Parlamentskorrespondenz Nr. 907 vom 03.08.2018

Rat für Forschung und Technologieentwicklung empfiehlt Reformprozess zu FTI-Strategie

Zielerreichung der FTI-Strategie 2020 laut Tätigkeitsbericht des Rates unwahrscheinlich

Wien (PK) – Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung empfiehlt in seinem Tätigkeitsbericht 2017 (III-177 d.B. und III-658-BR) an den Nationalrat, einen klaren politischen Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung des österreichischen FTI-Systems zu legen. Österreich sollte entsprechend seinem Potenzial und der erklärten Zielsetzung der FTI-Strategie zu den führenden Innovationsnationen aufschließen, wird im Bericht eingemahnt. Der Abstand zu den Innovation Leaders liege derzeit aber wieder auf dem Niveau von 2009. Es sei nicht gelungen, in neun Jahren Plätze gutzumachen, geschweige denn in die Gruppe der führenden Innovationsnationen vorzustoßen, wie es die FTI-Strategie vorsieht.

Gerade in Zeiten dramatischer Veränderungen durch den digitalen Wandel sei Wissenschaft, Forschung und Innovation von entscheidender Bedeutung, führt der Rat weiter aus. Neben der Erarbeitung einer FTI-Strategie 2030 und einem Fokus auf die Steigerung der Innovationseffizienz seien jene Baustellen in der wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs zu adressieren, auf die der Rat seit Jahren aufmerksam mache. Als vier zentrale Bereiche werden dabei die FTI-Governance, Hochschulen und Grundlagenforschung, die Forschungsförderung sowie innovative Unternehmensgründungen hervorgehoben. Darüber hinaus verweist der Bericht etwa auch auf die Notwendigkeit europäischer Positionen, um den Wandel aktiv zu gestalten.

Reformprozess zu FTI-Strategie 2030 für FTI-Governance

Da der Zeithorizont der FTI-Strategie 2020 näher rückt und das Ziel, zu den führenden Innovationsnationen vorzustoßen, nicht erreicht werden könne, empfiehlt der Rat für Forschung und Technologieentwicklung die Neukonzeption der strategischen Zielsetzungen der FTI-Politik und die Erarbeitung einer FTI-Strategie 2030. Augenmerk soll hier insbesondere auf die weitere Steigerung der Innovationseffizienz und auf die globalen "Grand Challenges" wie Digitalisierung, Dekarbonisierung und alternde Gesellschaft gelegt werden. So ist aus Sicht des Rates etwa auf höchster politischer Ebene eine "Reformagenda FTI" und die Entwicklung eines übergeordneten nationalen Themenmanagements erforderlich. Als ein zentraler Punkt dabei wird die Ausarbeitung von nachvollziehbaren Heuristiken bei der Themenfindung genannt.

Empfehlungen zur strukturellen Weiterentwicklung der Hochschulen und Grundlagenforschung

Eine strukturelle Weiterentwicklung des Hochschulraumes - etwa mit strategischer Abstimmung der Aufgaben und Funktionen von Universitäten und Fachhochschulen sowie Ausbau des FH-Sektors - empfiehlt der Rat ebenso wie die Einführung eines qualitätsorientierten Studienplatzmanagements. Im Zuge dessen solle auch der Kreis der BezieherInnen von Studienbeihilfe ausgeweitet werden. Auszubauen seien die personellen und infrastrukturellen Ressourcen der Universitäten, zumal die in vielen Studienfächern schlechte Betreuungsrelation laut Bericht einer der Hauptgründe für längere Studiendauer und hoher Drop-out-Quote sei. Eine Steigerung der Qualität wie Quantität des Forschungsoutputs sei auch mit einer signifikant erhöhten Finanzierungsgrundlage zu gewährleisten.

Beim Thema Datenschutz plädiert der Rat dafür, sämtliche Öffnungsklauseln für wissenschaftliche Forschungszwecke zu nutzen und keine über die DSGVO hinausgehenden Hürden aufzubauen. Hinsichtlich Digitalisierung empfiehlt er den raschen Aufbau digitaler Infrastrukturen samt Implementierung digitaler Technologien sowie die Maßnahmen der Digital Roadmap Austria mit Nachdruck umzusetzen. Nicht zuletzt sollten aus Sicht des Rats laut seinen wiederholten Empfehlungen bis 2020 zwei Prozent des BIP für den tertiären Bildungsbereich zur Verfügung stehen.

Effizienz und Effektivität für die Forschungsförderung, Optimierung der Rahmenbedingungen für innovative Jungunternehmen

Im Hinblick auf die Forschungsförderung spricht sich der Rat für eine Steigerung der Effizienz und Effektivität aus. Dazu seien unter Einbindung relevanter Stakeholder Reformen erforderlich, um überlappende Mehrfachstrukturen, Überregulierung, Zersplitterungen, unklare Zuständigkeiten und ein komplexes, nicht harmonisiertes Regelwerk für einzelne Instrumente konsequent zu beseitigen. Neben einer Verbesserung des Zugangs zu und der wissenschaftlichen Nutzung von Daten der Bundesstatistik geht es dem Rat etwa auch um eine deutliche Erhöhung der kompetitiv vergebenen Mittel zur Förderung der Grundlagenforschung (FWF) auf das Niveau führender Länder, sowie um eine ebenso deutlich höhere Dotierung der angewandten F&E-Förderung. Zu den Empfehlungen des Rats zählen außerdem eine Fokussierung auf Maßnahmen zur Erhöhung des privaten Anteils der F&E-Finanzierung sowie die Attraktivierung der indirekten Forschungsförderung für Jungunternehmen.

Im Zusammenhang mit innovativen Unternehmensgründungen sollten aus Sicht des Rats die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen optimiert werden. Das umfasse etwa einen leichteren Zugang zum Förderpaket, eine Steuerentlastung für GründerInnen samt Unterstützung durch die Sozialversicherung im Lohnbereich, sowie die Entwicklung neuer Finanzierungsmöglichkeiten für innovative Jungunternehmen und KMU.

Europäische Positionen für den digitalen Wandel

Enthalten sind in dem Bericht neben den umfassenden Empfehlungen und Stellungnahmen des Rats im Jahr 2017 auch Entwicklungen und Untersuchungen in diesem Bereich. Um den digitalen Wandel aktiv zu gestalten, seien außerdem dringend europäische Positionen gefordert, etwa ein proaktiver Gestaltungswille für eine wettbewerbsstarke Wissensgesellschaft und Wissensökonomie hinsichtlich Arbeit und Tätigkeitsformen. Im Hinblick auf den globalen Wettbewerb der Wirtschaftsräume seien Forschung, Innovation und industrielle Produktion zu geopolitisch strategischen Faktoren geworden. Zu forcieren sei demnach auch eine aktive europäische Industriepolitik, etwa mit Übernahmeschutzstrategien sowie mit Umsetzung von effektiven Initiativen zur Investitionsstimulierung. (Schluss) mbu