Parlamentskorrespondenz Nr. 1062 vom 09.10.2018

Cybersicherheit: EU-Kompetenzzentrum gegen Bedrohungen im Netz geplant

EU-Ausschuss drängt auf mehr Sicherheit in der virtuellen Welt

Wien (PK) – Ein Europäisches Kompetenzzentrum für Cybersicherheit regte die Europäische Kommission jüngst beim Europäischen Rat in Salzburg an. Forschung, Industrie und öffentlicher Sektor sollen in dieser neuen Einrichtung gemeinsam an der Abwehr von Bedrohungen im Cyberspace arbeiten, unterstützt von nationalen Koordinierungsstellen in den Mitgliedsländern, so der Kommissionsplan. Gleichzeitig erhofft sich die Union dadurch, autonomer in Hinblick auf IT-Sicherheitsprodukte zu werden. Derzeit sei die EU in diesem Bereich nämlich noch weitgehend von nichteuropäischen Anbietern abhängig, zeigt die Kommission in ihrem Verordnungsentwurf auf.

Einen besseren Schutz der Union vor Cyberattacken fordert auch der EU-Ausschuss des Bundesrats. Einig waren die BundesrätInnen allerdings mit den Vertreterinnen des Bundeskanzleramts, die nationale Koordinationsstelle für Cybersicherheit müsse Behördenstatus haben und das neu geschaffene Kompetenzzentrum brauche ein klares Mandat, ohne Doppelgleisigkeiten mit anderen EU-Stellen. Auch die Finanzierung der künftigen Abwehrstelle gegen Cyberkriminaltität gelte es, unbedingt klarzustellen, betonte Ausschussobmann Christian Buchmann (ÖVP/St) im Einklang mit Georg Schuster (FPÖ/W), der ungeachtet dessen den "EU-weiten Schulterschluss" im effektiven Vorgehen gegen Cybercrime begrüßte.

Digitalisierung fördert auch Cyberkriminalität

Die digitale Revolution macht vor kaum einem Lebens- oder Wirtschaftsbereich mehr Halt. Folglich gebe es auch immer mehr Gefahren im Windschatten der Digitalisierung, so die EU-Kommission in ihrem Verordnungsentwurf zum Kompetenzzentrum für Cybersicherheit. Dementsprechend müsse man sowohl die zivile Infrastruktur als auch die militärischen Kapazitäten besser durch digitale Sicherheitssysteme schützen bzw. die Reaktionsfähigkeit auf Bedrohungen im Internet steigern. Gemeinsam mit der bestehenden EU-Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) soll das Kompetenzzentrum nach Ansicht der Kommission die EU-Kompetenzen in diesem Bereich ausbauen, wobei man mithilfe des Kompetenzzentrums besonders auf eine Ausweitung der öffentlich-privaten Partnerschaft für Cybersicherheit (cPPP) setzt. Anders als von Bundesrat Martin Preineder (ÖVP/N) angedacht, werde das Zentrum nicht virtuell, sondern in Brüssel verortet sein, führte eine Expertin aus dem Bundeskanzleramt aus.

Sicherheit im Cyberspace als Wirtschaftsfaktor

Die öffentlich-private Cybersicherheitspartnerschaft wurde 2016 mit dem Ziel gegründet, Käufer von Cybersicherheitsprodukten und -lösungen, darunter öffentliche Verwaltungen sowie kritische Sektoren (Verkehr, Gesundheit, Energie, Finanzen) und die Forschung zusammenzubringen. Das Kompetenzzentrum soll künftig als Plattform für cPPP dienen, um die Voraussetzung für freiwillige Koinvestitionen zu schaffen. Konkret will Brüssel im Kompetenzzentrum das europaweit in vielen IT-Organisationen verstreute Fachwissen sammeln und in marktfähige Produkte überführt wissen, sodass die Union die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich der Cybersicherheit eigenständig abdecken kann.

Weltweit habe der Cybersicherheitsmarkt derzeit ein Volumen von rund 600 Mrd. €, rechnet die Kommission vor, in den nächsten fünf Jahren erwarte man bei Unternehmen und Beschäftigten in diesem Geschäftsfeld eine Steigerung um durchschnittlich 17%. Angesichts dessen sei man bestrebt, Europa bis 2025 zum Vorreiter in Sachen Cybersicherheit zu machen, zitiert der Richtlinienentwurf aus einer gemeinsamen Stellungnahme der EU-Staats- und Regierungschefs. Bundesrat Hubert Koller (SPÖ/St) lobte vor diesem Hintergrund die Kommissionsinitiative als "vertrauensschaffende Maßnahme für den Binnenmarkt".

Als Verbindungsglied von Wissenschaft und Wirtschaft würde das Kompetenzzentrum die Mitgliedstaaten und andere relevante Akteure durch Beratung, Bereitstellung von Fachwissen und Erleichterung der Zusammenarbeit bei Projekten und Maßnahmen unterstützen. Weiters ist angedacht, dass das Zentrum künftig die Durchführung der "Digital Europe"-Programme und des Forschungsprogramms "Horizont Europa" übernimmt. Zur Finanzierung des Projekts heißt es aus dem Bundeskanzleramt, sowohl die Union als auch ihre Mitgliedstaaten würden Mittel beisteuern, die Höhe der nationalen Beiträge sei aber noch unklar. Viele EU-Länder stünden dem Ansinnen der Kommission, die nationale Beitragshöhe an jene für die Programme "Horizont Europa" und "Digital Europe" anzupassen, derzeit skeptisch gegenüber, da die budgetäre Ausstattung dieser Programme noch nicht ausverhandelt sei. Als nächsten Schritt in den Verhandlungen plane die österreichische Ratspräsidentschaft, zunächst strukturelle Fragen zum Aufbau des Zentrums abzuklären, um Doppelgleisigkeiten mit anderen EU-Agenturen zu vermeiden. Demnächst seien deswegen Gespräche mit der "European Defence Agency" angesetzt. (Schluss EU-Ausschuss) rei


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