Parlamentskorrespondenz Nr. 414 vom 17.04.2018

Nationalrat debattiert Budgets für Kunst und Kultur 2018-2019

Koalition bekennt sich zu Kulturnation Österreich, Opposition vermisst klare Akzente in der Kulturpolitik

Wien (PK) – Mehr Budgetmittel für Kunst und Kultur soll es 2018 geben. Das strichen die Abgeordneten der Koalitionsregierung im Rahmen der Budgetdebatte des Nationalrats hervor. Der Bundesregierung sei es ein besonderes Anliegen, die Bedeutung Österreichs als Kunst- und Kulturnation zu erhalten und neue Entwicklungen im Bereich der zeitgenössischen Kunst zu ermöglichen. Die RednerInnen der Opposition vermissten klare Schwerpunktsetzungen und warfen Kulturminister Gernot Blümel, der bei der Debatte nicht anwesend war, vor, Antworten auf strukturelle Fragen schuldig zu bleiben sowie keine eindeutigen Schwerpunkte für die Förderung der Kunst- und Kulturschaffenden zu setzen.

Insgesamt 456,6 Mio. € sind im Bundesvoranschlag für das Jahr 2018 für Kunst und Kultur veranschlagt, im Budget 2019 werden es 455,1 Mio. € sein. 2017 wurden insgesamt 451 Mio. € ausgezahlt. Ein wesentlicher Teil des Budgets ist für die großen Kultureinrichtungen des Bundes vorgesehen, also Bundestheater und Bundesmuseen. Für die folgenden Jahre ergeben sich im Kulturbudget keine wesentlichen Änderungen, wie aus dem Finanzrahmen bis 2022 hervorgeht. Demnach sind für das Kunst- und Kulturbudget 2020 ca. 455,6 Mio. € vorgesehen. 2021 sollen es 456,2 Mio. € und 2022 dann 456,8 Mio. € sein. Mitverhandelt wurde auch der Bundesfinanzrahmen.

SPÖ befürchtet Sinken der Kulturförderungen in den kommenden Jahren

Die fehlende Valorisierung des Kulturbudgets kritisierte SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda und bezeichnete die Kulturpolitik der Koalition als "Potemkinsches Dorf". Im Budgetausschuss habe der Kulturminister zwar durchaus positive Ankündigungen gemacht und sich dazu bekannt, bei den Mitteln für die Freie Szene und die Kultureinrichtungen nicht zu kürzen. Das Kulturbudget wirke für heuer durchaus erfreulich, werde in den nächsten Jahren aber nicht mehr steigen und aufgrund der Inflation sogar real sinken. Bei Ausgleich der Inflation müsste es 2022 bei rund 500 Mio. € liegen, so Drozdas Rechnung. Laut Budgetrahmen werde man aber um 124 Mio. € darunterliegen. Kulturschaffenden und Kultureinrichtungen profitieren damit nicht von der guten Konjunkturentwicklung, kritisierte Drozda. Die Regierung betreibe im Kulturbereich eine Ankündigungspolitik ohne reale finanzielle und personelle Grundlage. Drozda warf Kulturminister Gernot Blümel Desinteresse und fehlendes Engagement vor. Der Kulturausschuss des Nationalrats arbeite, betonte Drozda. Bei der nächsten Sitzung im Mai werde der Kulturminister erneut Gelegenheit haben, jene Antworten zu Bundesmuseen, Bundesdenkmalamt, Baukultur, Bibliotheken, Kunststiftung und Filmförderung zu geben, die er bisher schuldig geblieben sei.

SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz gab ebenfalls zu bedenken, dass bei steigenden Preisen ein gleichbleibendes Budget über einen längeren Zeitraum eine Kürzung bedeutet. Sie appellierte an die Bundesregierung, ausreichende Mittel für Freie Szene und regionale Kulturinitiativen bereitzustellen. Kultur im ländlichen Raum sei aber nicht gleichbedeutend mit Ortsverschönerung und angenehmer Unterhaltung. Vielmehr gelte es, kritische Kulturinitiativen zu stärken und nicht kaputtzusparen. Sie hoffe, dass die Ankündigung von Kulturminister Blümel, wonach hier keine Kürzungen erfolgen werden, hält.

Harald Troch (SPÖ) fürchtet ebenfalls, dass die Mittel für jene, die tatsächlich neue Kultur schaffen, in den nächsten Jahren real sinken werden. Er wies darauf hin, dass die aus seiner Sicht überfällig Erhöhung des Österreichischen Musikfonds noch immer ausstehe. Darunter leide die Nachwuchsförderung und die Förderung österreichischer Musik bleibe ein Lippenbekenntnis. Die Kulturpolitik der neuen Bundesregierung beurteilte er insgesamt mit "Nicht genügend".

Der Kulturminister habe bisher kaum konkrete Antworten auf die Frage gegeben, welche Akzente er setzen wolle, wo eventuell Kürzungen im Kulturbereich zu erwarten seien oder wie er die Mittel für die Bundesmuseen verteilen wolle, sagte Ruth Becher (SPÖ). Seiner Kulturpolitik mangle es an einer klaren Zielsetzung.

ÖVP: Bundesregierung bekennt sich zur Bedeutung von Kunst und Kultur

Von einem hervorragenden Kulturbudget sprach ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer und dankte dem Finanzminister für die Unterstützung von Kunst und Kultur. Der von der Opposition heraufbeschworene Kahlschlag in der Kultur erfolge nicht, vielmehr unterstreiche die Bundesregierung und Bundesminister Blümel für Kultur die Bedeutung von Kunst und Kultur für Österreich. Wichtig sei es jedoch, bereits die junge Generation für Kultur zu begeistern und damit bereits in der Volksschule zu beginnen. Hier sei jedoch im letzten Jahrzehnt das Angebot immer mehr ausgedünnt worden, beklagte sie. Das wolle die Bundesregierung wieder ändern. Österreich sei Weltspitze in der Kultur, nun gelte es, dafür zu sorgen, dass es so bleibt.

Die Koalition bekenne sich zur uneingeschränkten Freiheit der Kunst, betonte Martin Engelberg (ÖVP). Er sei stolz darauf, dass der Kulturminister Einsparungen verhindern konnte. Was immer die Opposition nun versuche, daran auszusetzen, unbestritten sei es ein gutes Budget. Der Kulturausschuss habe bereits gezeigt, dass er die offenen Fragen und Probleme sachlich und überparteiisch behandle. Der Kulturminister bekenne sich dazu, nicht Politik in der Kunst, sondern Politik für die Kunst und Kultur machen zu wollen. Engelberg thematisierte auch die historische Verantwortung und Schuld Österreichs, zu der sich diese Bundesregierung so klar wie keine davor bekannt habe. Das geplante Mahnmal in Form einer Mauer, auf der die Opfer der Shoah namentlich angeführt werden sollen, bezeichnete er als wichtiges Signal, das respektvolle Anerkennung verdiene. Engelberg ist überzeugt, dass in den ersten Wochen der Koalition vieles bewegt werden konnte und weitere Projekte folgen werden.

Im Grund herrsche Einigkeit, dass in den Budgetverhandlungen ein stabiles Kulturbudget erreicht wurde und dies eine erfreuliche Entwicklung sei, sagte Johann Höfinger (ÖVP). Er begrüßte die Ankündigung des Kulturministers, die bessere Abstimmung mit den Landeskulturreferenten zu suchen, um ein flächendeckendes Kulturangebot in Österreich sicherzustellen. Auch die Ankündigung, mehr Transparenz der Kulturförderungen herstellen zu wollen, bewertete Höfinger positiv.

Die Regierung habe unbestritten große Ambitionen, an denen sie sich orientieren werde, zeigte sich Rudolf Taschner (ÖVP) überzeugt. Man solle auch nicht vergessen, dass ein wichtiger Teil der Kulturpolitik auch in der Bildung stattfinde. Die Politik könne immer nur so gut wie möglich entsprechende Rahmenbedingungen herstellen. Kunst selbst werde von den KünstlerInnen geschaffen, wobei für die Schaffung großer Kunst nicht allein der finanzielle Aspekt ausschlaggebend sei.

Claudia Plakolm (ÖVP) knüpfte daran an und betonte die Wichtigkeit der Kulturvermittlung bereits in der Kindheit. Das Kulturbudget setze deutliche Akzente in der Kulturvermittlung, der Förderung von Familien und der Talentförderung des künstlerischen Nachwuchses. Ihre Fraktionskollegin Maria Smodics-Neumann wies auf die identitätsstiftende Funktion des österreichischen Films hin. Die meist kleinstrukturierte österreichische Filmwirtschaft erwirtschafte hohe Umsätze und sichere viele Arbeitsplätze. Die Filmförderung stelle damit ein gutes Investment dar. Grundsätzlich sollen Förderungen die Vielfalt unterstützen, sagte sie. Die Koalition sei angetreten, um das Beste für Österreich zu erreichen, sagte ÖVP-Abgeordneter Christoph Stark. Dazu gehöre auch, dass sie mit ihrer Kulturpolitik Österreich als Kulturnation erhalten und stärken wolle. Das Budget biete eine gute Grundlage dafür.

NEOS vermissen klare Linie in der Kulturpolitik

Aus Sicht des Kultursprechers der NEOS, Josef Schellhorn, fehlen der Budgetpolitik im Kulturbereich klare Linien, Ideen und Schwerpunkte. Der einzig erkennbare Fokus liege auf dem Bundesdenkmalamt und dem UNESCO-Weltkulturerbe. Die ÖVP überlasse die Kultur- und Medienpolitik der FPÖ, welche offenbar plane, den ORF zu zerschlagen. Das seien sehr bedenkliche Entwicklungen, die Opposition müsse dafür Sorge tragen, dass es dazu nicht kommt. Ein Beispiel für den fehlenden Mut der ÖVP zu klarer Kulturpolitik sieht Schellhorn beim Haus der Geschichte Österreich. Er vermisste auch eine klare Linie für die Sammlungstätigkeit der Bundesmuseen. In der Steuerpolitik hätte man Anreize für private Sponsorentätigkeit setzen können, doch auch hier bleibe man Antworten schuldig, bedauerte Schellhorn.

FPÖ: Freie Entfaltung von Kunst und Kultur sind garantiert

FPÖ-Kultursprecher Walter Rosenkranz sieht das Budget als Bestätigung dafür, dass der Koalition Kunst und Kultur am Herzen liegt. Rosenkranz betonte, dass die freie Entfaltung der Kunst und Kultur garantiert sei. Kulturminister Blümel wolle bei den Bundesmuseen auf eine bessere Kooperation und Koordination der Verwaltung und der Sammeltätigkeit hinarbeiten. Hier gelte es die Frage zu lösen, wie Steuerung durch den Bund mit der Autonomie der Häuser vereinbar sei. Er sei aber optimistisch, dass das gelingen könne, sagte Rosenkranz. Der Minister wolle auch mehr Transparenz bei den Kulturförderungen erreichen. Die größte Baustelle im Kulturbereich sei die Reorganisation des Bundesdenkmalamts. Eine große Herausforderung im Denkmalschutz sei es, private Besitzer von denkmalgeschützten Objekten besser zu unterstützen, damit diese Kulturgüter bewahrt werden.

Liste Pilz weist auf Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse im Kulturbereich hin

Laut dem Kultursprecher der Liste Pilz, Wolfgang Zinggl gibt es drei klassische Kriterien der Beurteilung des Kulturbudgets. Das erste sei die Frage der Budgeterhöhung. Die Regierung lobe sich zwar für ihre moderate Budgeterhöhung im Kulturbereich, angesichts der steigenden Kosten sei hier aber kein großer Erfolg des Kulturministers zu verzeichnen. Weiters gehe es immer um die Frage, welchen Stellenwert das Kulturbudget im Gesamtbudget hat. In Relation zum Gesamtbudget sei es weiter gesunken, stellte Zinggl fest. Das dritte Kriterium, die Verteilung der Mittel, spiegle die Linien der Gesamtpolitik wieder. Wie in anderen Bereichen zeige sich, dass die Kleineren benachteiligt, die Großen weiter gefördert werden. Einmal mehr werden die Salzburger Festspiele oder die bereits gut ausgestatteten Bundesmuseen finanziell weiter abgesichert. Gleichzeitig gebe es noch immer keine Kollektivverträge bei den Bundesmuseen. Während DirektorInnen dort Spitzengehälter beziehen, werden an der Basis zunehmend prekäre Arbeitsverhältnisse die Regel, sagte Zinggl. Eine solche Politik könne er nicht unterstützen. (Fortsetzung Nationalrat) sox