Parlamentskorrespondenz Nr. 712 vom 18.06.2018

Neu im Innenausschuss

Fremdenrecht soll neuerlich verschärft werden

Wien (PK) – Die Regierung will die Effizienz von asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren steigern und schlägt in diesem Sinn eine weitere Verschärfung des Fremdenpolizeigesetzes, des Asylgesetzes, des BFA-Verfahrensgesetzes und weiterer einschlägiger Gesetze vor. Außerdem sollen mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2018 (189 d.B.) neue EU-Vorgaben in Bezug auf die Mobilität von ForscherInnen, Studierenden und Freiwilligen umgesetzt werden. Änderungen im Universitätsgesetz zielen unter anderem darauf ab, die missbräuchliche Verwendung eines Aufenthaltstitels als Studierender zu unterbinden. Das Gesetzespaket wurde im Rahmen der letzten Nationalratssitzungen eingebracht und soll bereits diese Woche im Innenausschuss beraten werden.

Sicherheitsbehörden erhalten Zugriff auf Handydaten und können Bargeld sicherstellen

Mit dem Gesetzespaket werden die Sicherheitsorgane u.a. ermächtigt, Mobiltelefone von AsylwerberInnen und andere mitgeführte Datenträger auszuwerten, wenn Zweifel an der Identität der Betroffenen, ihrem Herkunftsland oder an der angegebenen Fluchtroute bestehen. Zudem können die Flüchtlinge bereits im – dem Asylverfahren vorgeschalteten - Zulassungsverfahren verpflichtet werden, in einer bestimmten Betreuungsstelle des Bundes Unterkunft zu nehmen. Die Regierung erwartet sich davon eine Verfahrensbeschleunigung, insbesondere für sogenannte Dublin-Fälle.

Neu geschaffen wird darüber hinaus die Möglichkeit, den Flüchtlingen im Zuge ihrer Antragstellung auf Asyl Bargeld abzunehmen. Damit soll eine Kostenbeteiligung an der vom Bund im Zulassungsverfahren gewährten Grundversorgung sichergestellt werden. Als Maximalbetrag sind dabei 840 € pro Person festgeschrieben, wobei die AntragstellerInnen grundsätzlich auch für unterhaltsberechtigte Familienangehörige beitragspflichtig sind. Zu belassen sind den Betroffenen aber jedenfalls Barmittel im Gegenwert von 120 €. Nach Beendigung der Versorgung durch den Bund ist eine etwaige Differenz zwischen den tatsächlich angefallenen Versorgungskosten und dem sichergestellten Bargeld rückzuerstatten.

Verkürzte Beschwerdefristen und adaptierte Schubhaftbestimmungen

Auf die Verhinderung von Verfahrensverschleppungen zielt eine "gesetzlich fingierte Asyl-Antragstellung" für alle in Österreich aufhältigen minderjährigen Kinder von AsylwerberInnen ab. Demnach wird ein eingebrachter Asylantrag künftig automatisch auch auf erst später in Österreich geborene bzw. auf etwaige ledige Kinder erstreckt. Damit will man unterbinden, dass sich ein Flüchtling nach einem negativen Asylbescheid ein weiteres Aufenthaltsrecht in Österreich verschafft, indem er internationalen Schutz für ein Kind beantragt. Ebenso soll eine Verkürzung der Beschwerdefrist auf zwei Wochen gegen bestimmte Entscheidungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) der Verfahrensbeschleunigung dienen.

Adaptiert werden auch die Bestimmungen in Bezug auf die Verhängung von Schubhaft. Zum einen will die Regierung vorhandene Lücken schließen, zum anderen ist höchstgerichtlichen Entscheidungen Rechnung zu tragen. So ist es künftig etwa möglich, einen vor der Ausweisung stehenden Fremden über die geltende 72-Stunden-Frist hinaus anzuhalten, wenn er während seiner Anhaltung einen Asylantrag stellt und der Verdacht besteht, dass er damit nur seine Außerlandesbringung verhindern will. Fluchtgefahr allein – ohne Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit – reicht künftig hingegen nicht mehr aus, um AsylwerberInnen in Schubhaft zu nehmen. Um ein etwaiges Untertauchen von AsylwerberInnen zu verhindern,  sind Krankenanstalten in Hinkunft verpflichtet, das BFA über deren bevorstehende Entlassung zu informieren.

Gemäß den Erläuterungen wurden 2017 insgesamt 3.162 Abschiebungen durchgeführt und 4.615 Mal Schubhaft verhängt.

Weniger Deutschkurse für AsylwerberInnen

Relativiert wird die bisherige gesetzliche Verpflichtung, AsylwerberInnen mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit Zugang zu Deutschkursen zu gewähren. Sie sollen nur noch nach Maßgabe vorhandener finanzieller Mittel und organisatorischer Ressourcen entsprechende Integrationshilfe erhalten. Zudem wird die Zuständigkeit in diesem Bereich vom Innenministerium in das für Integrationsangelegenheiten verantwortliche Außenministerium verschoben.

Um die Fälschungssicherheit von Verfahrenskarten zu erhöhen, können künftig elektronische Datenträger an den Karten angebracht und Fingerabdrücke gespeichert werden. Voraussetzung ist eine diesbezügliche Verordnung des Innenministers.

Wartefrist auf Staatsbürgerschaft wird auf zehn Jahre verlängert

Anerkannte Flüchtlinge, die in ihr Heimatland reisen bzw. einen Reisepass ihres Herkunftslandes beantragen, müssen künftig mit einem beschleunigten Asylaberkennungsverfahren rechnen. Gleichzeitig wird Asylberechtigten die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft erschwert. Neben den sonstigen Voraussetzungen wie Unbescholtenheit, ein gesicherter Lebensunterhalt und eine bejahende Einstellung zur Republik gilt künftig eine mindestens zehnjährige Wartefrist. Bisher konnte schon nach sechs Jahren ein österreichischer Pass beantragt werden.

Adaptierte Rahmenbedingungen für ForscherInnen und Studierende

Abseits der Verschärfung des Fremdenrechts sieht das Gesetzespaket eine Anpassung der österreichischen Normen an die neue Forscher- und Studenten-Richtlinie der EU vor. In diesem Sinn werden etwa die im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz verankerten Aufenthaltstitel für ForscherInnen und Studierende adaptiert und zwei neue Aufenthaltstitel ("Freiwillige" und "Forscher-Mobilität") geschaffen. Während der erstgenannte Aufenthaltstitel für TeilnehmerInnen des Europäischen Freiwilligendienstes reserviert ist, steht der andere ForscherInnen offen, die über einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen EU-Lands verfügen und temporär in Österreich forschen wollen.

Wer als Forscher bzw. Forscherin über eine Niederlassungsbewilligung in Österreich verfügt, kann diese künftig um bis zu 12 Monate zum Zweck der Arbeitssuche oder einer Unternehmensgründung verlängern. Auch UniversitätsabsolventInnen können noch einige Zeit in Österreich bleiben, wenn sie die Gründung eines Unternehmens beabsichtigen. Für Studierende bzw. HochschulabsolventInnen aus Drittstaaten, die in der EU ein Praktikum machen, wird ein neues Visum D eingeführt.

Studierende, die in Österreich einen Universitätslehrgang besuchen wollen, der die für ein Studium erforderlichen Deutschkenntnisse vermittelt, müssen künftig bereits vorab Sprachkenntnisse auf A2-Niveau nachweisen. Damit will die Regierung verhindern, dass Personen aus Drittländern missbräuchlich mit einem Aufenthaltstitel für Studierende nach Österreich kommen, ohne ernsthafte Studienabsichten zu verfolgen. Im Gegenzug ist es künftig nicht mehr notwendig, Deutschkenntnisse nachzuweisen, wenn das Studium in englischer Sprache abgehalten wird.

Enthalten sind im Gesetzespaket schließlich terminologische Anpassungen an das 2. Erwachsenenschutzgesetz.

Finanzielle Auswirkungen des Gesetzespakets schwer abschätzbar

Die finanziellen Auswirkungen des Fremdenrechtspakets sind den Erläuterungen zufolge schwer abzuschätzen. Das Innenministerium erwartet sich aber in jedem Fall Mehrkosten durch die künftige mögliche Auswertung von Handydaten und die Administration der Bargeld-Abnahme. Je nach Zahl der Asylanträge könnten dafür Aufwendungen von mehr als einer Million Euro anfallen. Im Gegenzug rechnet das Ministerium allerdings mit Einsparungen bei der Grundversorgung durch Aufspüren zusätzlicher Dublin-Fälle.

Finanziell signifikanter wirkt sich die prognostizierte Zunahme der Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht (BvWG) aus. Im Falle von 4.000 zusätzlichen Verfahren könnten gemäß den Erläuterungen 50 zusätzliche Planstellen benötigt werden, darunter 28 RichterInnen. Insgesamt wurde dafür ein Mehraufwand von mehr als 7 Mio. € berechnet. Zudem wird die neue Bestimmung, wonach Beschwerdeverfahren vor dem BvWG in Asylsachen von Gebühren befreit sind, Einnahmeausfälle verursachen.  (Schluss) gs