Parlamentskorrespondenz Nr. 777 vom 27.06.2018

Verfassungsausschuss beschließt Dienstrechts-Novelle 2018

ÖVP, FPÖ und SPÖ sehen zahlreiche Verbesserungen, NEOS orten "Beamtenprivilegien"

Wien (PK) – Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat in seiner heutigen Sitzung auch die Dienstrechts-Novelle 2018 gebilligt. Das Gesetzespaket, das wieder Dutzende Detailänderungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bringt, wurde mehrheitlich – ohne die Stimmen der NEOS - beschlossen. Die Palette der Neuerungen reicht von einer präziseren Regelung des Geschenkannahmeverbots bis hin zu höheren Zulagen für Einsätze in Krisengebieten. Zudem wird auch Vertragsbediensteten mit der Wiedereingliederungsteilzeit ein schrittweiser Wiedereinstieg ins Berufsleben nach schwerer Krankheit ermöglicht. Die Bestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes werden überdies in das Gehaltsgesetz eingegliedert und gelten damit für alle öffentlich Bediensteten.

Erstmals den Ausschussmitgliedern Rede und Antwort stand der für den öffentlichen Dienst zuständige Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Er begrüßte insbesondere, dass nun alle öffentlich Bediensteten sowie Präsenz- und Zivildiener, die in Ausübung ihres Dienstes durch tätliche Angriffe verletzt wurden, einen Rechtsanspruch auf finanzielle Hilfeleistung haben werden.

Vertragsbediensteten steht künftig Wiedereingliederungsteilzeit offen

Die in der Dienstrechts-Novelle 2018 (196 d.B.) verankerten Regelungen zur Wiedereingliederungsteilzeit sind jenen für die Privatwirtschaft nachgebildet. Sie sollen auch Vertragsbediensteten, vorerst einmal befristet bis 31. Dezember 2019, den schrittweisen Einstieg in den Arbeitsprozess nach einer längeren schweren Krankheit oder einem schweren Unfall ermöglichen. Geldeinbußen, die durch vorübergehende Teilzeitarbeit entstehen, werden durch Leistungen der Sozialversicherung (Wiedereingliederungsgeld) ausgeglichen.

Was die Erhöhung der Zuschläge für Einsätze in Krisengebieten betrifft, wird in den Erläuterungen darauf hingewiesen, dass die geltenden Zulagen nicht mehr dem aktuellen Bedrohungsniveau entsprechen. Für Einsätze wie etwa in Afghanistan oder der Westsahara brauche man aber auch künftig eine ausreichende Zahl  qualifizierter Soldatinnen und Soldaten. In diesem Sinn werden unter anderem die Werteinheiten für verschiedene Bedrohungsszenarien hinaufgesetzt und die einzelnen Bedrohungsszenarien genauer determiniert.

Neu ist darüber hinaus die Eingliederung der Kernbestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes in das Gehaltsgesetz. Die damit verbundene Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten wird damit begründet, dass tätliche Übergriffe auf öffentlich Bedienstete auch abseits von Polizei und Justizwache in den letzten Jahren zugenommen haben, etwa was GerichtsvollzieherInnen betrifft. Unter anderem geht es bei den gewährten Hilfeleistungen um Vorschüsse für erstrittenes Schmerzensgeld, die Übernahme von Heilkosten sowie um Leistungen für Hinterbliebene bei tödlichen Dienstunfällen. Die Bestimmungen sollen in adaptierter Form auch für Zivildiener gelten.

Bezüglich des Verbots der Geschenkannahme durch öffentlich Bedienstete wird das Beamten-Dienstrechtsgesetz (BDG) und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz u.a. um Bestimmungen hinsichtlich der Teilnahme an Veranstaltungen ergänzt, die in einem dienstlichen Zusammenhang stehen. Dadurch soll nicht zuletzt mehr Rechtssicherheit geschaffen werden. Zusätzliche Punkte der Sammelnovelle betreffen eine Anpassung des BDG und weiterer Gesetze an die geänderten Zuständigkeiten der Ministerien, diverse Klarstellungen in Bezug auf den sogenannten Vorbildungsausgleich sowie ergänzende Adaptierungen in Bezug auf das neue Datenschutzregime.

Erstmals ist einer Dienstrechts-Novelle auch eine umfassende Datenschutz-Folgenabschätzung gemäß dem seit 25. Mai geltenden neuen Datenschutzrecht angefügt. Sie betrifft insbesondere neue Bestimmungen im Bundes-Bedienstetenschutzgesetz betreffend die elektronische Übermittlung und Verarbeitung ärztlicher Befunde und Beurteilungen in Zusammenhang mit der Durchführung von Eignungs- und Folgeuntersuchungen öffentlich Bediensteter.

Mitberücksichtigt wurde bei der Abstimmung auch ein im Zuge der Beratungen von den Koalitionsparteien eingebrachter Abänderungsantrag, der unter anderem Übergangsbestimmungen für Personalvertretungsorgane in Bezug auf die Organisationsreform beim Bundesheer enthält. Zudem wird durch Beseitigung eines Redaktionsversehens sichergestellt, dass die Einkommensteuerbefreiung für die nunmehr im Gehaltsgesetz verankerten besonderen Hilfeleistungen auch für Präsenzdiener gilt.

Die jährlichen Kosten für das gesamte vorgelegte Paket werden auf rund 1,3 Mio. € für den Bund sowie ca. 250.000 € für die Sozialversicherungsträger geschätzt.

Viel Lob von ÖVP, FPÖ und SPÖ - NEOS sehen nach wie vor "Beamtenprivilegien"

Dass durch die Einbettung des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes in das Gehaltsgesetz nun alle öffentlich Bediensteten, die in Ausübung ihres Dienstes durch tätliche Angriffe verletzt wurden, einen Rechtsanspruch auf Hilfeleistung und Schadenersatz erhalten, wurde in der Debatte von Wolfgang Gerstl (ÖVP), Werner Herbert (FPÖ) und Muna Dudzar (SPÖ) ausdrücklich begrüßt. ÖVP-Abgeordneter Friedrich Ofenauer hob darüber hinaus auch die Klarstellung betreffend das Verbot der Geschenkannahme als weiteren Schritt zur Korruptionsprävention hervor.

Kritik kam hingegen von den NEOS, deren Verfassungssprecher Nikolaus Scherak zwar einige Verbesserungen, so etwa die Wiedereingliederungsteilzeit für Vertragsbedienstete, ortete, insgesamt aber beanstandete, dass das Dienstrecht immer nur in Bezug auf die vorteilhaften Aspekte an die Privatwirtschaft angepasst werde. Eine grundsätzliche Angleichung der beiden Systeme sei auch diesmal ausgeblieben, gab er zu bedenken und wies beispielsweise auf die nach wie vor bestehende bezahlte Mittagspause im öffentlichen Dienst hin. Irritiert zeigte er sich auch über die Regelung der Schwerarbeiterpension für RichterInnen, die seiner Meinung nach eine Privilegierung bedeutet.

Strache: Novelle reagiert auf die zunehmende Gefährdung von BeamtInnen durch tätliche Angriffe

Auch für Vizekanzler Heinz-Christian Strache stellt die Eingliederung der Bestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes in das Gehaltsgesetz und die damit einhergehende Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten auf alle BeamtInnen sowie Präsenz- und Zivildiener einen der Hauptaspekte der Novelle dar, wobei er in diesem Zusammenhang vor allem an die in letzter Zeit sich häufende Zahl von tätlichen Angriffen auf öffentlich Bedienstete erinnerte. Positiv verbuchte er auch die Verbesserungen beim Einsatzzuschlag für SoldatInnen im Auslandseinsatz als Reaktion auf die verschärften Bedrohungsszenarien beim Dienst in Krisenregionen. Die Wiedereingliederungsteilzeit wiederum soll, wie Strache ankündigte, auf alle öffentlich Bediensteten ausgedehnt werden. Zunächst gelte es aber noch, die diesbezügliche Einschätzung durch den EuGH abzuwarten.

Der Vizekanzler teilte überdies mit, dass bezüglich der Anrechnung der Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst aktuell zwei Verfahren beim EuGH anhängig sind und mit einem Urteil noch in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen sei. Ein mögliches Ergebnis des Verfahrens könnte eine Anrechnung von Vordienstzeiten von bis zu drei Jahren sein, gab er zu bedenken und bezifferte die zusätzlichen Kosten für das Budget in diesem Fall mit einem Rahmen von 600 Mio. € bis 3 Mrd. €.

Von FPÖ-Abgeordneter Susanne Fürst auf die Diskussion über die Arbeitszeit angesprochen, unterstrich Strache, dass der öffentliche Dienst bei den Höchstgrenzen äußerst flexibel sei. So gebe es eine tägliche Arbeitsstundenhöchstgrenze von 13 Stunden, für die Wochendienstzeit sei keine Höchstgrenze vorgesehen. Führungskräfte wiederum seien durch All-inclusive-Regelungen von den Arbeitszeitbeschränkungen ausgenommen. (Fortsetzung Verfassungsausschuss) hof/gs