Parlamentskorrespondenz Nr. 157 vom 26.02.2018

Neues Modell der Universitätsfinanzierung soll Transparenz und Effizienz der Mittelvergabe sichern

Wissenschaftsausschuss billigt Novelle zum Universitätsgesetz mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und NEOS

Wien (PK) – Von einem Paradigmenwechsel in der Universitätsfinanzierung durch den Bund spricht Wissenschaftsminister Heinz Faßmann heute im Wissenschaftsausschuss. Mit einer Novelle des Universitätsgesetzes (UG), welche die Zustimmung von ÖVP, FPÖ und NEOS fand, wird der gesetzliche Rahmen geschaffen, um in der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode 2019 bis 2021 jährlich 3,69 Mrd. € an Mitteln zu vergeben. Die Aufteilung der Globalbudgets für die Universitäten soll nach einem Drei-Säulen-Modell erfolgen. Laut den Vorstellungen der Koalitionsparteien soll so eine transparente Finanzierung und eine bessere Steuerung der Kapazitäten der Lehre an den österreichischen Universitäten ermöglicht werden. Für Wissenschaftsminister Faßmann ist die Novelle ein weiterer Schritt zu dem angestrebten Ziel einer kapazitätsorientierten Studienplatzfinanzierung an den öffentlichen Universitäten.

Erklärtes Ziel der neuen Bestimmungen im Universitätsgesetz ist eine deutliche Verbesserung der Qualität sowohl der Lehre als auch der Forschung bzw. der Entwicklung und Erschließung der Künste (EEK). Das soll unter anderem durch eine Erhöhung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals erreicht werden. Wesentliche Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele sind weiter eine gesonderte Finanzierung des Bereichs der Lehre gegenüber der Forschung bzw. Künste, die man durch strategische Anreize ergänzen will. Eine Reihe von Maßnahmen soll zudem eine Verbesserung der Betreuungsrelationen und eine Entspannung bei so genannten Massenfächern bewirken. Längerfristig soll es daher nach den Vorstellungen der Bundesregierung an allen Universitäten effiziente, kapazitätsorientierte Zugangsregelungen geben.

Nachdem für besonders stark nachgefragte Studienfelder bzw. Studien (Massenfächer) schon bisher eine österreichweit anzubietende Mindestanzahl von Studienplätzen für StudienanfängerInnen pro Studienjahr bestand (Architektur und Städteplanung, Biologie und Biochemie, Informatik, Management und Verwaltung/Wirtschaft und Verwaltung, allgemein/Wirtschaftswissenschaft, Pharmazie, Publizistik und Kommunikationswissenschaft), ist mit der Novellierung des UG eine Ergänzung um die Bereiche Erziehungswissenschaft, Fremdsprachen und Recht vorgesehen.

Faßmann: Modell einer transparenten und effizienten Vergabe der Mittel

Mit der bereits in der vorigen Gesetzgebungsperiode begonnenen Novellierung des Universitätsgesetzes (10 d.B.) setze man Forderungen um, die seit langem von vielen Seiten in Hinblick auf eine umfassende Neuregelung der Universitätsfinanzierung des Bundes erhoben wurden, erklärte Wissenschaftsminister Heinz Faßmann im Wissenschaftsausschuss. In der Leistungsvereinbarungsperiode 2019 bis 2021 sollen für die Universitätsfinanzierung jährlich 3,69 Mrd. € zur Verfügung stehen. Diesem mehr an Mitteln solle auch mit mehr Transparenz der Universitätsfinanzierung einhergehen. Die neue Universitätsfinanzierung erlaube einen effizienteren Einsatz der Mittel und eine bessere Planbarkeit der Kapazitäten der Lehre. Eine Verbesserung der Betreuungsverhältnisse soll ein zügiges und erfolgreiches Studieren ermöglichen. Gleichzeitig sind neue Zugangsregelungen vorgesehen, welche vor allem die Zulassung zu besonders stark nachgefragten Bachelor- und Diplomstudien betreffen.

Faßmann betonte, dass mit der Novelle eine wichtige Grundlage für transparente und faire Aufnahmeverfahren gelegt wird. Aus seiner Sicht ist es außerdem sehr sinnvoll, wenn gleichzeitig mit der Erhöhung der Mittel auch Leistungskriterien für die Universitäten definiert werden, nach den sich die Vergabe richtet. Nicht zuletzt werde auch die Möglichkeit eines "Opportunity Hiring" geschaffen, damit man in Einzelfällen rascher zu Entscheidungen über Berufungen gelangen kann, wenn eine bestimmte Spitzenkraft für die Universitäten gewonnen werden soll. In der Vergangenheit habe man aufgrund des langwierigen Prozesses bis zu einem Hearing Gelegenheiten versäumt, international renommierte Fachkräfte nach Österreich zu bringen.

Positive Reaktionen von ÖVP, FPÖ und NEOS auf neue Universitätsfinanzierung

Auch Ausschussobmann Axel Kasseger (FPÖ) sprach von einem wichtigen Paradigmenwechsel für die Universitäten. Die Forderung nach einer Erhöhung der Uni-Budgets, die auch die Freiheitlichen unterstützt haben, werde damit nun umgesetzt. Jede Universität erhalte damit in der kommenden Leistungsvereinbarungsperiode mehr Mittel. Das Globalbudget der Universitäten wird nach einem Drei-Säulen-Modell künftig in Teilbeträge für die Leistungsbereiche Lehre, Forschung und Infrastruktur bzw. strategische Entwicklung aufgeteilt, erläuterte Kassegger. Für ihn ist das auch ein Beitrag in Richtung der Herstellung von Kostenwahrheit bei Forschung und Lehre.

Seitens der ÖVP begrüßte Klaus Taschner die Novelle. Die Fokussierung auf prüfungsaktive Studien sei der richtige Ansatz, sagte er. Die Betreuungsverhältnisse sind für ihn hier der Schlüssel. Das Opportunity Hiring gebe den Universitäten die Chance, bedeutende Persönlichkeiten für die Lehre und Forschung zu gewinnen. Diesen Aspekt hob auch Maria Theresia Niss (ÖVP) hervor. Für sie sind auch die nicht bindenden Eignungsprüfungen ein gutes Mittel, um StudienanfängerInnen in für sie passende Studienfelder zu lenken. Niss hält auch Zugangsregelungen im Bemühen um bessere Betreuungsverhältnisse für unabdingbar. Wo solche bereits bestehen, wirkten sie sich stets positiv auf die Zahl der prüfungsaktiven Studien und Abschlüsse aus.

Für Claudia Gamon von den NEOS überwiegen die positiven Aspekte der Novelle, auch wenn aus ihrer Sicht der angekündigte Paradigmenwechsel nicht rasch genug vorangeht. Hier forderte sie ein klares Bekenntnis zur Universitätsautonomie. Letztlich müssten die Universitäten nämlich die Möglichkeit erhalten, ein autonomes Zugangsmanagement einzurichten. Ein solches gebe es auch jetzt nur in Ansätzen, sagte Gamon. Gleichzeitig mit den Zugangsregelungen müsste auch das System der Leistungs- und Sozialstipendien neu aufsetzt werden.

Kritik von SPÖ und Liste Pilz an Zugangsbeschränkungen

Von Seiten der SPÖ und der Liste Pilz stößt die Neuordnung der Universitätsfinanzierung auf eine Reihe von Vorbehalten. SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl kritisierte vor allem die Ausweitung der Zugangsbeschränkungen. Die Auswirkungen dieser Regelungen seien nicht durchdacht und nicht transparent. Allein aufgrund der vom Ministerium vorgelegten Zahlen der angebotenen Studienplätze rechne sie mit mindestens 20.000 Studienplätzen für StudienanfängerInnen weniger, sagte Kuntzl, die außerdem einen Dominoeffekt auf andere Studien befürchtet. Ihre Fraktionskollegin Sonja Hammerschmid vermisstn och Details, wie es mit der Vergabe der Mittel weitergeht, da diese erst über Verordnungen festgelegt wird. Unklar sei für sie auch, wie sichergestellt werde, dass die Universitäten die Mittel tatsächlich zur Verbesserung der Betreuungsverhältnisse einsetzen.

Für den Wissenschaftssprecher der Liste Pilz Alfred Noll enthält die Novelle Widersprüche in Hinblick auf die Universitätsautonomie. Besonders kritisch sieht er dabei die verschiedenen wettbewerbsorientierten Indikatoren für die Mittelvergabe. Für ihn sind diese schwammig. Entweder handle es sich um ideologische Leerformeln, oder es werde die Möglichkeit eröffnet für Versuche, nach tagespolitischem Gutdünken von außen Einfluss auf die Entscheidungen der Universitäten zu nehmen. Das sei strikt abzulehnen.

In Reaktion auf die Kritik vor allem der SPÖ meinte Wissenschaftsminister Faßmann, er könne die Befürchtungen, wonach es eine massive Einschränkung der Studienplätze geben werde, nicht nachvollziehen. Die Rektoren würden Zugangsbeschränkungen schließlich nicht nach Gutdünken verhängen, sondern diese nur in einzelnen Fächer einsetzen, wenn es gute Gründe dafür gebe, etwa um Steuerungseffekte zu erzielen. Ganz sicher liege es nicht im Eigeninteresse, die Universitäten zu elitären Vereinen zu machen, so der Wissenschaftsminister. Was die weiteren Details der Mittelvergabe betrifft, so werden die entsprechenden Verordnungen ebenfalls ein transparentes Begutachtungsverfahren durchlaufen. Auch die Autonomie der Universitäten, zu der er sich selbstverständlich bekenne, werde nicht eingeschränkt. Wenn die Universitäten aber mit öffentlichen Mitteln finanziert werden, müsse es in diesem Bereich eine gewisse Verantwortung dafür geben, wie diese Mittel eingesetzt werden, betonte der Minister.  

SPÖ für rechtskonforme Regelung, um berufstätigen Studierenden Studienbeitrag erlassen

Nicht durchsetzen konnte sich die SPÖ-Bildungssprecherin Andrea Kuntzl mit ihrem Vorstoß für eine Reparatur des Universitätsgesetzes bei der Regelung des Erlasses von Studienbeiträgen für berufstätige Studierende (29/A). Der VfGH hat die bisherige Regelung mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2016 wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz aufgehoben, sagte Kuntzl. Laut ihr wäre es leicht möglich, die vom Verfassungsgerichtshofs (VfGH) geforderte Reparatur durchzuführen. Laut Vorschlag der SPÖ-Abgeordneten sollte die Mindestverdienstgrenze beibehalten und die Einkommensberechnung weiterhin auf das Kalenderjahr vor dem jeweiligen Semester Bezug nehmen. Präzisere Regelungen müssten jedoch dafür sorgen, dass das Jahreseinkommen nicht mehr, wie es der VfGH kritisiert hatte, in unsachlicher Weise unter die Mindestverdienstgrenze sinken kann. Einerseits soll deshalb der Verlustausgleich zwischen selbständigen und unselbständigen Einkommen ausgeschlossen werden. Zum anderen sollen Betriebsausgaben und Werbungskosten in der Ermittlung des Jahreseinkommens nicht berücksichtig werden.

Für die Abgeordneten der Koalitionsparteien ist der Vorschlag nicht der richtige Weg. Hier würde nur ein weiterer administrativer Aufwand für die Universitäten geschaffen, argumentierte ÖVP-Abgeordnete Maria Theresia Niss. Die Regierung arbeite zudem an einer Gesamtlösung für Studienförderung und Studienbeiträge. Der Antrag der SPÖ wurde mit Stimmen von ÖVP und FPÖ abgelehnt.

NEOS: Jungen ForscherInnen eine Karriere in Österreich ermöglichen

NEOS-Abgeordnete Claudia Gamon weist auf die großen Schwierigkeiten für junge ForscherInnen in Österreich hin, nach dem Doktoratsabschluss ihre weitere akademische Karriere zu planen (64/A(E)). Für sie fehlt es sowohl an finanzieller Unterstützung als auch an Stellen, was zu Braindrain ins Ausland und zur Verfestigung prekärer Anstellungsverhältnisse in Österreich führe. Ihr Anliegen, der Absicherung des Forschungs- und Wissenschaftsstandorts fand zwar grundsätzlich ein positives Echo, wurde aber letztlich vertagt. Sonja Hammerschmid (SPÖ) meinte, die Förderungslücke für junge WissenschaftlerInnen bestehe trotz einer höheren Zahl an Laufbahnstellen. FPÖ-Abgeordneter Gerhard Deimek sagte, die Regierung plane hier eine Reihe weiterer Maßnahmen. Das wurde von Wissenschaftsminister Faßmann bestätigt.

NEOS fordern Zertifizierung für Mitglieder des Universitätsrats

Ebenso vertagt wurde Claudia Gamons (NEOS) Appell an den Wissenschaftsminister zur Entwicklung eines Programms zur verpflichtenden Weiterbildung und Zertifizierung für Mitglieder von Universitätsräten (65/A(E)). Der Rechnungshof habe auf Mängel in der Arbeitsweise einiger Universitätsräte hingewiesen, sagte sie. Die Qualitätssicherung der Universitätsräte sei wichtig, meinte auch Eva Maria Holzleitner (SPÖ), die in diesem Zusammenhang die Bestellung von Burschenschaftern als Universitätsräte kritisierte. Wissenschaftsminister Heinz Faßmann meint, eine Zertifizierung für Universitätsräte, wie sie der Antrag fordere, sei in der Praxis schwer umsetzbar. (Schluss Wissenschaftsausschuss) sox