Parlamentskorrespondenz Nr. 1115 vom 17.10.2018

Rechnungshof kritisiert hohe Bezüge der Vorstände in Bauvereinigungen

Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz soll novelliert werden; Wohnungsvergabepraktiken sollen transparenter werden

Wien (PK) – Nicht nur dass die Bezüge mancher Top-Führungskräfte in Wohnbauvereinigungen über der gesetzlich geregelten Bezugsobergrenze liegen – die Bezugsobergrenze selbst wurde in Rechnungshofberichten und heute auch im Rechnungshofausschuss kritisiert. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck kündigte im Ausschuss eine Novellierung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes im ersten Halbjahr 2019 an, was von Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker begrüßte wurde. Auch die Vergabepraxis von Wohnungen und der nachträgliche Verkauf an die Mieter wird nach den Empfehlungen des Rechnungshofs gestrafft. Als Auskunftspersonen waren im Ausschuss der GESIBA-Vorstand Klaus Baringer aus Wien und der GEDESAG-Vorstand Alfred Graf aus Krems.

GESIBA: Rechnungshof hinterfragt Personalaufwand und Praxis bei Vormerkungen

Den Abgeordneten lag ein Prüfbericht (III-68 d.B.) des Rechnungshofs über die Gebarung der im Eigentum der Stadt Wien befindlichen gemeinnützigen Bauvereinigung GESIBA vor, wobei sich der Prüfzeitraum von November 2015 bis Februar 2016 erstreckte. Darin wird etwa festgestellt, dass die GESIBA die ihr nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz offenstehenden Möglichkeiten zur Erreichung von Jahresüberschüssen weitgehend ausschöpfte, sodass der Rechnungshof eine Weitergabe der Gewinne auch an die MieterInnen empfahl. Was den Personalaufwand betrifft, heißt es im Bericht, einzelne zusätzliche Leistungen an die MitarbeiterInnen wären im Sinn der gebotenen Sparsamkeit kritisch zu hinterfragen, so etwa Überstundenpauschale, Leistungsprämien, aber auch insgesamt die Höhe der Monatsbezüge und Pensionen von Vorstandsmitgliedern. Bei der Wohnungsvergabe beanstandet der Bericht, dass sich Personen ohne dringenden Wohnbedarf vormerken lassen konnten, um im Fall eines späteren Wohnbedarfs ohne oder mit stark reduzierten Wartezeiten eine Wohnung zu erhalten.

Vor allem am Kritikpunkt der Bezüge stießen sich die Ausschussmitglieder. Laut dem Prüfbericht lag der Monatsbezug eines Vorstandsmitglieds der GESIBA im Jahr 2014 12,7 Prozent über der monatlichen Bezugsobergrenze des § 26 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG). Der Betroffene hatte in einem Jahr mehr als das Doppelte des Jahresbezugs eines Sektionsleiters im Bundesdienst und sogar um 25 Prozent mehr als der höchstmögliche Jahresbezug des Wiener Bürgermeisters. Kritisiert wurde, dass die Top-Führungskräfte hohe Überstundenpauschalen ausbezahlt bekommen, Leistungsprämien erhielten und auf hohe Abfertigungen hoffen konnten, wenn sie das Unternehmen verließen.

Irmgard Griss regte All-in-Verträge an

Als Auskunftsperson stand GESIBA-Vorstand Klaus Baringer dem Ausschuss zur Verfügung. Die Ausschussvorsitzende Irmgard Griss (NEOS) regte an, die Gehaltssituation bei den Top-Führungskräften mit "All-in-Verträgen" zu lösen. Wolfgang Zinggl von der Liste Pilz wollte von Baringer wissen, wie viel er verdiene. Auch Peter Gerstner (FPÖ) stieß sich an der Höhe von kolportierten Bezügen der GESIBA-Vorstände. In einer Tageszeitung war eine astronomische Summe kolportiert worden. Dagegen sei aber er, Baringer, mit Klage vorgegangen. Nach einem Vergleich mit der Zeitung erhielt Baringer die Möglichkeit, eine Richtigstellung zu veröffentlichen. Noch einmal von Zinggl und Gerstner angesprochen auf die Höhe seiner Bezüge pro Jahr, verweigerte Baringer die Aussage. Er wolle "auf einen Einkommensstriptease verzichten". Baringer wies darauf hin, dass er für ein Unternehmen verantwortlich sei, das über mehr als zwei Milliarden Konzernvermögen verfüge und das 28.000 Wohnungen verwalte.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck räumte ein, die Bezugsobergrenze des § 26 WGG sei veraltet. Auch Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker betonte, "der § 26 stützt sich noch auf das Dienstklassensystem, das 1994 durch ein – damals – neues Gehaltssystem ersetzt worden ist". Schramböck erklärte, sie würde sich dafür einsetzen, dass diese Bestimmung abgeändert werde. "Ob wir zu einer Lösung mit All-in-Verträgen kommen, kann ich aber noch nicht sagen." Sie kündigte Übergangsmaßnahmen bis zum Inkrafttreten der geplanten Novelle an, unter anderem eine Deckelung der Überstundenpauschale.

Gewinne nicht an Mieter weitergegeben

Zur Kritik des Rechnungshofs wonach Gewinne der GESIBA nicht an die Mieter weitergegeben würden, wollte auch SPÖ-Abgeordnete Ruth Becher wissen, warum es nicht möglich sei, die Betriebskosten für die Wohnungen zu senken. In dieselbe Kerbe schlug ÖVP-Abgeordneter Johann Singer. GESIBA-Vorstand Klaus Baringer betonte, der durchschnittliche Mietpreis in GESIBA-Wohnungen betrage 6,50 Euro brutto pro Quadratmeter. Das sei sehr wenig und darin seien 1,80 Euro Betriebskosten enthalten. Die GESIBA vermiete nicht Wohnungen ausschließlich an Notleidende, sondern "bis in den breiten Mittelstand". Es gehe darum, leistbares, aber anspruchsvolles Wohnen zu ermöglichen. Die Gewinne sollten laut Baringer denjenigen zugutekommen, die auf der Suche nach solchen Wohngelegenheiten seien, nicht jenen, die bereits eine Wohnung haben.

Auch in der Vergabepraxis hatte der Rechnungshof Kritikpunkte gefunden, etwa dass keine Richtlinien in schriftlicher Form vorlagen, nach denen Wohnungssuchende bevorzugt werden. In Einzelfällen waren Ansuchen bei "besonderem sozialen Hintergrund" vorgereiht worden. Das war beispielsweise bei WohnungswerberInnen mit besonderen körperlichen oder geistigen Bedürfnissen der Fall. Entscheidungsgründe sind laut Rechnungshof nicht dokumentiert worden. Überdies seien Wohnungen nicht im Sinne des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes an "dringend Wohnungssuchende" vergeben worden, sondern etwa in einem Fall an eine Immobilienverwaltungsgesellschaft.

GESIBA-Vorstand Baringer entgegnete, bei einem Fall frei finanzierter Wohnungen im Jahr 2011 seien drei Wohnungen demselben Werber übertragen worden. Die GESIBA selbst sei 2013 dahintergekommen. Daraufhin habe das Unternehmen mit einer schriftlichen Weisung reagiert. Der Rechnungshof habe weitere Schutzmaßnahmen verlangt. Auch diese würden berücksichtigt.

Kritik an Wohnungsverkäufen an Mieter

Der Rechnungshof hatte in einem weiteren Bericht (III-66 d.B.) die Praxis bei Wohnungsverkäufen durch gemeinnützige Bauvereinigungen überprüft. Konkret wurden Wohnungsverkäufe der Kremser GEDESAG, der Linzer GWG und der VOGEWOSI aus Dornbirn sowie der GWSG aus Wien unter die Lupe genommen. Sämtliche Bauvereinigungen hatten Fixpreise für die Übertragung des Wohnungseigentums vereinbart, was nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) zulässig ist. Dadurch konnten sie einen Pauschalsatz für die Risikoabgeltung in der Höhe von drei Prozent der Herstellungskosten verlangen. Der Rechnungshof empfiehlt in solchen Fällen, eine eventuelle Kostenreduktion an die KäuferInnen weiterzugeben und die Fixpreise zu reduzieren. Die Linzer GWG reduzierte die Fixpreise jedoch nicht.

Die GWSG hatte 2015/16 eine Wohnhausanlage in Wien 22 für Angestellte der Wiener Stadtwerke errichtet. Nachdem die Nachfrage gering war, sollten die Wohnungen an InteressentInnen zu Vorsorgezwecken und institutionelle Anleger vergeben werden. Das widersprach § 8 WGG. Daher verlangte die GWSG eine Bestätigung der KäuferInnen, dass es sich um keinen Kauf zur Vorsorge handelte. Der Rechnungshof kritisierte, dass die KäuferInnen die Wohnungen dennoch zweckwidrig erwerben könnten, indem sie sie weitervermieteten.

Für den nachträglichen Erwerb einer Wohnung durch die WohnungsbesitzerInnen nach 10 bis 15 Jahren gibt es bei den vier überprüften Bauvereinigungen zwei Möglichkeiten: Entweder sie berechnen einen Fixpreis im Vorhinein, ausgehend vom Substanzwert und unter Bedachtnahme auf den Verkehrswert zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Fixpreises; oder ausgehend von § 15a WGG unter Bedachtnahme auf eine Absetzung für Abschreibung und für eine Wertsicherung. Die GWSG hatte keine nachträglichen Verkäufe vorgenommen. Die anderen drei Bauvereinigungen hatten den zweiten Ansatz gewählt. Für diesen fehlen jedoch nähere Bestimmungen zur Wertsicherung, was zur uneinheitlichen Anwendung führt. Die VOGEWOSI sah die Wertsicherung gar nicht vor, die GEDESAG und der GWG nur in eingeschränktem Ausmaß. Die GWG aus Linz und die VOGEWOSI aus Dornbirn vereinbarten lediglich die Abgeltung der noch offenen Eigenmittel und die Übernahme aushaftender Verbindlichkeiten durch die KäuferInnen. Das führte laut Rechnungshof zu Mindereinnahmen der Bauvereinigungen.

In Bezug auf die Abgeltung ihrer technischen Eigenleistungen berechneten die Bauvereinigungen durchgehend Pauschalhonorare. Nach der Entgeltrichtlinienverodnung dürfen diese jedoch nicht höher sein als vergleichbare Sätze entsprechender Fachleute. Während die Linzer GWG für ihre Planungsarbeit einen "Gemeinnützigkeitsabschlag" von zehn Prozent gewährte, gewährten die von ihr beauftragten externen PlanerInnen Preisnachlässe von 15 bis 20 Prozent. Die Dornbirner VOGEWOSI wiederum verrechnete ihre Planungsleistung auf Basis deutlich geringerer Honorarsätze. Und die Kremser GEDESAG verrechnete Honorare für Planungsarbeiten um 13 bis 25 Prozent unterhalb des Satzes, der aufgrund der Honorarordnung für Architekten vorgesehen gewesen wäre.

Wohnungen Mietern günstig verkaufen, aber nicht Vermögen verschleudern

Auskunftsperson GEDESAG-Vorstand Alfred Graf berichtete, sein Unternehmen verwalte 10.500 selbst errichtete Wohnungen, 5.500 davon seien vermietet, bei 5.000 handelte es sich um Eigentumswohnungen. Er hob hervor, dass die Wohnbauvereinigungen vor allem beim nachträglichen Verkauf von Wohnungen zwischen Buchwert und Verkehrswert liegen sollten. "Unsere Wohnungspreise belaufen sich bei der nachträglichen Eigentumsbildung um fünf bis zehn Prozent unter dem Verkehrswert, sind also sehr günstig", sagte Graf. Wirtschaftsministerin Schramböck erklärte, es sei wichtig, dass "einerseits die Mieterinnen und Mieter ihre Wohnungen günstig erwerben können und andererseits die Bauvereinigungen ihr Vermögen nicht verschleudern". Für Rechnungshofpräsidentin Kraker ist "die Orientierung am Verkehrswert zulässig".

SPÖ-Abgeordneter Reinhold Einwallner unterstrich die Kritik des Rechnungshofs, wonach die Begriffe zur Errechnung der Wohnungspreise nicht ausreichend definiert sind. Ausschussvorsitzende Irmgard Griss (NEOS) wollte den vom Rechnungshof festgestellten Mangel an objektiven Gesichtspunkten für die Wohnungsvergabe betont wissen. SPÖ-Abgeordnete Doris Margreiter erinnerte an das Regierungsvorhaben, den Mietkauf zu forcieren und wollte wissen, wie Wirtschaftsministerin Schramböck das zu erreichen beabsichtige. FPÖ-Abgeordneter Wolfgang Zanger hob hervor, es müsse verhindert werden, dass Wohnbauvereinigungsvermögen verschleudert werde. Wirtschaftsministerin Schramböck sagte, sie habe auch in diesem Prüfungsfall Änderungsbedarf am WGG erkannt. Sie kündigte an, das WGG insgesamt (nicht nur den oben angesprochenen § 26) im ersten Halbjahr 2019 zu novellieren. "Ob alle Änderungen gleich in einem Schritt vollzogen werden können, kann ich noch nicht beurteilen", sagte die Ministerin.

Wohnbauvereinigungen: Rechnungshof kritisiert unangemessene Gehälter und Pensionen für Führungskräfte

Nur als "bedingt angemessen" beurteilte der Rechnungshof in einem weiteren Prüfbericht (III-67 d.B.)   die Bezüge der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer in vier gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen, der GEDESAG aus Krems, der GWG aus Linz, der GWSG aus Wien und der VOGEWOSI aus Dornbirn. Kritisiert wurde vor allem, dass Überstundenpauschalen gewährt wurden statt fixer Verwendungszulagen, dass die Wertanpassung per Kollektivvertrag geregelt wurde und dass in einzelnen Verträgen bis zu 17 Monatsgehältern vereinbart waren. Damit wurde die in § 26 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz festgelegte monatliche Bezugsgrenze bei vier aktiven geschäftsführenden Leitungsorganen überschritten. Die vertraglichen Regelungen seien sehr unterschiedlich gehalten, sie wichen auch teilweise von den Bestimmungen der Vertragsschablonenverordnung des Bundes ab. Überdies hätten die Führungskräfte zusätzliche Vergünstigungen erhalten, wie etwa höhere Abfertigungen, Jubiläumsgelder, höhere Urlaubsansprüche, automatische Bezugsanpassungen, Bilanzgelder, Tantiemen oder Prämien. Auch bei den Pensionen früherer leitender Angestellter fand der Rechnungshof Kritikpunkte. Ein ehemaliger Geschäftsführer der Linzer GWG erhält 80 Prozent vom Letztbezug als Geschäftsführer – für eine Tätigkeit von sechs Jahren und vier Monaten. Das steht laut Rechnungshof in keinem Verhältnis zueinander. Einzeln vereinbarte betriebliche Pensionen belasten die GWG, die GEDESAG und die VOGEWOSI.

In der Debatte teilte Alfred Graf auf Fragen des Abgeordneten Wolfgang Zinggl (PILZ) mit, dass er als Vorstandsmitglied der GEDESAG 17 Monatsgehälter bezieht und jährlich 215.000 € verdient. Die drei zusätzlichen Gehälter seien allerdings an die Erfüllung gewisser Leistungsparameter gebunden. Zusatzvergütungen, nach denen sich FPÖ-Mandatar Christian Lausch erkundigte, würden keine anfallen. Was allfällige Nebentätigkeiten betrifft, seien diese in der Urlaubszeit auszuüben.

Die nun notwendig gewordenen Neubestellungen werden ausgeschrieben, wobei, wie Graf den Abgeordneten Irmgard Griss (NEOS), Doris Margreiter (SPÖ) und Hermann Gahr (ÖVP) versicherte, die neu beginnenden Verträge in Anlehnung an die Bundesvertragsschablonenverordnung ausgearbeitet werden.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck kündigte eine Neuregelung des Bezügerechts an, bei der je nach Größe der Gesellschaft unterschiedliche Obergrenzen festgelegt werden. Sie sprach sich dabei für eine Einbindung der Länder aus, betonte aber gegenüber SPÖ-Mandatar Reinhold Einwallner, dass es für die Normierung der Obergrenzen keine Zustimmung der Länder brauche.

Rechnungshofpräsidentin Margrit Kraker bekräftigte ihrerseits die Empfehlung des Rechnungshofs betreffend Aufnahme von konkreten Kriterien zur Staffelung der Höchstgrenzen der Bezüge sowohl im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz als auch in der Gebarungsrichtlinienverordnung.

Alle drei Berichte wurden schließlich einstimmig zur Kenntnis geworden. (Schluss) gbr/hof


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