Parlamentskorrespondenz Nr. 57 vom 31.01.2018

Nationalrat: Neuauflage des Eurofighter-Untersuchungsausschusses ist möglich

ÖVP, FPÖ und SPÖ wollen Antrag der NEOS prüfen, Liste Pilz ist für Fortsetzung

Wien (PK) – Aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen im vergangenen Jahr musste die Arbeit des Eurofighter-Untersuchungsausschusses vorzeitig beendet werden. Von den vier Untersuchungsabschnitten, die FPÖ und Grüne durchleuchten wollten, wurde nur einer vollständig abgearbeitet, und zwar jener, der den vom damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos im Jahr 2007 abgeschlossenen Vergleich mit der Eurofighter GmBH betrifft. Nun wollen die NEOS den Ausschuss wiederbeleben und haben im Nationalrat einen entsprechenden Antrag eingebracht. Die Entscheidung über eine Neuauflage des U-Ausschusses fällt in den nächsten Wochen, ÖVP und FPÖ haben jedenfalls bereits grundsätzliche Zustimmung signalisiert. Ihrer Meinung nach müssen im Vorfeld aber noch einige Fragen geklärt werden. Eher zurückhaltend war die erste Reaktion der SPÖ. Dezidiert für einen weiteren Eurofighter-U-Ausschuss ist die Liste Pilz.

Die NEOS wollen im Zuge der Neuauflage des Eurofighter-Untersuchungsausschusses insbesondere untersuchen, ob es im Zuge des Kaufs unzulässige Zahlungsflüsse gegeben hat. Zudem geht es ihnen um die Informationslage beim Abschluss des Kaufvertrags und die Entscheidungsgründe für die Typenwahl sowie um die Frage, inwieweit die damalige Bundesregierung dem allerersten Eurofighter-Untersuchungsausschuss im Jahr 2006/07 sämtliche Informationen vorgelegt hat. Es seien im letzten U-Ausschuss zwei ganze Untersuchungsabschnitte offen geblieben, sagte Michael Bernhard bei der Begründung des Antrags im Nationalrat. Wobei für ihn bereits jetzt feststeht, dass die Republik Österreich beim Kauf auf allen Ebenen versagt hat. Ausdrücklich wies Bernhard darauf hin, dass sich im Wahlkampf alle Parteien für eine Fortsetzung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses ausgesprochen haben, bis hin zu Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Zu dieser Zusage bekannten sich heute auch Michaela Steinacker (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ). Es werde eine Fortsetzung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses geben, versicherte Rosenkranz. Viele Dinge seien im letzten U-Ausschuss nicht aufgeklärt worden. Den Antrag der NEOS eins zu eins übernehmen will Rosenkranz aber nicht, man müsse die Frage des genauen Untersuchungsgegenstands noch prüfen. Manche Fragen könnten mit einfachen parlamentarischen Anfragen wohl billiger geklärt werden. Die ÖVP ist, wie Steinacker betonte, zu sachlicher Aufklärung bereit, Doppelgleisigkeiten müssten aber vermieden werden.

Ausdrücklich hoben Rosenkranz und Steinacker überdies die Notwendigkeit hervor, sich mit den Justizbehörden abzustimmen. Der Untersuchungsausschuss dürfe die strafrechtlichen Ermittlungen nicht gefährden, warnte Steinacker. Zudem gab sie zu bedenken, dass ein neuerlicher U-Ausschuss wenig Sinn mache, wenn relevante Akten fehlen und sich Auskunftspersonen bei der Befragung entschlagen. Schließlich gehe es um viel Steuergeld.

Eher zurückhaltend reagierte die SPÖ. "Wir stehen für eine Diskussion im Geschäftsordnungsausschuss bereit", sagte Rudolf Plessl und hob die Bedeutung von Transparenz in Bezug auf die seiner Ansicht nach dubiose Kaufentscheidung hervor. Gleichzeitig äußerte er aber einige Vorbehalte, etwa was die Gefahr der Entschlagung von Auskunftspersonen aufgrund laufender strafrechtlicher Ermittlungen und den Aufwand betrifft. Schließlich seien durch die bevorstehenden Budgetverhandlungen viele Ressourcen gebunden. Schon jetzt hat sich laut Plessl aber gezeigt, dass im Jahr 2002 "ein grottenschlechter Vertrag" abgeschlossen wurde und es einige undurchschaubare Geldflüsse gegeben habe.

Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) erinnerte daran, dass der Eurofighter-Untersuchungsausschuss mitten in der Arbeit gestoppt wurde und nicht alle gewünschten Auskunftspersonen befragt werden konnten. Das gelte auch für den Untersuchungsabschnitt "unzulässige Zahlungsflüsse". In diesem Sinn sprach sie sich für eine Fortsetzung des U-Ausschusses aus. Die von den anderen Fraktionen geäußerten Bedenken sind für sie nicht nachvollziehbar, der Antrag der NEOS habe, was die noch offenen Untersuchungsabschnitte betrifft, den gleichen Wortlaut wie das seinerzeit von Peter Pilz und Heinz-Christian Strache eingebrachte Verlangen. Dass man auf die Justiz Rücksicht nehmen müsse, hält sie für ein vorgeschobenes Argument. Sie hoffe, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz sein Wort halte, sagte Holzinger-Vogtenhuber.

Stephanie Krisper (NEOS) begrüßte die Ankündigung des neuen Verteidigungsministers, die Frage der Luftraumüberwachung nochmals zu prüfen. Ihre Fraktion glaube, dass die Entscheidung, die Eurofighter aufzugeben und ein neues System anzuschaffen, falsch war. Generell sprach sich Krisper dafür aus, bei militärischen Beschaffungen künftig EU-weit koordiniert vorzugehen. Noch sei es nicht so weit, man müsse sich aber für eine Zukunft bereit machen, in der der europäische Luftraum regionenweise gemeinsam kontrolliert werde.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der NEOS von Zweiter Nationalratspräsidentin Doris Bures dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen. Für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses ist eine Mehrheit im Nationalrat nötig. Alternativ kann ein Viertel der Abgeordneten ein entsprechendes Verlangen stellen, darüber müsste allerdings gesondert beraten werden.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Im Konkreten greift der von den NEOS eingebrachte Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses "zur Untersuchung der politischen Verantwortung im Zusammenhang mit dem Kampfflugzeugsystem 'Eurofighter Typhoon' von Anfang 2000 bis Ende 2016" die drei offen gebliebenen Untersuchungsabschnitte des Eurofighter-U-Ausschusses der letzten Gesetzgebungsperiode auf. Im Zentrum des ersten Untersuchungsabschnitts sollen demnach mögliche unzulässige Zahlungsflüsse rund um die Beschaffung der Eurofighter stehen. Dabei geht es insbesondere um Vermittlungsgebühren oder sonstige Zahlungen an Dritte, die in den Preis eingeflossen sind. Unter anderem wollen die NEOS untersuchen, ob PolitikerInnen oder BeamtInnen Geld erhalten haben, ob durch Provisionen gegen Ausschreibungs- oder Vertragsbedingungen verstoßen wurde und welcher Schaden für den Bund dadurch entstanden ist.

Der "Informationslage bei Vertragsabschluss" ist der zweite Untersuchungsabschnitt des Antrags gewidmet. Die NEOS erwarten sich etwa Aufklärung darüber, inwieweit die Entscheidungsträger und zuständigen Bediensteten über die wesentlichen Inhalte des Kaufvertrags, die Leistungsfähigkeit der Flugzeuge, die Betriebs- und Wartungskosten sowie die Lieferfähigkeit des Herstellers informiert waren. Und zwar nicht nur konkret bei Vertragsabschluss, sondern auch bei den späteren Vergleichsverhandlungen und bei der Abnahme der gelieferten Flugzeuge.

Schließlich soll im dritten Untersuchungsabschnitt geprüft werden, ob die damalige Bundesregierung dem ersten Eurofighter-Untersuchungsausschuss, der im Oktober 2006 eingesetzt wurde und bis Anfang Juli 2007 tagte, Informationen bzw. Akten vorenthalten hat.

Eine weitere (8.) Sitzung diente in der Geschäftsordnung vorgesehenen Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss Nationalrat) gs