Parlamentskorrespondenz Nr. 1272 vom 14.11.2018

Sozialausschuss gibt grünes Licht für gestaffelte Pensionserhöhung 2019

Abschaffung des Pflegeregresses wird Bund heuer bis zu 340 Mio. € kosten

Wien (PK) – Die von der Regierung vorgeschlagene gestaffelte Pensionserhöhung für 2019 ist auf Schiene. Der Sozialausschuss des Nationalrats billigte heute mit den Stimmen der Koalitionsparteien einen entsprechenden Gesetzentwurf. Kleine und mittlere Pensionen werden im kommenden Jahr demnach um bis zu 2,6% erhöht, während BezieherInnen hoher Pensionen lediglich einen Pauschalbetrag unter der Inflationsrate von 2% erhalten. Damit will man dem Umstand Rechnung tragen, dass BezieherInnen kleinerer und mittlerer Einkommen proportional stärker von überdurchschnittlich steigenden Lebensmittelpreisen und Wohnungskosten betroffen sind. SPÖ und Liste Pilz sind allerdings unzufrieden, ihnen geht die Erhöhung niedriger Pensionen nicht weit genug. Auch die NEOS vermissen soziale Treffsicherheit.

Grünes Licht gab der Ausschuss außerdem für einen Zweckzuschuss des Bundes an die Länder zur Abdeckung entstandener Zusatzkosten in Folge der Abschaffung des Pflegeregresses. Bis zu 340 Mio. € will die Regierung heuer insgesamt dafür locker machen. Allerdings ist die Aufteilung des Mittel zwischen den Bundesländern nicht unumstritten. Die SPÖ hat außerdem Zweifel, dass die Gelder bei den Gemeinden ankommen.

Mindestpensionen werden um 2,6% erhöht

Konkret sieht das Pensionsanpassungsgesetz 2019 (293 d.B. ) vor, Pensionen bis 1.115 € um 2,6% zu erhöhen. Das gilt auch für die Ausgleichszulagenrichtsätze. Danach sinkt der Anpassungsfaktor bis zu einer Pension von 1.500 € linear auf 2% ab. Wer zwischen 1.500 € und 3.402 € bezieht, erhält exakt die Inflation abgegolten. Für Pensionen über der ASVG-Höchstpension ist ein Pauschalbetrag von 68 € vorgesehen. Die Anpassung von 2,6% wird darüber hinaus auch für Opferrenten, etwa nach dem Opferfürsorgegesetz, dem Verbrechensopfergesetz und dem Heimopferrentengesetz, wirksam. Bei der Abstimmung im Ausschuss wurde auch ein Abänderungsantrag berücksichtigt, der jedoch lediglich gesetzestechnische Korrekturen enthält.

Gemäß den Erläuterungen zur Regierungsvorlage werden im Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung (ASVG, BSVG, GSVG) 1,33 Millionen BezieherInnen von der gestaffelten Pensionserhöhung profitieren. Für 760.000 BezieherInnen ändert sich gegenüber der gesetzlichen Automatik (Inflationsanpassung) nichts. Vom Deckel betroffen sind insbesondere BeamtInnen, die einen Ruhebezug über der ASVG-Höchstpension erhalten. In diesem Sinn bringt das Paket im Bereich der Beamtenpensionen auch Einsparungen in der Höhe von 13,1 Mio. €, während für den Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung Mehrausgaben von 68,8 Mio. € erwartet werden.

Ausdrücklich begrüßt wurde die gestaffelte Pensionserhöhung von den Abgeordneten Werner Neubauer (FPÖ) und Michael Hammer (ÖVP). Es handle sich um eine der höchsten Anpassungen der letzten Jahre, sagte Neubauer. Zudem habe man die Kaufkraft berücksichtigt. Auch Hammer sieht die soziale Treffsicherheit gegeben. Die Erhöhung zeige die Wertschätzung gegenüber älteren BürgerInnen.

Kritik kam hingegen von der Opposition. Dietmar Keck (SPÖ) rechnete vor, dass bei einer Pension von 1.115 € über die Inflationsabgeltung hinaus lediglich ein monatliches Plus von 6,69 € bzw. 21 Cent pro Tag übrig bleibe. Und das, obwohl die Inflation für den Mini-Warenkorb 3,9% und jene für den Mikro-Warenkorb 4,4% beträgt. Auch Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) verwies auf Kaufkraftverluste. Den BezieherInnen von Niedrigpensionen bleibe nach allen Abzügen lediglich eine Nettoerhöhung von 1,7%, kritisierte sie.

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker sieht es vor allem als problematisch an, dass nicht alle Pensionen zusammengerechnet werden. Das habe zur Folge, dass etwa im Ausland lebende Personen, die zusätzlich zur niedrigen österreichischen Pension eine hohe Pension in ihrem Heimatland beziehen, eine Pensionserhöhung von 2,6% bekommen. Auch Ruhebezüge von LandesbeamtInnen oder etwaige Sonderpensionen würden nicht mitgerechnet. Damit gehe die soziale Treffsicherheit der Staffelung verloren, monierte er. Ein von Loacker eingebrachter Abänderungsantrag, der darauf abzielte, bei der Berechnung des Gesamtpensionseinkommens neben den gesetzlichen Pensionen sämtliche Pensionen nach dem Sonderpensionsbegrenzungsgesetz zu addieren, fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit.

Laut Sozialministerin Beate Hartinger-Klein werden für die Berechnung der Pensionshöhe die gesetzlichen Pensionen zusammengezählt.

ÖVP, FPÖ und Liste Pilz billigen Kostenersatz für Abschaffung des Pflegeregresses

Unterschiedliche Auffassungen gab es im Ausschuss auch, was den vorgesehenen Kostenersatz für die Abschaffung des Pflegeregresses betrifft. Zusätzlich zu den im ASVG verankerten und bereits ausgezahlten 100 Mio. € will der Bund den Ländern heuer weitere 240 Mio. € überweisen. Details dazu sind in einem eigenen Bundesgesetz (327 d.B. ) geregelt, das den Sozialausschuss mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der Liste Pilz passierte.

Die 240 Mio. € sollen aus den Umsatzsteueranteilen des Bundes kommen und noch im Dezember an die Länder fließen. Diese haben die Mittel "transparent und zeitnah" an die betroffenen Gemeinden, Städte, Sozialfonds und Sozialhilfeverbände zu verteilen. Die Endabrechnung ist erst im Nachhinein für 2019 – auf Basis von verpflichtenden Kostennachweisen – vorgesehen. Länder, die zu viel Geld erhalten haben, müssen die gewährten Mittel zurückzahlen.

Die vorläufige Aufteilung des Zweckzuschusses auf die einzelnen Bundesländer erfolgt gemäß den Erläuterungen zum Gesetzentwurf auf Basis der von den Ländern erwarteten Mehrkosten, wobei sich die jeweilige Gesamtsumme aus drei Kostenelementen (Einnahmenausfall aufgrund des untersagten Vermögenszugriffs, Mehrkosten durch den Umstieg von SelbstzahlerInnen auf Sozialhilfe, Betreuungseinrichtungen für behinderte Menschen) zusammensetzt. Der größte Anteil der 340 Mio. € soll demnach in die Steiermark (17,83%) und nach Oberösterreich (17,33%) fließen. Erst dahinter folgen die weitaus bevölkerungsstärkeren Bundesländer Niederösterreich (16,65%) und Wien (16,61%). Schlusslichter der Aufstellung sind das Burgenland (2,81%) und Kärnten (3,85%), auch sie bekommen deutlich weniger Mittel, als es ihrem Anteil an der Wohnbevölkerung entspricht. Im Zuge der Endabrechnung kann es den Erläuterungen zufolge allerdings noch zu Verschiebungen innerhalb der drei Töpfe kommen, sollten die Bundesländer die ihnen vorläufig zugewiesenen Mittel nicht ausschöpfen.

SPÖ und NEOS orten etliche Unklarheiten

SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger begründete die Ablehnung des Gesetzes durch seine Fraktion unter anderem mit Zweifeln daran, dass das an die Länder überwiesene Geld tatsächlich bei den Gemeinden ankommt. Das sei im Gesetz nur "kryptisch" geregelt. Zudem zeigte er sich über den Aufteilungsschlüssel "überrascht". Dieser entspreche weder der Wohnbevölkerung noch sonst gängigen Schlüsseln, meinte er. Als problematisch sieht Stöger überdies, dass der Nationalrat die vorläufige Zuteilung von Mitteln an die Bundesländer beschließt, ohne in irgendeiner Form in die tatsächliche Endabrechnung eingebunden zu sein.

Gar von einem "Blindflug in Sachen Pflege" sprach NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker. Es sei nicht einmal klar, ob es sich bei den 340 Mio. € um einen Höchstbetrag handle, wie der Finanzminister sage, oder ob eventuell noch einmal nachzubessern sei, wie das die Länder sehen. Seine Fraktion könne den Beschluss in dieser Form jedenfalls nicht mittragen. Loacker erinnerte auch daran, dass die Kosten für die Abschaffung des Pflegeregresses seinerzeit auf 100 Mio. € geschätzt wurden, da sei offenbar ein massiver Rechenfehler passiert.

Es handle sich um einen dringend notwendigen Beschluss, meinte demgegenüber ÖVP-Abgeordneter Ernst Gödl. Durch die ursprünglich falsche Kostenschätzung sei eine Finanzierungslücke entstanden, die geschlossen werden müsse. Die von SPÖ-Abgeordnetem Stöger geäußerte Befürchtung, dass die Länder die Gemeinden im Stich lassen könnten, hegt er nicht. Das sei nicht logisch. Zum Aufteilungsschlüssel merkte Gödl an, dass etwa die Steiermark mehr Pflegebetten habe als andere Bundesländer.

Zustimmung zum Gesetz kam auch von der Liste Pilz. Sie verstehe das Gesetz so, dass die Mittel nach dem vorhandenen Bedarf aufgeteilt werden, hielt Daniela Holzinger-Vogtenhuber fest und bekräftigte in diesem Zusammenhang nochmals die Richtigkeit, den Pflegeregress abzuschaffen. Sie habe nie verstanden, warum der Staat einspringen solle, wenn jemand sein Leben in Saus und Braus geführt habe, während er gleichzeitig auf das Vermögen jener zugreife, die sich mühevoll etwas für sich und ihre Enkeln zusammengespart hätten.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch machte geltend, dass die SPÖ von Anfang an mit höheren Kosten als den im ASVG verankerten 100 Mio. € gerechnet habe. Ein höherer Ersatzbetrag sei aber an der ÖVP gescheitert. Für Muchitsch ist außerdem klar, dass die Länder die 340 Mio. € als Akonto-Zahlung sehen und nicht als Obergrenze.

Der Zweckzuschuss von 240 Mio. € wird laut Sozialministerin Beate Hartinger-Klein in der Budget-Untergliederung 16 (öffentliche Abgaben) budgetiert. Der Pflegefonds sei lediglich ein Durchläufer, teilte sie auf eine Frage von SPÖ-Abgeordnetem Stöger mit. Den vorgesehenen Aufteilungsschlüssel begründete die Ministerin mit unterschiedlichen Heimstrukturen, Pflegesätzen und der unterschiedlichen Zahl von SelbstzahlerInnen in den Ländern.

Basis für den Kostenersatz 2019 und die folgenden Jahre wird laut Hartinger-Klein die endgültige Aufteilung der Mittel 2018 sein. In Richtung FPÖ-Angeordnetem Hannes Amesbauer hielt die Ministerin fest, die vom Sozialministerium stets vertretene Meinung, wonach mit der Abschaffung des Pflegeregresses auch zurückliegende Ersatzansprüche erloschen sind, sei sowohl vom Obersten Gerichtshof als auch vom Verfassungsgerichtshof bestätigt worden. (Fortsetzung Sozialausschuss) gs