Parlamentskorrespondenz Nr. 868 vom 06.07.2017

Suchtmittel-Substitutionsbehandlung: Bundesrat befürwortet Gesetzespaket einstimmig

Länderkammer spricht sich weiters gegen internationale Kriegsverbrechen-Gerichtsbarkeit-Schonfrist aus

Wien (PK) – Ein besserer Informationsfluss zwischen ÄrztInnen, ApothekerInnen in der Betreuung von suchtmittelabhängigen PatientInnen und den Gesundheitsbehörden soll mit einer Novelle des Suchtmittelgesetzes ermöglicht werden, die heute einhellig vom Bundesrat verabschiedet wurde. Außerdem befürwortete die Länderkammer einstimmig, die Schonfrist zur Anerkennung von Kriegsverbrechen im Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu streichen.

Suchtmittelabhängigkeit: Besserer Datenaustausch zur Behandlung

Mit einem Gesetzespaket, das vom Bundesrat einstimmig verabschiedet wurde, wird der rechtliche Rahmen der Opioid-Substitutionsbehandlung angepasst. Die heutige Lehrmeinung besagt, dass es sich bei der Abhängigkeit von Opioiden - vor allem Heroin - um eine chronische Erkrankung handelt. Maßnahmen zur Schadensminimierung sind daher sowohl für die Betroffenen, als auch für die gesamte Gesellschaft von Nutzen. Vor allem in der Apotheke werde ein unkontrollierter Gebrauch suchtmittelhaltiger Arzneimittel neben dem Substitutionsmedikament augenfällig. Daher zielt die Neuregelung auf einen besseren Informationsfluss zwischen den in der Betreuung der PatientInnen involvierten ÄrztInnen, ApothekerInnen und den Gesundheitsbehörden ab.

Sucht ist kein Randproblem in der Gesellschaft, betonte Adelheid Ebner (S/N), das Thema betrifft Menschen in ganz Österreich. Für die SPÖ-Bundesrätin umfasst Sucht die Gesamtheit von Abhängigkeit in allen Formen. Dahinter stehen oft schwere Schicksalsschläge, so Ebner. Ziel der Politik müsse sein, dass Betroffene den Konsum reduzieren bzw. gänzlich vermeiden. Daher begrüßte sie ausdrücklich die Maßnahme der engeren Kooperation, damit der Abhängigkeit besser entgegengesteuert werden kann. Die Informationsweitergabe aus Apotheken über etwaige Problematiken sei für die ärztliche Behandlung wichtig, um darauf eingehen zu können.

Die vormalige Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann (V/T) unterstrich ebenso, dass durch die Novelle in der – im Gegensatz zur Abstinenztherapie - wichtigen Substitutionsbehandlung die Vernetzung und Kooperation zwischen ÄrztInnen und Apotheken stattfinden könne, um Gefahrenmomenten - etwa von Mehrfachverschreibungen oder Medikamentenweitergabe an Dritte -entgegenzuwirken. Zwar sei der Datenschutz dabei ein sensibles Thema. Gerade bei solchen Gesetzen werden aber ExpertInnen beigezogen, so Ledl-Rossmann, womit hier die Gratwanderung zum Datenschutz sehr gut gelungen sei. Österreich sei schon bisher auf einem guten Weg, nun werde für einen kleinen Teil an Problemfällen ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt. Oberstes Ziel müsse immer sein, Abhängige auf dem Weg aus der Sucht heraus zu begleiten.

Etwas skeptisch im Hinblick auf Datenschutz ist Heidelinde Reiter (G/S). Hier habe ein großer Personenkreis Zugang, daher sei Augenmerk darauf zu legen, dass es nicht zu Missbrauch kommt. Insgesamt sieht sie aber eine wichtige Modernisierung und Verbesserung im Gesetz, etwa mit den Behandlungsleitlinien. Hier werde vom restriktiven Abstinenz-Zugang doch etwas abgegangen, zeigte sich Reiter optimistisch, dass mit PatientInnen anders und offener umgegangen wird und diese nicht gleich bei einem Rückfall aus der Behandlung ausgeschlossen werden. Sucht als chronische Erkrankung brauche eine langandauernde Therapie und Hilfe, so die Bundesrätin der Grünen.

Rosa Ecker (F/O) ist ihrerseits wichtig, dass mit dem Gesetz eine Lücke im Substitutionsprogramm im Bereich der Drogensucht geschlossen wird und dass Strafen vorgesehen sind, falls ÄrztInnen die Pflicht der Dokumentation und Meldung nicht erfüllen. Zudem sollten solche Programme immer evaluiert und individuell angepasst werden, von Interesse seien auch die Zahl der Rehabilitationserfolge. Insgesamt bedenklich sei etwa in Oberösterreich bei Drogendelikten eine steigende Tendenz im Straßenverkehr, so Ecker, die sich auch dafür aussprach, dass gegen Drogenhandel etwa über die Balkanroute vorgegangen werden müsse.

Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner unterstrich, dass die Novelle eine wichtige Verbesserung in der Behandlung suchtkranker Menschen bringt. Das Thema habe einen starken gesamtgesellschaftlichen Kontext, das Gesamtpaket entstand dementsprechend in intensiver Arbeit mit den jeweiligen ExpertInnen. Ein wesentlicher und von allen Fachgesellschaften getragener Bestandteil sei die Behandlungsleitlinie. Mit der Novelle werde die Situation von Menschen in Substitutionsbehandlung verbessert und zugleich die BehandlerInnen in ihrer Arbeit unterstützt, hob die Gesundheitsministerin positiv hervor.

Schonfrist im Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zur Gerichtsbarkeit von Kriegsverbrechen wird gestrichen

Einhellig befürwortete die Länderkammer außerdem, dass eine Übergangsbestimmung im Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ersatzlos gestrichen wird. Gemäß der Bestimmung kann bisher ein Staat, wenn er Vertragsstaat wird, erklären, dass er für einen Zeitraum von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Statuts die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs für Kriegsverbrechen nicht anerkennt. Über die Streichung dieser Schonfrist sind die Vertragsstaaten 2015 in Den Haag übereingekommen. Sie sei für Nicht-Vertragsstaaten kein Anreiz, um das Statut des Strafgerichtshofs zu ratifizieren. (Fortsetzung Bundesrat) mbu


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