Parlamentskorrespondenz Nr. 52 vom 31.01.2018

SPÖ drängt auf österreichweites Universalmietrecht

Erste Lesung der Wohnrechtsnovelle der SPÖ zeigt unterschiedliche Zugänge der Fraktionen zur Schaffung von leistbarem Wohnraum auf

Wien (PK) – Die SPÖ drängt auf eine umfassende Reform des Mietrechts. SPÖ-Abgeordnete Ruth Becher hat dazu einen Initiativantrag mit dem Entwurf einer umfangreichen Wohnrechtsnovelle eingebracht, der vom Nationalrat im Rahmen einer Ersten Lesung heute behandelt wurde. Der Antrag wurde in Anschluss daran dem Bautenausschuss zugewiesen.

Die SPÖ will Änderungen im Mietrechtsgesetz und Wohnungseigentumsgesetz, um ein möglichst einheitliches, transparentes Mietrecht zu schaffen und so leistbares Wohnen zu ermöglichen, wie Abgeordnete Becher betont. Zustimmend zu dem Vorschlag äußert sich der Vertreter der Liste Pilz. Aus Sicht der Abgeordneten der ÖVP, FPÖ und NEOS ist der Vorschlag hingegen nicht geeignet, ein Sinken der Mieten zu bewirken. Vielmehr müsste mehr Wohnraum geschaffen werden, um die erhöhte Nachfrage zu befriedigen, argumentieren sie.

SPÖ: Mietrechtsreform und mehr Transparenz bei Mietpreisen überfällig

Ruth Becher sagte, ihr Vorschlag ziele darauf ab, erstmals ein österreichisches Universalmietrecht zu schaffen. Von der derzeitigen Bundesregierung drohe leider die Zerstörung des bestehenden Mietrechts, wodurch Wohnen besonders im Altbau empfindlich verteuert würde. Zentrales Anliegen der Novelle sei die Harmonisierung des Anwendungsbereichs der Mietzinsbestimmungen unter Wahrung des Mieterschutzes. Ein wesentlicher Punkt ist für Becher dabei die Schaffung transparenter Regelungen für die Mietpreisbildung. Das System der Zu- und Abschläge müsse für MieterInnen auch ohne Beiziehung eines Sachverständigen verständlich sein. Ein weiterer Punkt ist für Becher, Spekulationskosten aus der Mietpreisbildung zu entfernen, echte Investitionen hingegen zu belohnen. Besonders wichtig sei auch eine transparente Abrechnung der Betriebskosten. Anhaltende Verstöße dagegen müssten auch mit Strafen belegt werden.

Bereits im Regierungsübereinkommen 2013 sei zwischen SPÖ und ÖVP vereinbart worden, zu einem neuen, übersichtlichen Mietrecht zu gelangen, erinnerte SPÖ-Abgeordneter Klaus Uwe Feichtinger. Die ÖVP habe letztlich alle Änderungen blockiert. Das Problem, dass Wohnen einen immer größeren Teil der Lebenshaltungskosten ausmacht, werde jedoch immer drängender. Auch SPÖ-Abgeordneter Andreas Kollross beklagte die stark steigenden Mieten vor allem in Ballungsräumen. Mit Wohnungseigentum, wie es insbesondere die ÖVP in den Mittelpunkt stelle, könne man dem Problem nicht beikommen. Vielmehr müsse man der Preistreiberei Herr werden, die über die Betriebskosten erfolge. Auch Petra Wimmer kritisierte das derzeitige System der Zuschläge. In viele Fällen werde damit der Mietpreis ohne gesetzliche Basis hochgetrieben. Das von der SPÖ vorgeschlagene Modell des Universalmietrechts würde hingegen ein faires und transparentes Mietrecht schaffen.

ÖVP: Investitionen in Wohnraum und Eigentum fördern   

Der vorliegende Antrag enthalte einige Vorschläge, die seine Fraktion aus guten Gründen bereits mehrfach abgelehnt habe, sagte ÖVP-Mandatar Johann Singer. Die Umsetzung des SPÖ-Modells würde Wohnen nicht günstiger machen, sondern vielmehr Investitionen in Wohnbau verringern und das Problem verschärfen. Das Hauptproblem, das es anzugehen gilt, sieht Singer in der erhöhten Nachfrage nach Wohnraum, insbesondere in den Ballungszentren. Das Regierungsprogramm setze daher auf verstärkte Bildung von Wohnungseigentum und auf einen fairen Ausgleich der Interessen von VermieterInnen und MieterInnen. Ausgangsbasis für die Mietpreisbildung muss aus seiner Sicht die tatsächliche Qualität der Wohnung sein, nicht, ob es sich um Altbau oder Neubau handelt.

FPÖ: Wohnungsmarkt insgesamt betrachten und Angebot steigern

Der Vorschlag der SPÖ gehe nur von einem Teilbereich des Wohnungsmarktes aus, nämlich den Mietwohnungen, sagte Philipp Schrangl (FPÖ). Langfristig sei aber Eigentum die günstigste Form des Wohnens. Daher haben sowohl ÖVP als auch FPÖ ein klares Bekenntnis zum gemeinnützigen Wohnbau abgelegt und wollen ein Miet-Kauf-Modell zur Schaffung von Wohnungseigentum fördern. Sie haben abgelegt. Wichtig sei es auch, Investitionsanreize für die Schaffung von Wohnraum zu geben. Dabei gelte es, die Flächenversiegelung zu beenden und der Nachnutzung von Gebäuden den Vorzug vor Neubau zu geben. Er hoffe, dass die SPÖ sich am geplanten Mietrechtskonvent beteiligen werde, dort werde man auch die von ihr eingebrachten Vorschläge ernsthaft prüfen, betonte er.

Sein Fraktionskollege Peter Wurm machte die SPÖ für Versäumnisse im Wohnbau in den letzten Jahren verantwortlich. Vor allem durch die hohe Zuwanderung sei die Nachfrage nach Wohnraum explodiert. Der Vorschlag der SPÖ zu einer Wohnrechtsnovelle sei alles andere als transparent oder einfach in der Umsetzung, meinte er. Unter anderem gelte es nämlich, die Kompetenzaufteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu zu regeln und die Bauordnungen zu vereinfachen, die FPÖ habe hier umfassende Vorschläge vorgelegt. Besonderes Augenmerk müsse man auch der Frage der Landflucht schenken, wenn man den Druck auf die Ballungsräume vermindern wolle. 

NEOS: Modell der SPÖ geht an ökonomischen Realitäten vorbei

Auch aus Sicht von Gerald Loacker (NEOS) ist die erhöhte Nachfrage der wichtigste Faktor für den kontinuierlichen Anstieg der Mieten und Wohnungspreise. Eine Mietzinsobergrenze würde nur Investitionen abschrecken und das Problem damit längerfristig nur verschärfen. Das Modell der Vorsorgewohnung würde beispielsweise unrentabel gemacht, mit unliebsamen Folgen. Die Vorschläge der SPÖ seien in ihren ökonomischen Auswirkungen insgesamt nicht zu Ende gedacht, kritisierte Loacker.

Liste Pilz unterstützt Mietpreismodell der SPÖ

Aus Sicht von Peter Kolba von der Liste Pilz ist der Vorschlag der SPÖ hingegen unterstützenswert. Gerade für junge Menschen, die auf Wohnungssuche sind, sei Eigentum im Allgemeinen nicht die Lösung, meinte er. Ein Problem sieht Kolba darin, dass befristete Mietverträge immer häufiger werden. Das führe zu steigenden Mieten bei jeder Vertragsverlängerung und befördere das Mietnomadentum mit häufigem Wohnungswechsel. Befristungen sollten daher in der Regel nur bei Eigenbedarf des Vermieters möglich sein. (Fortsetzung Nationalrat) sox


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