einer Änderung erhebliche Mehrkosten auf den FLAF zukommen würden. Mit dem Hinweis, dass es in dieser Frage noch Abstimmungsbedarf innerhalb der Koalition gibt, sprach sie sich für eine erneute Vertagung aus.

Antrag von Abgeordnetem Franz nach Beratungsnetz für ungewollt Schwangere abgelehnt

Der fraktionslose Abgeordnete Marcus Franz spricht sich seit längerem dafür aus, dass Gesundheits-, Sozial- und Familienministerium unter Einbeziehung der Länder ein flächendeckendes Netz von Beratungsstellen zur anonymen Beratung von ungewollt Schwangeren schaffen (366/A(E)) . Er hofft, mit dieser Maßnahme sowie mit weiteren Schritten, wie etwa subventionierten "Leihomas", Babysitter-Zuschüssen und besonderen Unterstützungsmaßnahmen von arbeitslosen Jungvätern und Jungmüttern durch das AMS, die Zahl der Abtreibungen in Österreich verringern und damit die Geburtenrate steigern zu können. Eine ausreichend hohe Geburtenrate sei für eine positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gesellschaft von besonderer Bedeutung, heißt es in der Begründung des Antrags. Unterstützung kam neben dem Team Stronach nur von den Abgeordneten der FPÖ. Ablehnend verhielten sich SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS, der Antrag wurde daher mehrheitlich abgelehnt. Angela Fichtinger (V) und Angela Lueger (S) waren übereinstimmend der Meinung, das geforderte Netzwerk für Beratungen gebe es bereits in Form der 380 Familienberatungsstellen in Österreich. Dort werde gute Arbeit geleistet, waren die Abgeordneten einig. Lueger hielt es für wichtig, die Beratung von Jugendlichen über Sexualität und Verhütung zu intensivieren. (Fortsetzung Familienausschuss) sox