Parlamentskorrespondenz Nr. 565 vom 18.05.2018

Neu im Geschäftsordnungsausschuss

SPÖ für Ausweitung von Oppositionsrechten, Live-Übertragung öffentlicher Ausschusssitzungen und Aufwertung von Volksbegehren

Wien (PK) – Die SPÖ hat insgesamt vier Initiativanträge zur Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats eingebracht. Ihr geht es unter anderem um zusätzliche Rechte für Abgeordnete in Bezug auf die Ladung von Auskunftspersonen und die Beauftragung von Rechnungshofprüfungen, eine Live-Übertragung öffentlicher Ausschusssitzungen, eigene Nationalratssitzungen zur Beratung von Volksbegehren und jährliche Erklärungen der Regierungsspitze über geplante Legislativvorhaben. Außerdem soll künftig die Möglichkeit bestehen, Bürgerinitiativen elektronisch einzubringen. Etliche der Vorschläge beruhen auf Empfehlungen der in den Jahren 2014 und 2015 tagenden Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie in Österreich, über einige habe man in der vergangenen Legislaturperiode auch schon Konsens erzielt, heben die Antragsteller Andreas Schieder und Peter Wittmann hervor.

Die Anträge sind vor der Zuweisung an den Geschäftsordnungsausschuss noch einer Ersten Lesung zu unterziehen.

Mehr Expertise für Abgeordnete

Konkret schlägt die SPÖ etwa vor, jedem Abgeordneten das Recht einzuräumen, sich einmal im Jahr direkt an den Rechts- und Legislativdienst des Parlaments zu wenden. Vom Ersuchen um eine rechtliche Expertise sollen Ausarbeitungen zu Gesetzentwürfen, Plenarvorlagen und politischen Konzeptionen allerdings ausgenommen sein. Weiters sollen dem Antrag zufolge Sachverständige und andere Auskunftspersonen künftig auch ohne Mehrheitsbeschluss – beschränkt auf ein jährliches Verlangen pro Klub – zu Ausschussberatungen hinzugezogen werden können. Auch die zulässige Zahl der von einer Minderheit verlangten Gebarungsprüfungen durch den Rechnungshof soll erhöht werden.

Begründet wird die Initiative (242/A) damit, dass das Parlament bei komplexen Gesetzesmaterien auch auf externe Expertinnen und Experten angewiesen ist. Zudem wird, was die Inanspruchnahme des wissenschaftlichen Dienstes betrifft, auf das Vorbild des deutschen Bundestags verwiesen.

Live-Stream von öffentlichen Ausschusssitzungen

Ein weiterer Antrag der SPÖ (243/A) zielt darauf ab, öffentliche Ausschusssitzungen des Nationalrats in Hinkunft per Live-Stream zu übertragen und die entsprechenden Aufzeichnungen auch als "Video on demand" auf der Parlaments-Website zur Verfügung zu stellen. Dadurch sollen mehr Menschen die Möglichkeit erhalten, Ausschusssitzungen zu verfolgen, und insgesamt ein niederschwelliger Zugang zu parlamentarischen Debatten gewährleistet werden.

Außerdem wollen die Abgeordneten Wittmann und Schieder die Bestimmungen für Parlamentarische Enqueten und Enquete-Kommissionen, was die Frage Öffentlichkeit betrifft, präzisieren. Da Parlamentarische Enqueten grundsätzlich für eine öffentliche Erörterung politischer Sachfragen gedacht seien, sollen diese künftig jedenfalls öffentlich sowie Ton- und Bildaufnahmen zulässig sein, fordern sie. Enquete-Kommissionen, bei denen der internen Vorberatung und Diskussion ein höheres Gewicht zukomme, sollen hingegen selbst beschließen können, welche Sitzungen öffentlich und welche nicht-öffentlich abgehalten werden.

Auch eine jährliche Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers im Nationalrat über aktuelle Gesetzesvorhaben steht auf dem Wunschzettel der SPÖ. Diese Erklärung soll innerhalb von zwei Monaten nach Tagungsbeginn abgegeben werden und vor allem den Zweck haben, die interessierte Öffentlichkeit über die Legislativvorhaben der jeweiligen Tagung zu informieren. Vereinfacht werden soll die Möglichkeit, österreichische Europaabgeordnete für EU-Debatten im Nationalrat, etwa für die Aktuelle Europastunde, zu nominieren.

Attraktivere parlamentarische Behandlung von Volksbegehren

Vorrangig auf eine attraktivere parlamentarische Behandlung von Volksbegehren zielt die dritte Geschäftsordnungs-Initiative der SPÖ ab (244/A). Demnach soll mit eigenen Volksbegehrens-Sitzungen ein neuer Typus von Plenarsitzungen geschaffen werden, bei denen es ausschließlich um das jeweilige Bürgeranliegen geht. Eine solche Sitzung ist sowohl bei der Aufnahme der Beratungen über ein Volksbegehren – spätestens vier Wochen nach dessen Einlangen – als auch am Ende des Beratungsprozesses vorgesehen. Neu wären auch ein Rederecht der InitiatorInnen eines Volksbegehrens im Plenum und die Verpflichtung des Nationalrats, einen eigenen Ausschuss zur Vorberatung eines Bürgerbegehrens einzusetzen.

Um die Bevölkerung besser über alle im Nationalrat eingelangten Volksbegehren zu informieren, plädieren Schieder und Wittmann darüber hinaus für die Einrichtung einer eigenen Internet-Plattform des Parlaments. Auf dieser Plattform soll es den Klubs auch möglich sein, Stellungnahmen zu einem Volksbegehren abzugeben.

SPÖ will elektronische Einbringung von Bürgerinitiativen ermöglichen

Schon jetzt ist es möglich, im Nationalrat eingebrachte Bürgerinitiativen und Petitionen elektronisch zu unterstützen. Die Initiative selbst muss derzeit allerdings noch in Papierform – unter Beilage von 500 Unterschriften – vorgelegt werden. Das soll sich, geht es nach einem weiteren Antrag der SPÖ (245/A) ändern. Künftig sollen die InitiatorInnen die Wahl haben, ob sie dem Hohen Haus eine Bürgerinitiative in elektronischer Form oder in Papierform vorlegen, wobei die elektronische Unterschriftensammlung auf einer eigenen Plattform – unter Zuhilfenahme des Zentralen Wählerregisters – erfolgen soll. Für die Erreichung der notwendigen 500 elektronischen Signaturen ist eine Frist von einem Jahr vorgesehen. Die Zahl der von einem Erstunterzeichner gestarteten Initiativen soll auf gleichzeitig fünf beschränkt werden.

Nichts ändern soll sich laut Antrag an der Möglichkeit für Abgeordnete, Bürgeranliegen mit ihrer Unterstützung als Petition einzubringen. Allerdings soll auch für Petitionen – wie für Bürgerinitiativen – ausdrücklich festgeschrieben werden, dass sie weder Datenschutzinteressen Dritter verletzen noch beleidigende Äußerungen enthalten dürfen. Darüber hinaus will die SPÖ ErstunterzeichnerInnen von Bürgerinitiativen das Recht einräumen, zu Beginn der inhaltlichen Behandlung im Petitionsausschuss eine kurze einleitende Stellungnahme abzugeben. (Schluss) gs