Parlamentskorrespondenz Nr. 772 vom 21.06.2017

Gesundheitsausschuss ebnet Weg für Anpassung des Suchtmittelgesetzes

Herkunftsbezeichnungen im Lebensmittelbereich bleiben Streitthema

Wien (PK) – Nach dem Beschluss des Primärversorgungsgesetzes  standen in der heutigen Sitzung des Gesundheitsausschusses etliche Entschließungsanträge auf der Tagesordnung. Thematisch erstreckten sie sich vom Suchtmittelgesetz über die Herkunftsbezeichnung von Lebensmitteln und Quecksilbergrenzwerten in Thunfisch bis hin zu einer Neudefinition des Embryonen-Begriffs sowie verpflichtenden Reanimationsschulungen an Bildungseinrichtungen und TBC-Untersuchungen für Personal im Lebensmittelbereich.

Die von SPÖ und ÖVP beantragten Änderungen im Suchtmittelgesetz wurden einstimmig angenommen. Die anderen Initiativen wurden vertagt beziehungsweise abgelehnt, der Vorstoß zu verpflichtenden Reanimationskursen wurde dem Unterrichtsausschuss zugewiesen.

Klubs einig: Durch Suchtmittelgesetz besserer Datenaustausch zwischen ÄrztInnen, ApothekerInnen und Behörden

Der von den Regierungsparteien eingebrachte und einstimmig angenommene Antrag auf Änderung des Suchtmittelgesetzes enthält einige Vorschläge, die Teil eines Gesamtpakets sind, mit dem der rechtliche Rahmen der Opioid-Substitutionsbehandlung angepasst werden soll (2240/A). In der heutigen Lehrmeinung geht man davon aus, dass es sich bei der Abhängigkeit von Opioiden (vor allem Heroin) um eine chronische Erkrankung handelt. Maßnahmen zur Schadensminimierung oder –reduktion sind daher nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft von Nutzen. Multiple Substanzabhängigkeiten bergen besondere Risiken, der gemeinsame Antrag von SPÖ und ÖVP zielt daher auf einen besseren Informationsfluss zwischen den in der Betreuung der PatientInnen involvierten ÄrztInnen, ApothekerInnen und den Gesundheitsbehörden ab. Diese Änderungen seien notwendig, da vor allem in der Apotheke ein unkontrollierter Gebrauch suchtmittelhaltiger Arzneimittel neben dem Substitutionsmedikament augenfällig werden, heißt es in der Begründung.

Grüne für eine konsequente Kennzeichnung von Fleisch und tierischen Produkten

Die Grünen setzen sich für eine konsequentere Herkunftsbezeichnung von Fleisch und Tierprodukten ein, ein Entschließungsantrag sieht ein Gütesiegelgesetz (2039/A(E)) vor, das Herkunft, Regionalität, Tierschutz und Gentechnikfreiheit umfasst. KonsumentInnen wünschten sich regionale Produkte und bessere Kennzeichnung ermögliche eine bewusste Entscheidung, so die AntragsstellerInnen Wolfgang Pirklhuber und Christiane Brunner. Eine differenzierende Kennzeichnung komme auch jenen BäuerInnen zugute, die für gute Haltungsbedingungen der Tiere sorgen. Vor dem Hintergrund der heute erschienenen Greenpeace-Studie, derzufolge antibiotikarestistente Keime in Frischfleischprodukten nachweisbar seien, unterstrich der Grüne Landwirtschaftssprecher die Dringlichkeit seines Antrags. Die Haltungsbedingungen in der Praxis müssten verbessert werden, ein Gütesiegelgesetz sei daher notwendig. Pirklhuber stellte noch klar, dass man damit das AMA-Gütesiegel nicht aushebeln, sondern adaptieren wolle.

KonsumentInnen brauchen Transparenz, um auf deren Basis möglichst frei entscheiden zu können, erklärte Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (T). Die Möglichkeit der Rückverfolgung von Fleisch vom Stall bis zum Teller mit entsprechenden Kontrollmechanismen begrüßte die ÖVP. Martina Diesner-Wais betonte allerdings, dass die Kontrollen im Zusammenhang mit dem AMA-Gütesiegel ausreichend seien und auch die gastronomische Rückverfolgbarkeit auf freiwilliger Basis erfolgen sollte. Ihr Vertagungsantrag wurde mehrheitlich angenommen.

Uneinigkeit bei Quecksilber-Grenzwert in Thunfisch

"Prävention ist ein besseres Mittel als Reparatur", leitete Ulrike Weigerstorfer (T) ihren Entschließungsantrag zu Quecksilber-Grenzwerten in Thunfisch (1581/A(E)) ein. Weltweit durchgeführte Studien würden zeigen, dass der Quecksilbergehalt von Meeresfischen in etlichen Bereichen über der maximal tolerierten Aufnahmemenge liege. Durch Verunreinigungen der Umwelt gelange Quecksilber, das in Batterien, Thermometern oder Desinfektionsmitteln enthalten ist, in die Nahrungskette und könne zu Vergiftungen führen. Weigerstorfers Besorgung ist hoch, plane die Europäische Kommission nun sogar eine Lockerung der Grenzwerte bei Raubfischen, wodurch den VerbraucherInnen eine deutlich höhere Dosis dieses Nervengifts zugemutet werde. Es sollte daher jedenfalls auf nationaler Ebene gewährleistet werden, dass der Grenzwert für Quecksilber in Thunfischen von 1mg/kg beibehalten wird, appellierte sie heute an Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner mit Verweis auf die kürzliche Ratifizierung des Minamata-Abkommens zur Quecksilber-Reduktion.

Man solle den Vorschlag der Bundesministerin zu EU-weit einheitlichen Grenzwerten abwarten, schlug Wolfgang Pirklhuber (G) vor. Ablehnung kam von Seiten der SPÖ, da der Antrag "inhaltlich falsch ist", Fische könnten auch von selbst einen höheren Quecksilberwert aufweisen, so Markus Vogl (S). Der Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP abgelehnt.

Team Stronach pocht auf Wiedereinführung von TBC-Untersuchungen für Lebensmittelpersonal

In Österreich gab es 2015 insgesamt 12 Fälle von multiresistenter (MDR)-Tuberkulose, zeigte Ulrike Weigerstorfer (T) in einem Entschließungsantrag auf (2221/A(E)). Nachdem Asylsuchende als TBC-Risikogruppe auch für gemeinnützige Tätigkeiten eingesetzt werden, die unter anderem mit der Lebensmittelversorgung zusammenhängen (beispielsweise Hilfstätigkeiten in der Küche im Bereich der Seniorinnen- und Seniorenbetreuung und in öffentlichen Kindergärten), müssen entsprechende präventive Maßnahmen getroffen werden und ein entsprechendes Gesetz vorgelegt werden, fordert das Team Stronach. Analog zum Bazillenausscheidergesetz, das 2001 aufgehoben wurde, müsse auf die aktuelle Situation reagiert werden. 1945 wurde das Bazillenausscheidergesetz als Reaktion auf die durch hygienische Mängel verursachten Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Typhus, Ruhr und ähnliche beschlossen.

Der Antragstext sei "rassistisch begründet" und es gäbe kein erweitertes Ansteckungspotenzial, begründeten die Grünen ihre Ablehnung. Eva Mückstein erinnerte an die verstorbene Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, die sich diesem Thema bereits annahm und zum gleichen Urteil kam. Der Antrag wurde abgelehnt.

Diskussionen über Neudefinition des Begriffs "Embryo"

Für eine Neudefinition des Embryonen-Begriffs tritt der fraktionslose Abgeordnete Marcus Franz ein (1993/A(E)). Eine befruchtete Eizelle gelte derzeit erst ab ihrer Einnistung in den Uterus als Embryo. Um den Missbrauch und den lapidaren Umgang in Labors mit eingefrorenen, befruchteten Eizellen zu vermeiden, müsse entsprechend der Definition des EuGH aus 2014 gesetzlich festgelegt werden, dass der Mensch bereits ab der Verschmelzung von Spermium und Eizelle auch als solcher definiert ist, forderte er die Gesundheitsministerin auf. "Es gehe um eine Neudefinition von medizinisch nachweisbarem Substrat auf sachlicher Ebene ", argumentierte Franz, der sich eine klare Definition, was Leben ist und ab wann es beginnt, wünschte.

Der Entschließungsantrag würde die Fristenregelung antasten und das sei keine denkbare Debatte, betonte die ehemalige Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (S), die den Antrag aus frauenpolitischer Sicht als "unmöglich" klassifizierte.

Vorab sei die dem Antrag zugrunde liegende Motivation zu klären, unterstrich auch Eva Mückstein. Die Gesundheitssprecherin der Grünen hob hervor, dass diese Regelung pluralistische Kultureinstellungen einer Gesellschaft nicht widerspiegeln könne, gehe es hier doch um zutiefst ethische Haltungsfragen. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.

Forderung von jährlichen, verpflichtenden Reanimationskursen ab der 7. Schulstufe

Schließlich setzte sich Marcus Franz (o.F.) für eine verpflichtende Reanimationsausbildungen ab der 7. Schulstufe ein (2100/A(E)). Eine wesentliche Rolle sollten dabei Kenntnisse spielen, wie man im Fall von festgestellten Herz-Kreislauf-Stillständen eine Herzdruckmassage durchführt und einen für Laien geeigneten Defibrillator rasch und richtig zur Anwendung bringt, argumentiert der fraktionslose Abgeordnete.

Sein Vorstoß wurde mit der Begründung der thematischen Zugehörigkeit auf Antrag von August Wöginger (V) mehrheitlich dem Unterrichtsausschuss zugewiesen. (Schluss Gesundheitsausschuss) wat