Parlamentskorrespondenz Nr. 31 vom 19.01.2018

Sicherheitsbericht 2016 weist Anstieg der angezeigten Delikte und der Aufklärungsquote aus

Rückgang von Kfz-Diebstählen und Einbrüchen, Anstieg bei Gewalt- und Wirtschaftskriminalität, Cybercrime und Sexualverbrechen

Wien (PK) – Die Regierung hat dem Parlament vor Kurzem den Sicherheitsbericht 2016 (III-80 d.B. und III-636-BR/2018 d.B.) vorgelegt, der noch unter Federführung des damaligen Innenministers Wolfgang Sobotka erstellt wurde. Er zeigt auf, dass 2016 die Anzeigen von Straftaten und Vergehen gegenüber dem Jahr davor um 3,8 % angestiegen sind. Gleichzeitig erhöhte sich aber auch die Aufklärungsquote auf 45,9%. Vor allem in den Bereichen Gewalt- und Wirtschaftskriminalität sowie Cybercrime wurden mehr Straftaten angezeigt. Auch bei Verbrechen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung war 2016 ein Anstieg der Anzeigen festzustellen. In einzelnen Bereichen, etwa bei den Anzeigen von Kfz-Diebstählen und von Einbrüchen in Wohnungen und Wohnhäusern, war hingegen ein signifikanter Rückgang zu verzeichnen.

Teil des Sicherheitsberichts ist wie jedes Jahr auch ein detaillierter Überblick über die Tätigkeit der Strafjustiz, der vom Justizministerium erstellt wird. Hier zeigt sich, dass der Trend zu einem Sinken der Verurteilungszahlen anhält. 2016 wurden 30.450 Mal rechtskräftige Verurteilungen nach dem Strafgesetzbuch oder strafrechtlichen Nebengesetzen ausgesprochen. Seit 2005 ist damit die Zahl der Verurteilungen um ein Drittel gesunken, die Häftlingszahlen sind in etwa gleichgeblieben.

Ein weiterhin prägender Faktor des Jahres 2016 waren die Auswirkungen der Migrationskrise von 2015, wobei die Zahl der Asylanträge 2016 nur die Hälfte des Vorjahres betrug. Dabei zeigten sich deutliche Verschiebungen bei den Herkunftsländern von AsylwerberInnen. Die Zahl der Rückführungen stieg 2016 deutlich an.

Zahl der Anzeigen gestiegen, höchste Aufklärungsquote seit Jahren

Konkret wurden 2016 in Österreich 537.792 Anzeigen erstattet. Das bedeutet einen Anstieg um 19.923 oder um 3,8%. Im langfristigen Zahlenvergleich sind die Zahlen der Anzeigen seit 2010 relativ konstant geblieben. Mit 45,9% wurde 2016 außerdem die höchste Aufklärungsquote der letzten zehn Jahre in Österreich erzielt. Seit dem Jahr 2010 lag sie damit konstant über 40%.

246.854 Fälle konnten geklärt und 270.160 Tatverdächtige ausgeforscht werden. Nach dem Herkunftsland handelte es sich dabei um 164.609 inländische und 105.551 fremde Tatverdächtige. Die Anzahl der fremden Tatverdächtigen an der Gesamtkriminalität ist damit gegenüber 2015 um 13,7% auf 39,1% der Tatverdächtigen gestiegen. Unterteilt in den Aufenthaltsstatus der fremden Tatverdächtigen hat die Gruppe der Asylwerbenden 2016 die höchste Zunahme zu verzeichnen: Die Zahl stieg in einem Jahr um 54,2% von 14.458 auf 22.289 tatverdächtige Asylwerbende (2007: 8.679 Asylwerbende als Beschuldigte registriert).

Der Einbruchsdiebstahl in Wohnungen und Wohnhäuser ist im Berichtsjahr gegenüber dem Jahr 2015 um 16,4% gesunken und weist somit den niedrigsten Wert im Zehn-Jahres-Vergleich auf. Das Gleiche gilt für die Zahl der Anzeigen wegen des Diebstahls von Kraftfahrzeugen, die im Jahr 2016 um 10% gegenüber dem Jahr 2015 zurückgegangen ist.

2016 zeigt Anstieg von Gewaltdelikten, Cybercrime und Sexualdelikten

Gestiegen ist 2016 die Zahl der Anzeigen wegen vorsätzlicher Tötung, 144 Fälle wurden österreichweit angezeigt. Davon wurden 46 Taten vollendet, bei 98 blieb es beim Versuch. Bis auf eine versuchte Tat konnten alle Fälle geklärt werden. Wegen vorsätzlicher Körperverletzungen wurden 2016 insgesamt 40.222 Fälle angezeigt, was ein Plus von 6,3% bedeutet. Einen deutlichen Anstieg gab es überdies bei Anzeigen im Bereich Cybercrime, nämlich von 10.010 im Jahr 2015 auf 13.103 im Jahr 2016. Im Bereich der Wirtschaftskriminalität beträgt der Anstieg in absoluten Werten 5.304 Delikte oder 10,9% (von 48.601 im Jahr 2015 auf 53.905 im Jahr 2016).

Auch die Zahl der Anzeigen bei Sexualdelikten, die seit 2012 jährlich gesunken war, stieg 2016 an. Wurden 2015 2.376 Fälle angezeigt, so waren es im Jahr 2016 2.732 Anzeigen. Dies entspricht einem Anstieg von 15%. So kamen 899 Vergewaltigungen (2015: 826) und 282 Fälle sexueller Nötigung (2015: 248) zur Anzeige. Um ein Drittel weniger Anzeigen wurden wegen grenzüberschreitendem Prostitutionshandel erstattet, 2016 waren es 42 angezeigte Fälle, 2016 wurden 28 Fälle angezeigt. Bei Sexualstraftaten wurden durchgängig hohe Aufklärungsquoten erzielt.

Anstieg bei politisch und weltanschaulich motivierten Straftaten

2016 wurden 1.313 Tathandlungen mit rechtsextremistischer, fremdenfeindlicher oder antisemitischer Motivation bekannt. Gegenüber 2015 bedeutet dies einen Anstieg um 13,6%. Von den Tathandlungen konnten 805 (61,3%) aufgeklärt werden (2015: 65,1%). 2016 konnte das Innenministerium auch einen weiteren Zulauf zu Gruppierungen der so genannten Neuen Rechten feststellen, deren Nährboden eine offene Fremden- und Asylfeindlichkeit und islamfeindliche Aggression sind.

Im Bereich des Linksextremismus stellten die autonom-anarchistischen Verbindungen die aktivste Szene, hier kam es bei Kundgebungen und Protestaktionen zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen. Insgesamt 383 Tathandlungen hatten erwiesenermaßen oder vermutlich einen linksextremen Hintergrund, wovon 52 aufgeklärt wurden und 463 Anzeigen gegen 83 Personen erstattet wurden. 178 Taten (46,5%) waren mit der Bundespräsidentschaftswahl in Verbindung zu bringen, es handelte sich dabei meist um Sachbeschädigung in Zusammenhang mit FPÖ-Wahlplakaten.

Bedrohungen durch Terrorismus weiter relevant

Seit einigen Jahren stellt der islamistische Extremismus und vor allem der Terrorismus dschihadistischer Prägung weltweit und in Europa ein permanentes Gefährdungspotenzial für die liberaldemokratischen Gesellschaften dar. Das islamistisch-extremistische Spektrum umfasst unzählige Gruppen, die regional oder transnational aktiv sind. Im Fokus stehen terroristische Organisationen wie der sogenannte "Islamische Staat" (IS) bzw. von ihm inspirierte Gruppen.

Verstärkte Migrationsbewegungen 2016 noch spürbar

Die Auswirkungen der Migrationskrise 2015 waren auch 2016 noch deutlich spürbar. Aufgrund verschiedener zielgerichteter Maßnahmen habe allerdings ein Rekordjahr wie 2015 verhindert werden können, stellt der Bericht des Innenministeriums fest. Die Zahl der Asylwerber und aufgegriffenen Personen, die als Reiseziel zumeist Deutschland angaben, überragte aber immer noch die Zahlen aus 2014. Österreich blieb 2016 mit wöchentlich rund 800 Asylanträgen eines der Hauptaufnahmeländer in Europa.

Insgesamt stellten 42.285 Personen einen Antrag auf Gewährung von Asyl, im Jahr 2015 waren es 88.340. Dies bedeutet einen Rückgang von 52,1%. Insgesamt wurden letztendlich 36.030 Personen zum eigentlichen Asylverfahren zugelassen. Damit blieb Österreich knapp unter der von der Bundesregierung im Jänner 2016 vereinbarten Kapazitätsgrenze (die so genannte "Obergrenze") von 37.500.

Mit Jahresende 2016 waren 79.189 hilfs- und schutzbedürftige Fremde in der Grundversorgung untergebracht, ein Anstieg im Vergleich zum Jahr 2015 um 2%. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) traf 2016 insgesamt 57.439 Asyl-Entscheidungen, wobei in 20.213 Fällen eine negative Entscheidung getroffen und in 27.767 Fällen Schutz gewährt wurde. Die restlichen 9.459 Entscheidungen sind sonstige Entscheidungen. 7.785 Personen wurde subsidiärer Schutz gewährt und es erfolgten 7.275 Entscheidungen über Einreiseanträge. Österreich zählt damit zu den fünf Ländern in Europa mit den höchsten Asyl-Erledigungszahlen. Die Zahl der MitarbeiterInnen des BFA wurde 2016 deutlich erhöht.

Verschiebung des Schwerpunkts bei Herkunftsländern von AsylwerberInnen

Die Asylwerber kamen aus 110 verschiedenen Ländern, wobei die größte Gruppe der AntragstellerInnen, ca. 27,9 %, aus Afghanistan stammte. An zweiter Stelle standen AntragstellerInnen aus Syrien mit 20,7%, gefolgt vom Irak, 6,8%. Die Anzahl von Antragstellern aus diesen drei Ländern ist damit seit 2015 sehr stark gesunken: Afghanistan um -53,8%, Syrien um -64,3%, Irak um -79,0%. Zur gleichen Zeit war eine Steigerung bei AntragstellerInnen aus Nigeria (+33,9%) und Marokko (+43,9%) zu verzeichnen.

Zu den zehn antragsstärksten Nationen 2016 zählten Staatsangehörige aus Afghanistan (11.794), Syrien (8.773), Irak (2.862), Pakistan (2.496), Iran (2.460), Nigeria (1.855), der Russischen Föderation (1.633), Somalia (1.537), unbekannten Herkunftsländern (1.149) und Marokko (1.052). Diese zehn Gruppen machten einen Anteil von 84,2% (35.611) aller Asylanträge (42.285) aus.

Das Innenministerium war auch mit der Rückkehr von Personen in ihre Herkunftsländer befasst. Im Jahr 2016 erfolgten insgesamt 10.805 Außerlandesbringungen, davon 5.917 freiwillige Ausreisen (55 %) und 4.888 zwangsweise Außerlandesbringungen (45 %). Bereits 2015 hatte sich die Zahl der Außerlandesbringungen um 40% gegenüber dem Vorjahr erhöht; 2016 stiegen sie nochmals um rund 30 % an.

Tätigkeit der Strafjustiz zeigt weniger Verurteilungen

Der Sicherheitsbericht bietet auch eine umfassende Darstellung der Tätigkeit der Strafjustiz. Im Berichtsjahr 2016 waren von den durch die Staatsanwaltschaften erledigten Verfahren insgesamt 262.584 Personen betroffen (2015: 263.069). Bei etwa einem Viertel der Fälle (24,3%) wurde ein gerichtliches Hauptverfahren in Gang gesetzt, in allen anderen Fällen gab es keine Involvierung der Strafgerichte, wobei 63,1% der Fälle durch Einstellung endgültig erledigt wurden.

Letztlich wurde demnach 2016 von österreichischen Gerichten 30.450 Mal eine Person nach dem Strafgesetzbuch oder strafrechtlichen Nebengesetzen rechtskräftig verurteilt. Von den Verurteilten waren 85,7% Männer und 14,3% Frauen, womit das Verhältnis gegenüber dem Vorjahr faktisch gleichblieb. Nach Altersgruppen verteilt waren darunter 6,5% Jugendliche, 11,6% junge Erwachsene und 81,9% Erwachsene. Der Anteil der ausländischen Staatsangehörigen lag bei 41,1%.

Bei Männern beträgt die Veränderung -5,3%, bei Frauen -4,7%, und bei Jugendlichen -7,5%. Die Zahl der Verurteilungen sinkt damit seit einigen Jahren, im Vergleich zum Jahr davor war 2016 ein Rückgang um 5,2% zu verzeichnen. 2015 hatte es noch 32.118 Verurteilungen gegeben, 2012 waren es 35.541 gewesen. Aufgeschlüsselt nach absoluten Zahlen wurden 2015 insgesamt 19.261 ÖsterreicherInnen und 12.857 AusländerInnen verurteilt. 2016 gab es in beiden Kategorien weniger Verurteilte, nämlich 17.930 österreichische und 12.520 ausländische Staatsangehörige.

Zahl der Häftlinge in etwa gleichbleibend

Im Jahr 2016 befanden sich 8.825 Personen in österreichischen Justizanstalten in Haft, was nur geringfügige Veränderungen gegenüber den Jahren davor bedeutet (2015: 8.882). Aufgrund des Anstiegs der Wohnbevölkerung sank der Anteil der Justizanstaltenpopulation auf 101 Inhaftierte pro 100.000 EinwohnerInnen (2015: 103). Mit Stichtag 1. Jänner 2017 wurden 303 Personen im elektronisch überwachten Hausarrest angehalten, gegenüber 277 Personen ein Jahr zuvor.

Der Frauenanteil an den Inhaftierten geht seit einigen Jahren leicht zurück, er lag bei 483 Personen bzw. 5,5% (2015: 5,9%). Auch 149 Jugendliche unter 18 Jahren waren im Berichtsjahr in Haft, gegenüber 136 im Jahr davor. Ein in Österreich markantes Phänomen ist der hohe Häftlingsanteil von Personen mit einer anderen als der österreichischen Staatsangehörigkeit, das sich seit der Ostöffnung zu Beginn der 1990er Jahre herausgebildet hat. 2016 befanden sich 4.793 NichtösterreicherInnen gegen über 4.032 ÖsterreicherInnen in den österreichischen Justizanstalten in Haft. (Schluss) sox