Parlamentskorrespondenz Nr. 416 vom 17.04.2018

Umfassende Kritik der Opposition an Einsparungen in der Justiz

Debatte im Nationalrat über Justizbudget 2018 und 2019

Wien (PK) – Parallel zu aktuellen Protesten von RichterInnen und StaatsanwältInnen gegen Einsparungen im Justizbudget für 2018 und 2019 kritisierte auch die Opposition heute im Nationalrat die Budgetvoranschläge für das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz. Für Unmut sorgt in der Angelegenheit vor allem, dass laut Vorlagen zahlreiche Planstellen an den Gerichten reduziert werden sollen. Darüber hinaus werde an Faktoren wie Gerichtspraktika, Fortbildung und Digitalisierung gespart, so die Kritik von SPÖ, NEOS und Liste Pilz.

Schramböck: Keine Reduktion von Planstellen bei RichterInnen und StaatsanwältInnen

Nachdem der Justizminister an der heutigen Debatte aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnte, erläuterte Bundesministerin Margarete Schramböck den Standpunkt für sein Ressort. Entgegen der Einwände könne der finanzielle Bedarf der Justiz abgedeckt werden, Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit bleibe gewahrt, so Schramböck. Es werde keine Richterstelle eingespart, und auch in Zukunft würden RechtspraktikantInnen zur Gerichtspraxis zugelassen. Dies sei Justizminister Moser auch im Zusammenhang mit dem Erwachsenenschutzgesetz ein besonderes Anliegen. Für die Justizwache konnte erreicht werden, dass es zu keiner Rückführung von 75 Planstellen und darüber hinaus zu 100 neuen Ausbildungsstellen kommt. Außerdem seien fünf zusätzliche Planstellen für die Datenschutzbehörde vorgesehen. Einsparungen würden etwa durch Effizienzsteigerungen ausgeglichen, gespart werde beispielsweise bei Baumaßnahmen und in Form einer Kostenreduktion bei Leiharbeitskräften. Laut Budgetplan stehen dem Ressort von Josef Moser heuer rund 1,58 Mrd. € und 2019 rund 1,6 Mrd. € zur Verfügung. Mitverhandelt wurde auch der Bundesfinanzrahmen.

SPÖ, NEOS und Liste Pilz mit heftiger Kritik am Justizbudget

Das Justizbudget könne man nur als "Zumutung" bezeichnen, verlieh Johannes Jarolim seitens der SPÖ seinem Unmut Ausdruck. Die Proteste der StandesvertreterInnen heute hätten die Erkenntnis demonstriert, dass man mit diesem Budget die Justiz "in Grund und Boden" fahre und die Sicherheit gefährde. Jarolim zeigte sich auch erbost über Kürzungen im Bereich der Bildung und Fortbildung um 40%. Eine "Verhöhnung" stellen für ihn auch die Einsparungen im Bereich der Digitalisierung dar. Ruth Becher (SPÖ) sieht kritisch, dass der Streit um das Justizbudget von der Regierung öffentlich ausgetragen wurde, das hebe nicht das Vertrauen. Sie bemängelte außerdem die Situation in der Justizwache, hier seien Probleme auch mit 100 neuen Ausbildungsplätzen nicht behoben. "Mehr Schein als Sein" ist das Justizbudget für Harald Troch (SPÖ), der ebenso auf die Proteste der StandesvertreterInnen verwies. Die Lage sei sehr ernst, so Troch, und der Justizminister sei bei den Nachverhandlungen im Regen stehen gelassen worden. Mehr Stellen für die Polizei seien positiv, das bedeute aber auch mehr Arbeit für die Justiz. Petra Bayr (SPÖ) ergänzte, dass fünf vereinbarte Stellen im Bereich Staatsanwaltschaft zum Schwerpunkt Hassdelikte nicht eingeplant seien, obwohl derzeit zum Teil alle Dämme auf Social Media brechen würden. Das Ergebnis der Auseinandersetzungen um das Justizbudget stellt sich für Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ) höchst fragwürdig dar. Er warf der Regierung vor, zwar im System zu sparen, aber zum Nachteil der Menschen.

Irmgard Griss (NEOS) erachtet darüber hinaus nicht nur die Sicherheit, sondern den Rechtsstaat als solchen für gefährdet. Einschränkungen beim Kanzleipersonal hält sie für völlig ineffizient, da die Arbeit auf mehr Richter falle. Griss sieht das Vertrauen in eine funktionierende Justiz durch eine permanente Verunsicherung erschüttert, und dies vor dem Hintergrund der höchsten Gerichtsgebühren in Europa, mit der mehr eingenommen als in dem Bereich ausgegeben werde.

Die Worte "Justiz wird totgespart" kämen nicht von der Opposition, sondern von den Betroffenen, unterstrich Alfred Noll seitens der Liste Pilz. Er kritisierte für ihn offensichtliche Rückschritte in Zielsetzungen zur Verkürzung der Verfahrensdauer, in der Digitalisierung und bei Verurteilungen Österreichs am EGMR.

ÖVP und FPÖ: Skandalisierung und Verunsicherung durch die Opposition

In einer Zeit von Reformen gehe es auch darum, ressourcenschonend zu arbeiten, bezeichnete Michaela Steinacker (ÖVP) das Justizbudget als "klein, aber fein". Die Wirkungsziele umfassten klar die Gewährleistung des Rechtsfriedens, den Zugang zur Gerichtsbarkeit, unabhängige Verfahren, sowie Reformen und Entbürokratisierung. Steinacker zitierte aus einer Aussendung von Justiz- und Finanzminister zur Klarstellung, dass der Grundbedarf der Justiz abgedeckt sei und zudem auf Rücklagen zurückgegriffen werde.

Wolfgang Gerstl (ÖVP) plädierte für den Bereich Verfassungsreform und Deregulierung, dass hier alle zusammenwirken. Die Verfassung aus dem Jahr 1920 sei eine Blockadeverfassung, so Gerstl. Ihm ist wichtig, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung in eine Hand zu bringen und etwa eine Abschaffung des Artikel 12 der Bundesverfassung als eine der ersten Maßnahmen zu treffen. Im System sparen bedeute deregulieren und entflechten, betonte Gerstl. Dass nun einer jahrzehntelangen Schuldenpolitik positiverweise endlich ein Ende gesetzt wird, unterstrich Johanna Jachs (ÖVP), es gebe nichts unsozialeres als Schulden zu machen. Die Spekulationen, dass die Gerichtspraxis in Frage gestellt sei, sei reine Panikmache, das Praktikum stehe auch in Zukunft offen. Den Mehraufwand durch die steigende Anzahl der RechtspraktikantInnen erachtet Jachs aus Rücklagen bedeckt. Klaus Fürlinger (ÖVP) warnte in Richtung Opposition davor, das Justizbudget zur Skandalisierung und Verunsicherung heranzuziehen und Handlungsunfähigkeit herbeizureden. Man werde jeden Schritt setzen, dass die hohe Qualität der Justiz erhalten bleibe.

Harald Stefan (FPÖ) bezeichnete es ebenso als unverantwortlich, seitens der Opposition so zu tun, als würde die Justiz nicht funktionieren. Es werde zwar knapp kalkuliert, aber der Rechtsstaat funktioniere weiterhin, die Qualität werde mit dem Budget aufrechterhalten. Wichtiges Regierungsvorhaben sei auch, bei den hohen Gerichtsgebühren zu sparen, wobei hier die Grundbucheintragung 70% der Einnahmen ausmache. Die Justiz stehe außerdem vor großen Herausforderungen, etwa zum Erwachsenenschutzgesetz oder durch das Sicherheitspaket, das Planstellen binden werde. Wesentlich für die Sicherheit ist für Stefan etwa die Aufstockung um 100 Stellen im Strafvollzug. Christian Lausch (FPÖ) ärgerte sich über die SPÖ, die Justizwache sei in einer von ihr geführten Regierung unter die Räder gekommen. Jetzt würden endlich 175 Planstellen geschaffen. Auch er sieht knappe Kalkulationen in manchen Budgetbereichen, insgesamt sei man aber auf einem guten Weg.

Budgetentwurf in Zahlen: Eingliederung, Planstellen, Gerichtsgebühreneinnahmen

Die für 2018 geplanten Auszahlungen von 1,58 Mrd. € für die Justiz übersteigen den vorläufigen Erfolg für 2017 von 1,51 Mrd. € deutlich. Zurückzuführen ist dies laut Budgetentwurf unter anderem auf die Eingliederung des Verfassungsdiensts, der Datenschutzagenden und des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2017 mit einer Auswirkung von 72,8 Mio. €. 2019 sollen rund 1,6 Mrd. € zur Verfügung stehen.

Hinsichtlich der Planstellensituation sind im Jahr 2018 beispielsweise 100 zusätzliche Ausbildungsplanstellen im Bereich Justizanstalten und jeweils fünf in der Stabsstelle des Ministeriums und in der Datenschutzbehörde geplant. Bei den Gerichten soll sich der Gesamtstand laut Entwurf um 80 Planstellen 2018 und um 136 im Jahr 2019 reduzieren. 2019 sind zudem beim Bundesverwaltungsgericht 40 Planstellen weniger als 2018 vorgesehen. Es handelt sich demnach dabei um eine erste Rückführung von Stellen, die aufgrund der Flüchtlingskrise befristet zugewiesen wurden.

Was die budgetierten Einnahmen des Ressorts betrifft, verbleibt in der Rechtsprechung im Verhältnis zu seinen Aufwendungen ein kräftiges Plus. Mit 1,2 Mrd. € im Zeitraum 2018 (2019: 1,25 Mrd. €) kommt ein Großteil der Justizeinnahmen aus diesem Bereich. (Fortsetzung Nationalrat) mbu