Parlamentskorrespondenz Nr. 560 vom 11.05.2017

Brandstetter verteidigt Überwachung der Internetkommunikation

Fragestunde im Bundesrat: Von den Identitären bis zum Privatstiftungsrecht

Wien (PK) – Einen Einblick in das umfassende Arbeitsprogramm von Justizminister Wolfgang Brandstetter erhielten heute die Bundesräte in der Fragestunde der Länderkammer. Der Ressortchef berichtete über die aktuellen Vorhaben seines Ressorts, die von der Einführung eines so genannten "Staatsfeinde-Paragraphen", der strengeren Überwachung von Internetkommunikation, der Erstellung einer Standortstudie für Justizanstalten bis hin zu einer Attraktivierung des Privatstiftungsrechts reichen.

Um dem zunehmenden Problem von identitären Bewegungen und Gruppierungen, die den Staat komplett ablehnen, besser begegnen zu können, habe sein Haus ein Strafrechtspaket geschnürt, das u.a. einen neuen Tatbestand vorsieht. Es könne nicht toleriert werden, dass Menschen in Österreich Gesetze ignorieren und die Behörden terrorisieren, sagte Brandstetter. Zur effizienteren Bekämpfung gerade von Schwerstkriminalität sei es zudem notwendig, die bestehenden Überwachungslücken im Bereich der internetbasierten Telekommunikation zu schließen, war der Minister überzeugt. In diesem Zusammenhang sei es aber völlig falsch, von einem Bundestrojaner zu sprechen; dieser sei nur ein Gespenst, das immer an die Wand gemalt werde. Außerdem wurden alle möglichen rechtsstaatlichen Kautelen – inklusive entsprechender Verwertungsverbote – in das neue Strafprozessrechtsänderungsgesetz, das seit dem 8. März vorliegt, eingebaut, versicherte er.

Konsequentes Vorgehen der Justiz gegen Identitäre und rechtsextreme Täter

Der Justizminister informierte die Länderkammer zudem darüber, wie die Regierung gegen jene neuartigen Bewegungen und Gruppierungen, die dem Staat unter Anwendung von sublimen Mitteln den Krieg erklärt haben, vorgehen will. Da die bisherigen Tatbestände nicht ausreichen, habe sein Ressort ein Gesetzespaket geschnürt, das unter Wahrung aller Grundrechte maßvolle Instrumente vorsieht, erklärte Brandstetter gegenüber Bundesrat Klaus Fürlinger (V/O).  Dies war auch dringend notwendig im Sinne der betroffenen BeamtInnen, die am Vollzug der Gesetze behindert, attackiert und bedroht oder auf obskuren Schuldnerlisten eingetragen wurden. Sein Haus werde diese Bediensteten auch in allen Belangen unterstützen. Wenn die Durchsetzung des Rechtsstaats sabotiert wird, dann müsse sich eine Demokratie wehren, stellte der Minister fest.

Konsequent vorgegangen werde auch gegen die von Bundesrätin Susanne Kurz (S/S) angesprochenen rechtsextremen Tathandlungen, die in der letzten Zeit stark angestiegen sind, konstatierte der Justizminister. Dies könne man u.a. an der Tatsache erkennen, dass gleichzeitig die Anklagen und Verfahren aufgrund des Verbotsgesetzes deutlich zugenommen haben. Allein im heurigen Jahr gab es bereits 28 rechtskräftige Verurteilungen wegen des Tatbestands der Verhetzung. Entsprechend reagiert wurde auch auf organisatorischer Ebene, erklärte Brandstetter, seit dem 1.1.2017 gibt es nämlich die Möglichkeit, spezielle staatsanwaltschaftliche Teams zum Thema Rechtsextremismus einzurichten. Erfreulich sei auch, dass fünf zusätzliche Planstellen für diesen Bereich von Seiten des Bundeskanzleramts zugesagt wurden.

Kein Bundestrojaner, aber Schließen von Überwachungslücken in der Telekommunikation

Der technische Fortschritt ist immer schneller als es die Legistik sein kann, stellte der Justizminister einleitend in Bezug auf Fragen zur geplanten Ausweitung der Überwachungsmethoden fest. Wenn man Lücken feststellt, dann müssen sie geschlossen werden. Und genau dies gelte für den Plan der Bundesregierung, nunmehr auch die internetbasierte Telekommunikation – Whatsapp, Skype, etc. – zu überwachen. Fälschlicherweise wird in diesem Zusammenhang immer von einem Bundestrojaner gesprochen, den es aber gar nicht gibt, betonte Brandstetter. Er versicherte Bundesrätin Ewa Dziedzic (G/W) gegenüber, dass es nicht um eine Online-Überwachung geht, sondern nur darum, die Endverschlüsselung der angesprochenen Dienste zu knacken. Seit dem 8. März gibt es dazu einen Entwurf seines Hauses, der dem Koalitionspartner vorliegt. Darin enthalten sind auch strenge Protokollierungsvorschriften, Verwertungsverbote sowie eine begleitende und nachträgliche Kontrolle durch den Rechtschutzbeauftragten, der zudem IT-Sachverständige heranziehen kann. Etwaige offene technische Fragen werden sicher noch geklärt werden, zeigte sich der Minister optimistisch. Mit diesem Entwurf befinde man sich jedenfalls auch im internationalen Vergleich in bester Gesellschaft.

Brandstetter sieht EU bei der Rückführung von ausländischen Straftätern gefordert

Gegenüber Bundesrat Reinhard Pisec (F/W) räumte der Justizminister ein, dass es immer wieder Probleme gibt, ausländische Straftäter in ihre Heimatländer zurückzustellen. Bei den konkret angesprochenen Ländern Algerien und Nigeria sei dies vor allem auf rechtliche Probleme zurückzuführen. In anderen Fällen gebe es faktische Gründe, da man natürlich der Europäischen Menschenrechtskonvention, die in Österreich Verfassungsrang hat, verpflichtet sei. Dabei handelt es sich um einen Themenbereich, in dem die EU gefordert ist, die sich natürlich als Institution viel leichter tut, entsprechende Regelungen zustande zu bringen, meinte Brandstetter. Dennoch versuche man auch auf bilateraler Ebene, Gespräche mit den einzelnen Staaten zu führen. Im Jahr 2016 etwa hat Österreich 27 Ersuchen auf Überstellung von Häftlingen an Drittstaaten gerichtet, nur sechs davon waren positiv beschieden. Erfolgreicher war man aber bei der Überstellung von Straftätern in andere EU-Länder, im letzten Jahr betraf dies 91 rumänische, 31 slowakische und 41 ungarische StaatsbürgerInenn. Dennoch verhehlte Brandstetter nicht, dass es noch Luft nach oben gibt und dass die aktuelle Situation auch für ihn aus staatsbürgerlicher Sicht nicht befriedigend ist.

Um generell die Situation in den österreichischen Haftanstalten zu verbessern, setze er sich intensiv dafür ein, die derzeit offenen 150 Planstellen im Bereich des Strafvollzugs bzw. bei der Justizwache so bald wie möglich zu besetzen, informierte Brandstetter Bundesrat Armin Forstner (V/S). Aufgrund des recht hohen Anforderungsprofils – nur 20% der BewerberInnen schaffen die Aufnahmetests – sei man leider etwas in Verzug. Deshalb wurde auch eine mediale Offensive gestartet, um für diesen anspruchsvollen und interessanten Beruf zu werben. Um das Risiko von Gesundheitsgefährdungen für Bedienstete zu senken, wurden u.a. die Schutzausrüstungen verbessert und auf gesetzlicher Ebene dafür vorgesorgt, dass die Strafen bei Übergriffen auf das Personal härter ausfallen. Bundesrätin Adelheid Ebner (S/N), die sich nach der Errichtung von neuen Justizanstalten erkundigte, teilte Brandstetter noch mit, dass es einen generellen Masterplan in diesem Bereich geben sollte. Daran werde unter Einbindung mit WissenschaftlerInnen gearbeitet. Für wichtig erachtet es der Minister, dass im Maßnahmenvollzug neue Akzente gesetzt werden. Eines sei jedenfalls klar für ihn – in Zukunft sollte es kein Gefängnis mehr geben mit mehr als 400 Insassen; dafür sprächen alle internationalen Studien.

Privatstiftungsrecht soll wieder attraktiver gestaltet werden

Schließlich nahm der Justizminister noch zum Privatstiftungsrecht Stellung, das von Bundesrat Magnus Brunner (V/V) thematisiert wurde. Es handle sich dabei um ein Erfolgsmodell, das im Jahr 1993 vom damaligen Finanzminister Lacina eingeführt wurde. Da sich die rechtlichen Bedingungen in diesem Bereich in den letzten Jahren verschlechtert haben, seien aber viele Vermögenswerte aus Österreich wieder abgeflossen, zeigte Brandstetter auf. Man solle zudem nicht vergessen, dass hinter den Stiftungen oft große Unternehmen stehen, die viele Arbeitsplätze sichern. Sein Ressort arbeite daher gerade an einem Entwurf, der auf eine Attraktivierung des Privatstiftungsrechts abzielt, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu beleben. Er hoffe, dass noch heuer die Umsetzung gelingt. (Fortsetzung Bundesrat) sue


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