Parlamentskorrespondenz Nr. 1082 vom 25.10.2017

Mehrheit im Bundesrat für Deckung der BerufsschülerInnen-Internatskosten

Kündigungsabgabe für Arbeitgeber entfällt dafür ab 2020 gänzlich

Wien (PK) – Internatskosten für BerufsschülerInnen werden künftig von Betrieben übernommen und letztlich über die Gewährung von Beihilfen aus Mitteln des Insolvenz-Entgelt-Fonds bedeckt, beschloss die Länderkammer heute mehrheitlich mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen. Die entsprechende SPÖ-Gesetzesinitiative umfasst auch eine ergänzende Klarstellung, dass zum einen Gebietskörperschaften von der Regelung ausgenommen sind, zum anderen als Ausgleich für ArbeitgeberInnen die sogenannte Kündigungsabgabe ab 2020 gänzlich entfällt.

Der Fonds weise eine ausreichende Deckung zur Finanzierung der neuen Förderung auf, wurde seitens der SPÖ festgehalten, wobei man mit jährlichen Kosten von rund 50 Mio. € rechnet. Beseitigt werden soll mit der Maßnahme auch die derzeitige Ungleichbehandlung von Lehrlingen, die abhängig von Lehrberuf und Kollektivvertrag bisher unterschiedlich finanziell belastet werden, so etwa SPÖ-Bundesrat Mario Linder aus der Steiermark.

Gegen die Initiative stellte sich die ÖVP, wobei Sonja Zwazl aus Niederösterreich Rechtsunsicherheiten für Unternehmen und ein Schrumpfen des Insolvenz-Entgelt-Fonds befürchtet.

SPÖ: Sowohl Lehrlingen, als auch Betrieben ist damit geholfen

Heute sei ein guter Tag für Österreich, für 125.000 Lehrlinge, für alle Betriebe und für die Gewerkschaftsjugend, befand Mario Lindner (S/St). Dank der Kampagne der Gewerkschaftsjugend sei es nach langer Diskussion endlich gelungen, die Internatskosten mit Anfang 2018 endlich abzuschaffen. Dadurch werde die Lehre attraktiver, junge Menschen werden entlastet und zusätzlich ein Anreiz für Betriebe geschaffen.

"Es war mir eine Ehre, Hawidere", sprach Lindner anlässlich seiner letzte Rede zum Abschied von der Länderkammer dann auch von einem lachenden und einem traurigen Auge. Es sei ihm eine Ehre gewesen, in dieser Kammer aktiv sein zu dürfen, stolz ist er hier etwa speziell auf das kontinuierlich bearbeitete Digitalisierungsthema. Genau dieses Thema will er künftig auch im Nationalrat einbringen, kündigte Mario Lindner an.

Grüne sehen nur Gewinner, FPÖ ein paar Zentimeter Fortschritt

Ein Großes und Ganzes sieht Peter Samt (F/St) im Zusammenhang mit der Übernahme der Internatskosten, der er aber zustimmt, um - in seinen Worten - zumindest ein paar Zentimeter weiter zu kommen. Die Finanzierung betrachtet er ähnlich wie die ÖVP nicht als Geschenk an Unternehmer, weil diese aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds erfolge. Die Ungleichstellung der Lehrlinge in den Kollektivverträgen sei aber ein nicht tragbarer Zustand und hätte schon längst behoben gehört, so Samt, außerdem müsse die Lehre aufgewertet werden. Überzeugt zeigte sich der FPÖ-Bundesrat, dass auch die neue Regierung darauf achten werde, auch für Unternehmer Verbesserungen zu erreichen.

Von Lehrlingen über Betriebe bis zur Tatsache, dass das Budget nicht belastet wird, gibt es für David Stögmüller (G/O) in Folge der Neuerung nur Gewinner. Nicht alle Jugendlichen hätten das Glück, den richtigen Kollektivertrag zu haben, so der Bundesrat der Grünen, der auch seinerseits der Jugendgewerkschaft für deren Initiative Dank aussprach. Endlich müssten die Kosten nicht mehr von Lehrlingen getragen werden, sondern würden aus dem Fonds finanziert. Mit seinen Vorrednern stimmte er überein, dass insgesamt die Lehre attraktiver gemacht werden müsse. Dazu zähle auch, etwa in Oberösterreich keine Bildungseinrichtungen zu schließen, um gerade in dezentralen Lagen für gut ausgebildete Menschen zu sorgen.

ÖVP befürchtet Rechtsunsicherheit für Unternehmen

Auch Sonja Zwazl (V/N) sind zwar das Thema Lehrlingsinternate, das Image der Lehre und die duale Ausbildung große Anliegen. Für sie würden aber Zahlen und Umsetzbarkeit zählen, aus dieser Sicht befürchtet sie mit der neuen Kostenübernahme für die Wirtschaft Rechtsunsicherheiten. Die Internatskosten zu ersetzen sei schon längst notwendig, statt dem zweckgebundenen Insolvenz-Entgelt-Fonds müsse aber aus ihrer Sicht die öffentliche Hand dafür aufkommen. Den Fonds finanzieren aber die Unternehmen selbst, so Zwazl, die zudem befürchtet, dass durch die neue Verteilung der Topf in fünf Jahren geleert sein werde. Weder die neue Auflösungsabgabe noch die Finanzierung der Internatskosten seien daher Geschenke im Sinne der Entlastung der Wirtschaft, sondern vielmehr politische Klientelbefriedigung.

Stöger: Bund ist mit wichtiger Maßnahme für Ländersache eingesprungen

Der Lehrling entscheide nicht selbst, ob er ein Internat braucht, dies sei Angelegenheit der Länder, unterstrich Sozialminister Alois Stöger. Nachdem dort bisher keine entsprechende Regelung getroffen wurde, sei jetzt der Bund eingesprungen. Es sei ein wichtiger Schritt, BerufsschülerInnen zu entlasten und die Lehre insgesamt aufzuwerten, so Stöger, der besonderen Dank der Gewerkschaftsjugend, den JugendvertrauensrätInnen und KlassensprecherInnen für die Thematisierung aussprach. Richtung Zwazl schloss der Sozialminister nicht aus, in Zukunft darüber zu reden, ob der Insolvenz-Entgelt-Fonds das geeignete Instrument sei. Wichtig sei ihm jedenfalls, dass Lehrlinge die Internatskosten nicht mehr selbst tragen müssen. (Fortsetzung Bundesrat) mbu


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