Parlamentskorrespondenz Nr. 54 vom 31.01.2018

Debatte zur Ehe für alle im Nationalrat

SPÖ und NEOS plädieren für Öffnung der Ehe für Homosexuelle noch vor 1. Jänner 2019

Wien (PK) – "Ehe für alle – jetzt!" forderten in der ersten Nationalratssitzung 2018 SPÖ und NEOS. Die Opposition war sich einig, dass nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs das Parlament an der Reihe sei, die noch vorhandenen Diskriminierungen noch vor 1. Jänner 2019 aufzuheben. "Die Trennung von Ehe und Partnerschaft stellt Diskriminierung dar, es wäre eine Schande, wenn wir diesen Zustand noch länger zulassen", subsumierte Mario Lindner (S) die Initiativen. Beide Anträge auf Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare im Eherecht wurden nach dieser Ersten Lesung dem Justizausschuss zugewiesen.

Öffnung der Ehe für alle - Umsetzung des VfGH-Erkenntnis zu Homoehe

Für die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare mit verschiedengeschlechtlichen Paaren im Eherecht macht sich die SPÖ in einem Initiativantrag auf Änderungen des ABGB und des Eingetragene Partnerschafts-Gesetzes stark. Die AntragstellerInnen Andreas Schieder, Mario Lindner, Pamela Rendi-Wagner und Johannes Jarolim wollen damit die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zugänglich machen. Darüber hinaus soll eingetragenen PartnerInnen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Partnerschaft auf unbürokratische Weise als Ehe weitergelten zu lassen, indem sie eine entsprechende formfreie gemeinsame Erklärung vor dem Standesamt abgeben.

Rasche gesetzliche Konsequenzen nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare fordern die NEOS in einem Initiativantrag. Erst mit 1.1.2019 tritt die Streichung der gleichheitswidrigen Passagen in Kraft, es sei jedoch ein Gebot des politischen Anstands, das Erkenntnis umgehend umzusetzen, forderte Nikolaus Scherak darin und plädiert für die Streichung der Wortfolgen "verschiedenen Geschlechts" bzw. "gleichen Geschlechts" aus § 44 ABGB und § 2 des Gesetzes über die Eingetragene Partnerschaft (EPG). Damit würde im Einklang mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und die Eingetragene Partnerschaft (EP) für verschiedengeschlechtliche Paare offen stehen.

Opposition macht gemeinsam Druck

"Bei dieser Diskussion geht es nicht um große ideologische Kämpfe oder parteipolitische Gräben, sondern darum, ob Menschen 2018 noch immer anders behandelt werden dürfen, nur, weil sie gleichgeschlechtlich lieben", unterstrich Mario Lindner. Der Gleichbehandlungssprecher der SPÖ erinnerte an Ende Juni 2017, in dem es für einen ähnlichen Antrag keine Mehrheit gab, wohingegen in Deutschland am nächsten Tag für die gleichgeschlechtliche Ehe gestimmt wurde. Andreas Schieder informierte über immer noch geltende Unterschiede und damit Diskriminierungen, etwa was das Mindestalter beim Eheschluss/der Verpartnerung, Auflösungsbestimmungen, dem Unterhaltsrecht oder auch Treueverpflichtungen betrifft. Der Gesetzgeber hat laut Schieder nun die Pflicht, im Sinne dieses Erkenntnis Vorkehrungen zu treffen. "Schließlich geht es nicht darum, einem heterosexuellen Paar etwas wegzunehmen, sondern Gleichheit und soziale Absicherung für homosexuelle Personen zu schaffen", so der SPÖ-Klubobmann. Umfragen zeigen, die Bevölkerung sei weiter, als von den Regierungsfraktionen eingeschätzt, bekräftigten Pamela Rendi-Wagner und Harald Troch (beide auch S) den Vorstoß. Es gehe um gleiche Rechte, aber auch Verpflichtung, Bindung und ein Bekenntnis von zwei Menschen, die einander binden, erläuterte Troch. Rendi-Wagner betonte die Bedeutung der Menschenrechte und den Umgang mit Minderheiten. "Es ist Zeit, mit Ungleichheiten in der Gesellschaft aufzuräumen und die Ungerechtigkeiten, die Homosoexuelle erfahren, zu beenden", konstatierte Muna Duzdar (S) und verwies auf den Wahlkampf-Slogan der ÖVP.

"So rasch wie möglich im 21. Jahrhundert ankommen", das wünscht sich Nikolaus Scherak (N). Um als Parlament souverän aufzutreten, sollten sich die Abgeordneten viel häufiger diesen Fragestellungen widmen und nicht immer auf die Entscheidungen von Höchstgerichten warten müssen. "Nun gehe es darum, ob wir als Parlament jetzt rasch entscheiden oder im 19. Jahrhundert bei alten Modellen bleiben", so der Verfassungssprecher der NEOS.

ÖVP und FPÖ müssen ein gleichberechtigtes, diskriminationsfreies Liebesrecht ermöglichen, und zwar vor Dezember 2018, forderte Alfred Noll (P). "Es ist auch in diesem Land an der Zeit", so der Justiz- und Verfassungssprecher der Liste PILZ. Stephanie Cox (P) zeigte sich erfreut über die Öffnung der Ehe für alle ab 2019. "Familie ist nicht mehr Vater, Mutter, Kind", das sei eine veraltete Vorstellung, die nicht der Realität entspricht, untermauerte die Gleichbehandlungssprecherin der Liste PILZ die Vorstöße. Abschließend forderte sie die Regierungsfraktionen auf, "zu ihren eigenen Freiheitsbegriffen" zu stehen.

ÖVP und FPÖ für durchdachte Umsetzung

Wenig abgewinnen können den Anträgen scheinbar ÖVP und FPÖ. ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker und Andreas Kühberger merkten zwar an, dass die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs respektiert werde, wenngleich bereits etliche Anpassungen im geltenden Recht vorgenommen wurden. Sie plädierten daher für bedachte und genaue juristische Prüfungen und warnten vor "Schnellschüssen".

Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung oder die verpflichtende Offenlegung dieser etwa auf Formularen ist nicht tragbar, hielt Harald Stefan (F) fest. "Der Schutz der Ehe von Mann und Frau ist aber die einzige Möglichkeit, dass neues Leben entsteht", weshalb diese Form des Zusammenlebens privilegiert werden solle, so der FPÖ-Justizsprecher. Er sieht verschiedene Möglichkeit, die Gesetze von Ehe und EP anzugleichen bzw. anzupassen. Die Ehe schütze vor allem das Interesse der Kinder, merkte seine Fraktionskollegin Edith Mühlberghuber an, daher brauche "die Gesellschaft die Verbindung zwischen Mann und Frau". (Fortsetzung Nationalrat) wat