Parlamentskorrespondenz Nr. 728 vom 19.06.2018

Finanzausschuss beschließt Familienbonus Plus

ÖVP und FPÖ für Jahressteuergesetz, Ausschussbegutachtung über Rücktrittsrecht von Lebensversicherungen

Wien (PK) – Der Finanzausschuss verabschiedete heute den Familienbonus Plus und setzte damit den vorläufigen Schlusspunkt in einer bereits seit Monaten währenden Debatte. Die Maßnahme – sie ist Teil eines so genannten Jahressteuergesetzes – wurde von den Regierungsparteien unterstützt, die darin vor allem eine wesentliche Entlastung für Familien sehen. SPÖ und Liste Pilz hingegen vermissten jegliche Verteilungsgerechtigkeit, sprachen von einer Umverteilung von unten nach oben und lehnten das Gesetz ab. Die NEOS wiederum meldeten europarechtliche Bedenken gegen die parallel mit dem Bonus beschlossene Indexierung aller familienrelevanten Absetzbeträge an.

Auf den Weg ins Plenum schickte der Ausschuss auch eine Reihe von Gesetzen betreffend Investmentfonds und Prospektrecht sowie ein Gesetz über die Errichtung einer Digitalisierungsagentur. Diskutiert wurde zudem der Produktpirateriebericht des Finanzministers. Beim Rücktrittsrecht von Lebensversicherungen einigten sich die Abgeordneten darauf, zunächst Stellungnahmen einzuholen und die Materie am 26. Juni in einer weiteren Ausschusssitzung zu behandeln.  

Familienbonus Plus: ÖVP und FPÖ sehen Entlastung, SPÖ und Liste Pilz vermissen Verteilungsgerechtigkeit

Der Familienbonus Plus ist Teil eines Jahressteuergesetzes (190 d.B), das mit den Stimmen der Regierungsparteien verabschiedet wurde. Ab 1. Jänner 2019 steht demnach ein Absetzbetrag von bis zu 1.500 € pro Kind und Jahr zur Verfügung, wenn ausreichend Einkommensteuer bezahlt wurde. Bei Familien mit Jugendlichen über 18 Jahre beträgt die Entlastung bis zu 500 € im Jahr, und zwar solange  Familienbeihilfe bezogen wird. Um auch geringverdienende AlleinerzieherInnen und AlleinverdienerInnen mit Kindern zu unterstützen, ist eine Steuererstattung (Kindermehrbetrag) von zumindest 250 € pro Kind vorgesehen. Gemäß dem Gesetzentwurf sollen nicht nur der Familienbonus, sondern auch der Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag sowie der Unterhaltsabsetzbetrag indexiert werden, wenn die Kinder ständig in einem anderen EU-Land, im EWR-Raum oder in der Schweiz leben.

950.000 Familien mit insgesamt 1,6 Mio. Kindern werden vom Familienbonus profitieren, freute sich ÖVP-Abgeordneter Peter Weidinger, der in der Maßnahme ebenso wie Finanzministr Hartwig Löger eine Entlastung der Familien und einen wesentlichen Schritt zur Erreichung der von der Regierung angestrebten Senkung der Steuer- und Abgabenquote sieht. Der Familienbonus fördere die Familien und bringe ihnen zusätzliche Kaufkraft, bestätigte auch FPÖ-Mandatar Hermann Brückl.

Gänzlich anders fiel das Urteil hingegen bei SPÖ-Abgeordneter Selma Yildirim aus. Sie kritisierte, hier werde von unten nach oben umverteilt, zumal die Maßnahme an der Steuerleistung ansetze und zahlreiche Kinder überdies mangels eines entsprechenden Einkommens ihrer Eltern überhaupt nicht in den Genuss des Bonus fallen würden. In diese Kerbe schlug auch ihr Fraktionskollege Kai Jan Krainer, wobei er argumentierte, es wäre besser gewesen, einfach den Kinderabsatzbetrag um 1.500 € zu erhöhen. Darüber hinaus bemängelte er, dass der Bonus für behinderte Kinder ab dem 18. Lebensjahr mit 500 € begrenzt werde. Ein Abänderungsantrag der SPÖ auf entsprechende Erhöhung des Kindermehrbetrags fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.

Kritik kam auch von Bruno Rossmann (PILZ). Der Familienbonus begünstige Besserverdiener und widerspreche damit dem Grundsatz, dass jedes Kind gleich viel wert ist. Auch der Budgetsprecher der Liste Pilz ortete eine Umverteilung vom unteren zum oberen Einkommensdrittel und beanstandete überdies ebenso wie SPÖ-Abgeordnete Yildirim die Indexierung von kinderbezogenen Leistungen. Hier hakte NEOS-Mandatar Michael Bernhard ein, der massive europarechtliche Bedenken vorbrachte, zumal der Familienbonus im Gegensatz zur Einschätzung des Finanzministers auf EU-Ebene als Familienbeihilfe angesehen werde.

Das Jahressteuergesetz enthält zudem auch Maßnahmen zur Vereinfachung in der Verwaltung, wie etwa die Abschaffung der Gebühr für Bürgschaftserklärungen, die auch seitens der Opposition auf positives Echo trafen. Die Vereinheitlichung der Versicherungssteuern bei agrarischen Elementarversicherungen wiederum wurde im Gegensatz zu Bruno Rossmann (PILZ) von Nikolaus Berlakovich (ÖVP) und Maximilian Linder (FPÖ) als Ausbau der Katastrophenvorsorge vor dem Hintergrund der sich häufenden extremen Wetterereignisse begrüßt. Umstritten war hingegen die nunmehr eingeführte Möglichkeit eines sogenannten "horizontal monitorings" als begleitende Kontrolle bei Betriebsprüfungen. Während sich Staatssekretär Hubert Fuchs davon vor allem eine zeitnahe Kontrolle sowie die Abstimmung zwischen Betriebsprüfer und Unternehmen erwartete, befürchtete Bruno Rossmann (PILZ) Personalengpässe und vermisste überdies eine Rotation der PrüferInnen. Das notwendige Personal werde durch Umschichtungen freigespielt, auch sei eine Evaluierung geplant, versicherte hingegen der Staatssekretär.

Produktpirateriebericht 2017 – Anstieg bei Medikamentenplagiaten

Der einstimmig zur Kenntnis genommene Produktpirateriebericht 2017 (III-129 d. B.) zeigt, wie Staatssekretär Hubert Fuchs ausführte, einen neuerlichen Anstieg bei den Medikamentenplagiaten. In Summe griff der Zoll 2017 245.712 gefälschte Produkte auf, davon 54.895 Medikamentenplagiate. Die Palette der gefälschten Waren reicht von Kosmetika, Bekleidung, Schuhen und Taschen über Spielzeug, Schmuck, Uhren, Koffer bis hin zu Wein und Spirituosen, Pestiziden, Arzneimitteln und Autoreifen. Der Wert der vom Zoll beschlagnahmten 245.712 Produkte betrug 2017 mehr als 13,7 Mio. € (gemessen am Originalpreis). Als Hauptherkunftsländer der Fälschungen nennt das Finanzministerium China und Indien, wobei Indien über 60% der Aufgriffe zukommen. Mehr als die Hälfte aller vom Zoll beschlagnahmten gefälschten Artikel kommen allerdings aus China. EU-weit führt dies zu jährlichen Einnahmenverlusten von 51,8 Mrd.

Neue Bestimmungen für Investmentfonds, Erleichterungen für Crowdfunding durch neues Prospektrecht

Eines der Gesetzespakete zur Umsetzung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung enthielt ursprünglich drei "datenschutzfremde" Gesetzesnovellen, die nach Kritik der Opposition aus dem Paket herausgenommen wurden. Diese wurden nun im Finanzausschuss diskutiert und mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen. Das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz sowie das Investmentfondsgesetz 2011 sollen damit an europäische Standards angepasst werden (262/A). In der Novelle geht es neben Erleichterungen der kurzfristigen Finanzierung um Sanktionsbefugnisse der Finanzmarktaufsicht (FMA) in Bezug auf den neuen EU-weiten Rechtsrahmen für Geldmarktfonds.

Das Prospektrecht wird harmonisiert und vereinfacht (187 d.B.). Die neuen von den Regierungsparteien beschlossenen Regeln sollen mehr Handlungsspielraum für Crowdfunding und Crowdinvesting ermöglichen. Auf Basis der EU-Prospektverordnung sollen die Prospektvorschriften unionsweit vereinheitlicht werden. Einfacher wird die Abgrenzung von Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) und Kapitalmarktgesetz (KMG). Angebote von Wertpapieren oder Veranlagungen unter 2 Mio. € sollen künftig dem AltFG unterliegen, jene darüber dem KMG. Darüber hinaus werden die Begriffe der beiden Gesetze vereinheitlicht, was laut Andreas Hanger (ÖVP) zu mehr Rechtssicherheit führen soll.

Im Mittelpunkt der Debatte stand die von der Regierung gewählte Anhebung des Schwellenwerts für die Prospektpflicht auf 5 Mio. €. Für die Abgeordneten Doris Margreiter (SPÖ) und Bruno Rossmann (PILZ) ist dieser Grenzwert zu hoch und trägt den Gedanken des Konsumenten – und Anlegerschutzes nicht ausreichend Rechnung. Michael Bernhard (NEOS) hingegen hätte eine Erhöhung auf 8 Mio. € gewünscht. SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim wiederum kritisierte, dass die Gesetze ohne entsprechendes Begutachtungsverfahren beschlossen werden sollen.

Spätrücktritt von Lebensversicherungen wird neu geregelt

Die Rechtsfolgen beim Rücktritt von Lebensversicherungen sollen neu geregelt werden (302/A). Geht es nach dem Antrag der Regierungsparteien, dann soll, wie Ausschussobmann Karlheinz Kopf (ÖVP) erläuterte, ab 2019 bei einem Rücktritt im ersten Jahr die gesamte Prämie einschließlich der Abschlusskosten rückerstattet werden. Ab dem zweiten und bis zum Ende des fünften Jahres wird der Rückkaufswert ohne Abschlusskosten und ohne Stornogebühren ausbezahlt. Ab dem sechsten Jahr schließlich soll nur noch der Rückkaufswert einschließlich der Stornogebühren erstattet werden.

Die Abgeordneten einigten sich darauf, über die Initiative eine Ausschussbegutachtung einzuholen und am 26. Juni in einer weiteren Sitzung des Finanzausschusses die Materie dann neuerlich zu behandeln. Der Antrag wurde daraufhin einstimmig vertagt.

Forschungsförderungsgesellschaft wird um Digitalisierungsagentur erweitert

Bei der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) wird eine Digitalisierungsagentur eingerichtet und somit auch offiziell für den Bereich Digitalisierung zuständig (184 d.B.). Andreas Hanger (ÖVP) und Maximilian Linder (FPÖ) erwarten sich von der neuen Digitalisierungsagentur vor allem eine bessere Koordinierung beim Ausbau des Breitbandes. Ausdrückliche Zustimmung kam auch von Bruno Rossmann (PILZ) und Michael Bernhard (NEOS). Kai Jan Krainer (SPÖ) hingegen wandte ein, der Antrag sei im falschen Ausschuss gelandet. Sein Antrag auf Rückverweisung und Zuweisung an den Wirtschaftsausschuss fand allerdings keine Mehrheit, sodass das Gesetz schließlich mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, NEOS und Liste Pilz verabschiedet wurde. (Fortsetzung Finanzausschuss) hof/gro