Parlamentskorrespondenz Nr. 1261 vom 13.11.2018

Neu im Familienausschuss

Bund-Länder-Vereinbarung über quantitativen und qualitativen Ausbau der Elementarpädagogik

Wien (PK) – Durch den Abschluss einer 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Elementarpädagogik ist die Finanzierung für die nächsten vier Kindergartenjahre gesichert (331 d.B.). Im konkreten stellt der Bund bis 2021/22 jährlich Mittel in der Höhe von 142,5 Mio. € zur Verfügung, von Seiten der Länder kommen rund 38 Mio. € pro Jahr.

Damit sollen Maßnahmen umgesetzt werden, die schwerpunktmäßig folgende Ziele zum Inhalt haben: Ausbau des Kinderbildungs- und –betreuungsangebots vor allem für die unter Dreijährigen, Intensivierung der frühen sprachlichen Förderung ab vier Jahren, Verbesserung der Qualität im Hinblick auf den Betreuungsschlüssel und die Öffnungszeiten, Weiterentwicklung der einheitlichen Qualifikation der Tagesmütter und –väter, Beibehaltung des kostenlosen und verpflichtenden letzten Kindergartenjahres vor Schuleintritt, verbindliche Vermittlung der Grundwerte inklusive eines Kopftuchverbots in Kindergärten sowie bundesweit einheitliche Qualifikation der Fachkräfte.

Durch diesen Vertrag, der rückwirkend per 1. September 2018 in Kraft tritt, werden die bisherigen drei 15a-Vereinbarungen (betreffend Sprachförderung, Ausbau des institutionellen Angebots, Gratiskindergartenjahr) zusammengeführt.

Barcelona-Ziel von 33% bei den unter Dreijährigen soll erreicht werden

Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu stärken, soll der Schwerpunkt der Bemühungen auf den Ausbau von elementaren Bildungsangeboten für Kleinkinder, die Verlängerung der Öffnungszeiten sowie die Ergänzung durch flexible Angebote von Tagesmüttern und -vätern gelegt werden, heißt es im Vertrag. Während bei der Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen bereits 2009 das Barcelona-Ziel von 90% erreicht wurde und sich die österreichweite Betreuungsquote bei rund 95% stabilisiert hat, wurde die Vorgabe von 33% bei unter Dreijährigen (33%) noch nicht geschafft. Aktuell fehlen rund 5% oder ca. 11.500 Plätze zur Zielerreichung.

Auch hinsichtlich der Öffnungszeiten gelte es, diese Altersgruppe in den Fokus zu nehmen, ist den Erläuterungen zu entnehmen. So seien elementare Bildungseinrichtungen zwar flächendeckend vorhanden, aber nur weniger als die Hälfte der betreuten Kinder (43,6%) besuchten Einrichtungen, deren Öffnungszeiten mit einer Vollbeschäftigung ihrer Eltern vereinbar seien. Die Träger sind auch dazu aufgefordert, flexible und abgestufte Betreuungszeitmodelle (z.B. 6h, 8h oder 10h täglich) zu entwickeln sowie altersübergreifende Gruppen anzubieten, um den Bedürfnissen der Eltern besser entgegenzukommen. Ein weiterer Schwerpunkt der Vereinbarung liegt in der quantitativen und qualitativen Förderung von Tageselternangeboten. Im konkreten werden etwa die Ausbildungskosten nach dem Gütesiegel des BKA oder diverse Investitionskosten übernommen. Außerdem soll im Sinne einer besseren sozialrechtlichen Absicherung die Anstellung von Tagesmüttern und –vätern forciert werden.

Die 15a-Vereinbarung ist wirkungsorientiert gestaltet, sie formuliert gewisse Zielzustände, die durch die Länder durch Einsatz der Zuschüsse erreicht werden sollen. Die Länder werden in ihrer Zielerreichung durch ein Monitoring des Bundes und Controllingstrukturen begleitet und unterstützt. 

Intensive Sprachförderung für besseren Start in das Schulleben

Laut Kindertagesheimstatistik 2017/18 haben etwa 31,8% der Kinder in elementaren Bildungseinrichtungen eine andere Erstsprache als Deutsch. Das primäre Ziel der Sprachförderung ist es daher, dass Kinder bereits bei Schuleintritt jene Sprachkompetenzen aufweisen, die sie brauchen, um dem Unterricht folgen zu können, lautet ein weiteres Ziel der Vereinbarung. Da 96% der Vierjährigen bereits eine elementare Bildungseinrichtung besuchen, müsse eine intensive Sprachförderung bereits in diesem Alter beginnen. Die Feststellung des Förderbedarfs soll durch Fachkräfte anhand eines standardisierten Beobachtungsbogens für Deutsch als Erstsprache und Deutsch als Zweitsprache erfolgen. Für das dafür eingesetzte Personal ist das C1-Sprachniveau in Deutsch verpflichtend vorgesehen.

Außerdem ist der Einsatz von österreichweit einheitlichen Instrumenten zur Feststellung des Sprachstandes vorgesehen. Durch die stärkere Verzahnung elementarpädagogischer Einrichtungen mit dem Schulwesen erwartet man sich eine nachhaltige Reduktion der Anzahl an außerordentlichen SchülerInnen in der ersten Schulstufe.

Vereinbarung bringt Kopftuchverbot in Kindergärten  

"Um die bestmögliche Entwicklung und Entfaltung aller Kinder sicherzustellen, ist in elementaren Bildungseinrichtungen Kindern das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung zu verbieten, die mit der Verhüllung des Hauptes verbunden ist", heißt es im Artikel 3 der Vereinbarung. Begründet wird diese Maßnahme auch damit, dass sie der sozialen Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten, der Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Bundesverfassung sowie der Gleichstellung von Mann und Frau dient. Die Länder verpflichten sich, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten entsprechende Maßnahmen zu setzen, um Verstöße gegen ein solches Verbot gegenüber den Erziehungsberechtigten zu sanktionieren.

In den Erläuterungen wird noch einmal betont, dass Integration als beidseitiger Prozess gesehen wird, der auch eine Mitwirkung der jeweiligen Zielgruppe bedingt. Das Tragen des islamischen Kopftuches von Kindern in elementaren Bildungseinrichtungen könne zu einer frühzeitigen geschlechtlichen Segregation führen, welche mit den österreichischen Grundwerten und gesellschaftlichen Normen nicht vereinbar sei. Das Verbot des Tragens weltanschaulicher und religiös geprägter Bekleidung beziehe sich lediglich auf Bekleidung, welche das gesamte Haupthaar oder große Teile dessen verhüllt. In Umsetzung dessen sollen geeignete Maßnahmen im Falle eines negativen Integrationsbemühens zur Anwendung kommen, wobei verwaltungsstrafrechtliche Bestimmungen als ultima ratio anzustreben sind. Der Werte- und Orientierungsleitfaden biete dabei eine Anleitung für den Umgang mit diesen Fragen in den elementaren Bildungseinrichtungen.

Schließlich wird noch ins Treffen geführt, dass Grundrechtseingriffe zulässig seien, wenn sie ein legitimes Ziel verfolgen. Zu diesen zählen unter anderem der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Gesundheit und der Moral. Als wesentliche Grundwerte von Bildungseinrichtungen sind in der Bundesverfassung (Art. 14 Abs. 5a B-VG) Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und Gerechtigkeit sowie Offenheit und Toleranz gegenüber den Menschen festgeschrieben. (Schluss) sue