Parlamentskorrespondenz Nr. 172 vom 01.03.2018

Energiekommissar Šefčovič wirbt im Parlament für Energieunion

Nationalrat und Bundesrat warnen vor Aufwertung von Atomenergie

Wien (PK) – Österreich habe Vorbildwirkung mit seiner Klima- und Energiepolitik angesichts des hohen Anteils erneuerbarer Energiequellen, befand EU-Energiekommissar Maroš Šefčovič heute im Parlament. Bei einem Treffen mit MandatarInnen beider Parlamentskammern brach der Vizepräsident der Europäischen Kommission eine Lanze für die Energieunion: ein integrierter und krisenfester europäischer Energiemarkt soll entstehen, der unabhängig von fossilen Brennstoffen ist. Dementsprechend wolle die Europäische Kommission "alles tun, um Energie sauber zu gestalten", so Šefčovič.

Die Europäische Union hat sich im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens eine 40%ige Treibhausgasreduktion bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 vorgenommen. In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts wolle man Kohlendioxid-neutral sein, kündigte Šefčovič an, wobei eine zuverlässige Gasversorgung sichergestellt werden müsse, solange die Speicherung von Wind- und Solarenergie nicht geklärt ist. Wie die einzelnen Mitgliedstaaten ihre Reduktionsziele erreichen, müssten sie selbst entscheiden, die entsprechenden Gesetze sollten aber miteinander kompatibel sein. Falls Atomkraft als nationaler Energielieferant eine Rolle spielt, achte die EU-Kommission jedenfalls darauf, dass "hohe Sicherheitsstandards" eingehalten werden, versicherte der Kommissar.

Österreich kritisch zu möglichem Nuklearausbau und zu neuen Stromverbünden

Tenor der österreichischen ParlamentarierInnen - darunter der frühere Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) - war, die Ziele der Energieunion grundsätzlich zu begrüßen, aber keinesfalls der Kernenergie dadurch Vorschub leisten zu wollen. Vielmehr müsse auf Energiequellen wie Wind und Sonne gesetzt werden, betonte Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ). Nicht nur "sauber" sei ein Faktor bei der Energiegewinnung, sondern vor allem "erneuerbar". Er vermutet, durch EU-Vorschriften wie jene zur Einbindung der Wärme- und Kälteerzeugung in das Stromsystem werde eine Hintertür für mehr Kernenergie geöffnet. Seine Parteikollegin Doris Margreiter und FPÖ-Abgeordneter Walter Rauch brachten den Verkehrssektor als einen der größten Verursacher klimaschädlicher Emissionen zur Sprache, Bruno Rossmann von der Liste Pilz warf dazu den Gedanken an eine CO2-Steuer in die Diskussion. Für die NEOS äußerte sich Josef Schellhorn kritisch zu den EU-Plänen einer Netzunion mit regionalen Stromverbünden. Die damit einhergehende Auflösung der bestehenden Strompreiszone zwischen Österreich und Deutschland stelle "eine große Herausforderung" dar.

Šefčovič verwies hingegen auf die aktuellen Schwachstellen bei Stromverbünden mit großen geographischen Distanzen, wodurch nicht alle Kapazitäten der Stromnetze genutzt werden könnten. Wichtiger Bestandteil im Energiebinnenmarkt sei aber der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, sodass es erschwingliche Preise für die KonsumentInnen gibt. Die Industrie solle wiederum im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben, meinte er in Hinblick auf eine Steuer auf CO2-Emissionen, dennoch prüfe die Kommission verschiedene Ideen zur Emissionssenkung, gerade auch im Autoverkehr. Ob teilweise Fahrverbote eine Möglichkeit für weniger Luftverschmutzung und Staus sind, habe allerdings die jeweilige Stadtverwaltung zu entscheiden. Der internationale Trend weise ungeachtet dessen in Richtung E-Mobilität. Grundsätzlich sieht Šefčovič für zukunftsweisende Initiativen, von der nachhaltigen Verkehrsgestaltung bis hin zur Gebäudesanierung, viel Potential in sogenannten Investitionsplattformen. Mittels dieser könnten, finanziert von lokalen Banken und der Europäischen Investitionsbank (EIB), Projekte zum Klimaschutz leichter umgesetzt werden. (Schluss) rei