Parlamentskorrespondenz Nr. 834 vom 29.06.2017

Ehe für gleichgeschlechtliche Paare erhält keine Mehrheit im Nationalrat

Koalitionspartner SPÖ und ÖVP uneins, Fristsetzungsantrag abgelehnt

Wien (PK) – Die Öffnung der Zivilehe für gleichgeschlechtliche Paare kommt derzeit nicht. Die SPÖ wollte gemeinsam mit den Grünen und den NEOS einen solchen gesetzlichen Schritt erzwingen, scheiterte aber an der ablehnenden Haltung vom Koalitionspartner ÖVP sowie FPÖ und Team Stronach. Letztere stimmten dem Begehren von SPÖ, Grünen und NEOS nicht zu, zur Behandlung des diesbezüglichen Antrags von Nikolaus Scherak (N) dem Justizausschuss eine Frist bis zum 19. September zu geben. Scherak schlägt darin eine Novellierung des §44 ABGB vor und begründet dies damit, dass die geltende Ehedefinition aus dem Jahr 1811 nicht mehr zeitgemäß ist. Die Kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag im Nationalrat verlief entlang der jeweiligen Parteilinien kontrovers.

Gleichgeschlechtliche Ehe löst bestehende Diskriminierungen

Bei der Ehe gehe es darum, in Liebe Verantwortung zu übernehmen und der Staat soll hier nicht eingreifen, sagte Nikolaus Scherak (N) zum Antrag seiner Fraktion. Im internationalen Vergleich stehe Österreich als Nachzügler da, so wären Länder wie Spanien, Belgien oder Irland bei der Gleichstellung Homosexueller mittlerweile weiter fortgeschritten. In seinen Worten appellierte Scherak vor allem an die ÖVP, beim Fristsetzungsantrag mitzustimmen. Er erkannte in der Volkspartei einzelne Öffnungen bezüglich gleichgeschlechtlicher Ehen und wies darauf hin, dass auch in anderen Ländern konservative PolitikerInnen für die Einführung von Ehen für gleichgeschlechtliche Paare stimmen, unterstrich Scherak. Als aktuelles und positives Beispiel nannte er die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die für die bevorstehende Abstimmung zu einem ähnlichen Antrag im Bundestag die Abstimmung als Gewissensfrage freigegeben hat. Die 2010 in Österreich eingeführten eingetragenen Partnerschaften enthielten noch verschiedene Diskriminierungen, die sukzessive von Gerichten behoben wurden. In Österreich sollten wir uns in dieser Frage nicht nur auf Höchstgerichte verlassen, sondern auch politisch handeln, um die "unerträgliche Diskriminierung" zu beenden, rief Scherak auf.

Die sexuelle Orientierung könne man sich nicht aussuchen, sagte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Vielmehr werden Menschen in eine Situation hineingeboren, die allzu oft eine diskriminierende ist. Dadurch würden homosexuelle Menschen nicht die gleichen Chancen erhalten und sozial benachteiligt sein. Die Ehe für alle löse hier bestehende Diskriminierungen. In Anlehnung an Merkel, appellierte auch Schieder an die Abgeordneten, die Frage der gleichgeschlechtlichen Ehe als eine Gewissensfrage zu sehen.

Die Gewissensfrage machte auch Grün-Klubobmann Albert Steinhauser geltend. Das Gewissen sei ein Gerüst, das entscheide, was gut oder schlecht ist. Daran anknüpfend stellte er die Frage, was an der gleichgeschlechtlichen Ehe falsch sei. Es handle sich bei den Paaren um zwei Menschen, die sich lieben und der Gesetzgeber sollte nicht bewerten, welche Liebe besser ist. Zwar brauche die traditionelle Ehe Reformen, aber solange diese Form der Ehe noch besteht, sollte sie für alle gleich zugänglich sein, betonte Steinhauser. Der Staat schafft eheliche Rahmen, die von allen beansprucht werden können.

Eingetragene Partnerschaften reichen aus, um Diskriminierungen zu vermeiden

Menschen und ihre Lebenswege sind nicht gleich, sagte ÖVP-Abgeordnete Michaela Steinacker. Daher seien maßgeschneiderte Maßnahmen und Möglichkeiten besser, wie es sie das bestehende Partnerschaftsgesetz bereits bietet. Eingetragene Partnerschaften erhalten Unterstützungen und nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlungen wurden nach und nach aufgehoben, argumentierte sie. Derzeit liegen verschiedene Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof auf, die zeitnah entschieden werden sollen. Daher sollte ihrer Meinung nach im Parlament mit einer Entscheidung noch gewartet und keine unnötigen Kilometer gemacht werden, begründete Steinacker die Ablehnung ihrer Fraktion. Zu Deutschland gebe es den entscheidenden Unterschied, dass beim deutschen Bundesverwaltungsgericht keine derartigen Entscheidungen bevorstehen.

Deutlich kritischer äußerte sich der Klubobmann der FPÖ, Heinz-Christian Strache, gegen die gleichgeschlechtliche Ehe. Eine "Ehe für Alle" weiche Familienstrukturen auf und schaffe das traditionelle Modell der Ehe ab. Zudem seien Liebe und Sexualität dem privaten Leben vorbehalten, in das sich der Staat nicht einmischten dürfe. Strache stellte die grundsätzliche Frage, weshalb es die Ehe überhaupt gibt. Die Ehe sei eine Privilegierung durch den Staat, mit der Leistungen und Erwartungshaltungen des Staates einhergehen, die mit dem Zeugen von Kindern zusammenhängen. Das Modell der eingetragenen Partnerschaften räumt ausreichend Rechte, wie das Erbrecht oder Besuchsrecht bei Krankenhausaufenthalten, ein und daher lägen auch keine Diskriminierungen vor, so seine Meinung. (Fortsetzung Nationalrat) see