Parlamentskorrespondenz Nr. 1263 vom 13.11.2018

Gesundheitsausschuss einig bei Tierschutz, uneins bei Rauchverbot

Zoofachhandlungen sollen Hunde und Katzen nicht mehr halten dürfen - Don´t Smoke-Initiative bleibt weiterhin Streitthema

Wien (PK) – Dem Zurschaustellen von Hunden und Katzen zu Verkaufszwecken will die Politik endgültig einen Riegel vorschieben. Im Gesundheitsausschuss des Nationalrats befürworteten alle Fraktionen eine Novellierung des Tierschutzgesetzes, wonach Zoofachhandlungen untersagt wird, die Tiere zu Verkaufszwecken im Geschäft zu halten. Die SPÖ ortet allerdings Umgehungsmöglichkeiten des Verbots im Gesetzestext und verweigerte daher vorerst die Annahme des Antrags der Regierungsparteien. Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein versicherte daraufhin, alle Gesetzeslücken zu bereinigen. "Das Leiden der Tiere, im abgeschlossenen Raum als Ware leben zu müssen, wird abgeschafft", unterstrich sie.

Wenig Einigkeit zwischen Regierungsparteien und Opposition gibt es hingegen in Sachen Rauchverbot. Von ÖVP und FPÖ vertagt wurden ein gemeinsamer Antrag von SPÖ, NEOS und Liste Pilz auf allgemeines Rauchverbot in der Gastronomie sowie die Don't Smoke-Petition; eine von den Oppositionsparteien angeregte Volksabstimmung zu dem Thema ist dadurch vorerst aufgeschoben. Weitere, großteils ebenfalls vertagte, Forderungen der Opposition betrafen den Schutz vor Gentechnik in der Pflanzenzüchtung, die Finanzierung des Gesundheitssystems, Wahlfreiheit bei den Krankenkassen, die Transparenz der Dienstpläne von Ärztinnen und Ärzten sowie ein neues medizinisches Berufsbild namens "Operationstechnische AssistentInnen".

Verbot von Hund und Katz im Zoogeschäft soll 2019 kommen

Auf breite Zustimmung im Ausschuss stieß der Initiativantrag (402/A) von ÖVP und FPÖ, mit einer Änderung des Tierschutzgesetzes ab Anfang 2019 die Haltung von Hunden und Katzen in Zoofachhandlungen zu verbieten. Stattdessen können zum Verkauf angebotene Tiere künftig in Pflegestellen untergebracht werden. "Tierschutz hat keine politische Farbe", würdigte Josef Riemer (FPÖ) den Beschluss ebenso als wichtige Maßnahme im Zeichen des Tierschutzes wie Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ), die im Vorfeld selbst einen fast gleichlautenden Antrag eingebracht hatte, sowie Martina Diesner-Wais (ÖVP) und Maurice Androsch (SPÖ).

Zur Absicherung des Verbots der Zurschaustellung von Hunden und Katzen in Geschäftsräumen geht Androsch und seinen ParteikollegInnen der Gesetzesentwurf aber nicht weit genug. Sein Abänderungsantrag, der unabhängig von der Verkaufsabsicht auf ein generelles Verbot der Hunde- und Katzenhaltung in Geschäftsräumen samt umfassender Kontrolle der Pflegeeinrichtungen abstellt, fand jedoch keine Mehrheit im Ausschuss. Ebenso in der Minderheit blieb Androschs Antrag auf bessere Aufzuchts- und Haltungsbestimmungen für Wachteln in der Tierhalteverordnung. Riemer erklärte die Ablehnung beider SPÖ-Anträge durch die Regierungsparteien damit, dass man die Themen auch in der Plenarsitzung des Nationalrats erörtern möchte. Ministerin Beate Hartinger-Klein sicherte überdies zu, die Formulierungen im Novellentext nochmals genau prüfen zu wollen, um jede Umgehungsmöglichkeit auszuschließen.

Auf tierschutzrechtliche Belange bei Lebendtiertransporten, besonders in der heißen Jahreszeit, angesprochen, erklärte Hartinger-Klein, in Verantwortung der Bundesländer würden hier regelmäßig Kontrollen durchgeführt. Bei bislang über 151.000 Überprüfungen sei man auf nur einige wenige Verstöße gegen die gesetzlich festgelegten Tiertransportbestimmungen gestoßen. Dennoch liege ihr eine Verbesserung der Situation am Herzen, verwies sie auf eine noch unter österreichischem EU-Ratsvorsitz geplante Plattform, auf der sich FachexpertInnen und Transporteure über die Transportbedingungen austauschen können.

Gentechnische Züchtungen: SPÖ und Liste Pilz wollen mehr Transparenz

Die bevorstehende UN-Biodiversitätskonferenz in Ägypten, die von 17. bis 29. November 2018 in Sharm El-Sheikh tagt, wollen Markus Vogl (SPÖ) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) nicht ungenutzt lassen. Konkret geht es SPÖ und Liste Pilz um die Durchsetzung einer international einheitlichen Kennzeichnung von Pflanzen, die durch neue Züchtungsmethoden mittels Gentechnik hergestellten werden, wie sie in einem eigens eingebrachten Antrag festhalten. Österreich müsse schon im Sinne seiner Biolandwirtschaft hohe Standards etwa für Saatgut und Futtermittel einfordern, gerade bei Importen von Ländern außerhalb der EU. Ausreichend Transparenz über gentechnisch veränderte Produkte mahnte Holzinger-Vogtenhuber gerade in Hinblick auf die KonsumentInnen ein.

Von ÖVP und FPÖ wurde dieses Anliegen zwar grundsätzlich mitgetragen, Norbert Sieber (ÖVP) und Gerhard Kaniak (FPÖ) verwiesen jedoch auf ein jüngst ergangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach eine einheitliche Klassifizierung derartiger gentechnisch veränderter Organismen sicherzustellen ist. Laut Gesundheitsministerin Hartinger-Klein wird eben dieses EuGH-Urteil derzeit mit Fachleuten analysiert und daraus die österreichische Position in Kooperation mit dem Nachhaltigkeitsministerium erarbeitet. Wichtig ist der Ministerin in diesem Zusammenhang die Entwicklung klarer Nachweismethoden für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) bzw. deren Verortung auf der Gentechnik-Datenbank. Vor diesem Hintergrund wurden der Oppositionsantrag, der ursprünglich nur auf ein umfassendes EU-weites GVO-Regelungsregime abzielte (247/A(E)), mitsamt des heute nachgereichten Abänderungsantrags auf UN-Klassifizierungsregeln vertagt.

Kein Verständnis für die parteiübergreifende Ablehnung neuer Züchtungsmethoden hatte Gerald Loacker (NEOS). Für ihn drückt diese Haltung sogar "Innovationsfeindlichkeit" aus, denn die Anpassung von Pflanzen an geänderte Klimabedingungen mittels Genom-Editing diene "einer guten Sache".

Finanzierung und Krankenkassen: NEOS vermissen Reformwillen im Gesundheitssystem

Einen effizienteren Mitteleinsatz im Gesundheitswesen erwarten sich die NEOS, würden die Finanzierungsverantwortlichkeiten an einer Stelle gesammelt. In seinem Antrag (174/A(E)) auf eine solche "Finanzierung aus einer Hand" weist NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker darauf hin, dass derzeit die Finanzierung des ambulanten Bereichs durch die Krankenkassen erfolgt, der stationäre Bereich im Wesentlichen durch die Landesgesundheitsfonds finanziert wird und die Bundesländer den Pflegebereich zahlen. ExpertInnen bestätigten, so Loacker, dass eine derart zersplitterte Finanzierung sich negativ auf die Kooperation zwischen Spitälern und ambulantem Bereich und somit auf die Leistungen auswirke, was etwa bei der Diabetikerversorgung in Österreich deutlich werde. Die ehemalige Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) erinnerte Loacker allerdings daran, dass bereits durch die Gesundheitsreform 2012 und der daraus entstandenen Bundes-Zielsteuerungskommission zur Zusammenführung des extra- und intramuralen Bereichs die Abstimmung zwischen den Systempartnern verbessert wurde.

Reformiert sehen will Loacker auch das heimische Krankenkassenversicherungssystem. Zentral ist ihm dabei die Wahlmöglichkeit für Versicherte, sodass zu jener Kasse gewechselt werden kann, die den Leistungserwartungen am besten entspricht. Den Kassen wiederum wäre es untersagt, die Aufnahme neuer Mitglieder abzulehnen. Loackers Vorschlag zur Modernisierung der Krankenkassen (436/A(E)) enthält außerdem Neuerungen wie einen Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen, einen Mindestversicherungsschutz und eine freie Gestaltung der Versicherungsbeiträge.

In puncto Finanzierung des Gesundheitswesens stimmte der gesamte Ausschuss inklusive Ministerin Hartinger-Klein im Grunde mit Loacker überein, wie Ausschussobfrau Brigitte Povysil (FPÖ) verdeutlichte: "Für eine moderne Gesundheitspolitik ist eine bessere Lenkung der Finanzströme notwendig". Der Bund müsse daran aber gemeinsam mit Sozialversicherungsträgern, Ländern und Gemeinden arbeiten, gaben Povysil und ihr Parteikollege Kaniak verfassungsrechtliche Hürden zu bedenken, wodurch sie auch die Vertagung des Antrags erklärten. Gabriel Obernosterer (ÖVP) verwies außerdem auf die morgen im Sozialausschuss debattierte Sozialversicherungsreform, bei der die Finanzierung des Gesundheitswesens aus einer Hand angegangen werde. "Das braucht Zeit", meinte Hartinger-Klein zur großen Finanzierungsreform, daher würden nun die ersten Schritte gesetzt. Speziell zur Diabetikerversorgung fügte sie an, im Rahmen der geplanten Strukturreform stelle der Investitionsfonds eine zielgerichtete Finanzierung neuer Behandlungsprogramme sicher.

Hatte Loacker für seinen Ansatz zur Finanzierung des Gesundheitssystems noch Lob erhalten, wurde er für den zweiten Vorstoß, die Wahlfreiheit der Krankenkassen, mehrfach gerügt. "Gegen eine Ökonomisierung des Gesundheitssystems" trete er auf, fasste Philip Kucher (SPÖ) die Kritik seiner Fraktion zusammen und fand Bestätigung bei Gabriela Schwarz (ÖVP): "Wir stehen für ein solidarisches Gesundheitssystem". Loackers Argument, Kassensysteme mit mehr Wahlfreiheit für die Versicherten, beispielsweise ob sie Selbstbehalte für ausgeweitete Leistungen zahlen wollen, sorgten für größere Zufriedenheit bei den KundInnen, ließen die anderen Ausschussmitglieder nicht gelten. Die Leistungsharmonisierung sei politischer Grundkonsens in Österreich, betonte Kaniak, ein freier Wettbewerb der Kassen werde nicht gewollt. Der NEOS-Antrag wurde von ÖVP, FPÖ, SPÖ und Liste Pilz folglich abgelehnt.

Antrag der Liste Pilz betreffend mehr Transparenz bei Dienstplänen von ÄrztInnen wurde abgelehnt

Ausgehend vom Skandal um einen Chirurgen am AKH, der sich über einen längeren Zeitraum hinweg für dieselbe Zeit in zwei OP-Protokollen eintragen ließ, ist eine Diskussion über das Verhältnis von Landeskrankenhäusern zu den privaten Kliniken im PRIKRAF (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds) entbrannt, zeigt ein Antrag der Liste Pilz auf (441/A(E)) . Es handle sich dabei wohl um keinen Einzelfall, sondern um eine eingespielte Routine, mit der sich ÄrztInnen einen guten Zusatzverdienst verschaffen, mutmaßte die Antragstellerin Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ). In den Krankenhäusern des KAV sei diese Praktik auch unter dem Namen "goldene Meile" bekannt. Sie hielt daher den Wunsch des PRIKAF nach einem Austausch von Dienstplänen innerhalb der Träger der Landesfonds-Krankenhäuser für unterstützenswert. Dies wäre eine einfach umsetzbare Maßnahme, um feststellen zu können, ob die gesetzlichen Ruhezeiten eingehalten werden und um dieser Doppelbelegung von Operateuren vorzubeugen.

Auch die SPÖ-MandatarInnen Verena Nussbaum, Philip Kucher und Markus Vogl mahnten mehr Transparenz in dieser Frage ein. Höhere Standards müssten vor allem für jene ÄrztInnen gelten, die in öffentlichen Spitälern arbeiten. Man sollte sich überlegen, wo Verbesserungen möglich sind, meinte auch Gerald Loacker (NEOS), im Zeitalter der Digitalisierung wären entsprechende Maßnahmen leicht umsetzbar. 

Bei den VertreterInnen der Regierungsparteien fand diese Initiative keine Unterstützung. Nur weil es einzelne schwarze Schafe gebe, müsse nicht gleich ein Mehraufwand für alle entstehen, meinte Abgeordneter Josef Smolle (ÖVP). Grundsätzlich sollte die Frage der Nebenbeschäftigungen von ÄrztInnen aber klar geregelt sein. Außerdem müsse der konkrete Fall noch vollständig aufgeklärt werden, gab seine Fraktionskollegin Gabriela Schwarz zu bedenken. Diesen Meinungen schloss sich auch FPÖ-Mandatarin Petra Wagner an, die es für besser hielt, die Dienstaufsicht effizienter zu gestalten. Man wisse in der Praxis zudem ganz genau, welcher Arzt wann und wo Dienst hat, konstatierte Ausschussvorsitzende Brigitte Povysil (FPÖ); ein Austausch von Dienstplänen sei ihrer Ansicht nach nicht sinnvoll.

Bundesministerin Beate Hartinger-Klein wies darauf hin, dass alle Nebenbeschäftigungen gemeldet werden müssen und auf sehr vielen Ebenen bereits geprüft werde. Im angeführten Fall handle es sich wahrscheinlich um Dokumentenfälschung; davor sei leider niemand gefeit. - Der Antrag wurde schließlich mehrheitlich abgelehnt.

Liste Pilz schlägt Einführung des Berufs Operationstechnische AssistentInnen vor

In einem weiteren – mehrheitlich vertagten - Antrag von Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) ging es um die Schaffung des Berufsbilds Operationstechnischer Assistent bzw. der Operationstechnischen Assistentin (OTA) in Österreich (440/A(E)). Aus ihrer Sicht mache die zunehmende Technisierung der Operationen eine solche Spezialisierung notwendig. Außerdem würde man dadurch die PflegerInnen entlasten, die dann mehr Zeit und Raum für die Betreuung der PatientInnen vor und nach Operationen hätten. In der Schweiz und in Deutschland habe man mit der Schaffung eines solchen Berufsbildes bereits gute Erfahrungen gemacht, argumentiert die Antragstellerin, die eine Ausbildungsdauer von mindestens 2.000 Stunden vorschlägt.

Philip Kucher (SPÖ) konnte den grundsätzlichen Überlegungen etwas abgewinnen. Nicht zustimmen würde er jedoch einer Kurzausbildung von zwei Jahren, da dies ein Rückschritt wäre. Ministerin Beate Hartinger-Klein kündigte an, dass Vorarbeiten bezüglich einer Novellierung des Bundesgesetzes für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe am Laufen sind. In diesem Rahmen gebe es auch Überlegungen, ob neue Berufsbilder geschaffen werden sollen.

Diskussion über Rauchverbot in der Gastronomie geht in die nächste Runde

Weiterhin verhärtete Fronten gibt es in Sachen Nichtraucherschutz. Ausgangspunkte für die lebhafte Diskussion waren die von den drei Oppositionsparteien unterstützte Petition "Don´t Smoke, das Nichtraucherschutzgesetz muss bleiben" (1/PET ) sowie ein gemeinsamer Antrag auf Umsetzung des generellen Rauchverbots in der Gastronomie (405/A) . – Beide Tagesordnungspunkte wurden mehrheitlich vertagt; über den Antrag der SPÖ, der NEOS und der Liste Pilz auf Durchführung einer Volksabstimmung in dieser Frage wurde daher nicht mehr abgestimmt.

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ) verwahrte sich dagegen, dieses Thema zur alles entscheidenden Schicksalsfrage für Österreich hochzustilisieren. Außerdem war es die ÖVP-FPÖ-Koalition, die als erste Regierung für einen nachhaltigen Kinder- und Jugendschutz gesorgt habe. ÖVP-Vertreter Gabriel Obernoster warf den Oppositionsrednern vor, eine Debatte zu führen, die fernab der Realität sei.

Nicht nur alle MedizinerInnen, sondern auch fast 900.000 BürgerInnen haben sich gegen die Vorgangsweise der Regierung ausgesprochen, das ursprünglich mit der ÖVP beschlossene Rauchverbot zu kippen, erinnerte Abgeordnete Pamela Rendi-Wagner (SPÖ). Dies sei ein sehr deutliches Zeichen, das ernst genommen werden müsse. Nicht die SPÖ habe das Thema politisiert, sondern die Freiheitlichen, die es zur Koalitionsbedingung gemacht haben. Es sei nicht Aufgabe der GastronomInnen, sondern der PolitikerInnen, ihre Verantwortung beim Nichtraucherschutz wahrzunehmen, bekräftigte Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, die u.a. auf die erschreckenden Ergebnisse einer Studie zum Passivrauchen hinwies. Jeder in Österreich habe das Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz, unterstrich auch NEOS-Mandatar Gerald Loacker. 

Bundesministerin Beate Hartinger-Klein war überzeugt davon, dass man bei den Kindern und Jugendlichen ansetzen müsse. Es gebe bereits erfolgreiche Präventionskampagnen wie z.B. "YOLO – Leb´dein Leben ohne Rauch" - eine vielversprechende Kampagne, die seit 2015 bis 2020 läuft und für die ihr Ressort 1,2 Mio. € zur Verfügung gestellt hat.  (Schluss) rei/sue