Parlamentskorrespondenz Nr. 1292 vom 19.11.2018

Sobotka und Posch-Gruska: Parlamentarische Begleitung internationaler Politik wird immer wichtiger

Nationalratspräsident und Bundesratspräsidentin eröffnen COSAC-Konferenz im Austria Center Vienna

Wien (PK) – Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska eröffneten heute die LX. COSAC - die Konferenz der Europaausschüsse der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments. Die Konferenz findet im Rahmen der Parlamentarischen Dimension des österreichischen Ratsvorsitzes im Austria Center Vienna statt. Sowohl Sobotka als auch Posch-Gruska unterstrichen dabei mit Nachdruck die Bedeutung der parlamentarischen Begleitung internationaler Politik sowie des intensiven und konstruktiven Austauschs unter den ParlamentarierInnen der unterschiedlichen Kammern aller Mitgliedsländer.

Der Nationalratspräsident warf dabei auch einen Blick auf die kommenden EU-Wahlen im Mai 2019 und mahnte in diesem Zusammenhang ein, angesichts der möglichen Beeinflussung der Wahlen durch die Digitalisierung den Fokus auf die Cybersicherheit zu legen. Auch ein starkes Auftreten der KandidatInnen für das EP könnte seiner Meinung nach dieser Gefahr entgegenwirken, denn damit würde die Verantwortung der MandatarInnen in den Vordergrund gerückt, so Sobotka.

Sobotka appelliert an ParlamentarierInnen, Länder des Westbalkans auf dem Weg nach Europa zu begleiten

Einmal mehr appellierte der Nationalratspräsident, die Länder des Westbalkans auf ihrem Weg nach Europa zu begleiten. Die EU habe Europa 70 Jahre Frieden gebracht, vor allem auch durch die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich. Die Balkanregion sei bis ins 21. Jahrhundert hinein ein Krisenherd geblieben und deshalb sei es notwendig, dieser Region eine klare Perspektive für Europa zu geben, sagte Sobotka – im Interesse der betreffenden Länder, aber auch im Interesse eines friedlichen Europa. Sobotka machte aber auch klar, dass es keinen "Beitritt light" geben könne.  

Ihm sei diese Frage ein besonderes Anliegen und er habe daher als Nationalratspräsident auch einen seiner Schwerpunkte auf dieses Thema gelegt – das gelte nicht nur für die Zeit des österreichischen Ratsvorsitzes, sondern darüber hinaus, bekräftigte er. Der Nationalratspräsident wies in diesem Zusammenhang auf das neue Stipendienprogramm für ParlamentsmitarbeiterInnen aus den Westbalkanstaaten hin. Auch der Bereich Demokratievermittlung am Beispiel der österreichischen Demokratiewerkstatt spiele eine wesentliche Rolle bei den Bemühungen des Österreichischen Parlaments, betonte er. Im Kosovo und in Montenegro gebe es bereits eine ähnliche Einrichtung, Serbien und Albanien würden sich dafür sehr interessieren. "Es gilt, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie fest im Bewusstsein der Menschen zu verankern, damit die Demokratie in weiten Bereichen auch gelebt und eine Balance zwischen Regierung und Opposition hergestellt wird", so Sobotka.

Der Nationalratspräsident ging in seinem Einleitungsstatement weiters auf den Brexit und die nun auf dem Tisch liegende Einigung zwischen Großbritannien und der EU ein. Das Vertragswerk ermöglicht in seinen Augen einen gemeinsamen Weg, denn einen harten Brexit wolle niemand. Die schwierigen Verhandlungen hätten aber auch deutlich gemacht, dass etwas, das 40 Jahre zusammengewachsen ist, so leicht nicht zu trennen ist.

Als besondere Herausforderungen bezeichnete Sobotka die demographische Entwicklung, die Digitalisierung, die Sicherheit und den Klimawandel. Gerade die Klimapolitik erfordere das Bewusstsein aller, will sie erfolgreich sein, sagte Sobotka, und dabei seien die Parlamente besonders gefordert.

Posch-Gruska: Es braucht einen Ausgleich zwischen wirtschaftlichen und sozialen Aspekten

Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska thematisierte vor allem den Vertrauensverlust in die EU durch die verschiedenen Krisen. Dieses verlorengegangene Vertrauen könne durch Handlungsfähigkeit und Krisenfestigkeit sowie Bürgernähe und Transparenz zurückgewonnen werden, zeigte sie sich überzeugt. Deshalb habe es sich der österreichische Vorsitz zur Aufgabe gemacht, die EU durch mehr Transparenz den Menschen wieder näher zu bringen, etwa durch Stärkung des Subsidiaritätsprinzips. "Viele Herausforderungen lassen sich in den Mitgliedstaaten oder Regionen wesentlich besser – und näher an den Bürgerinnen und Bürgern – entscheiden", sagte die Bundesratspräsidentin, warnte aber gleichzeitig eindringlich davor, Subsidiarität zur Forcierung kurzsichtiger Nationalismen zu missbrauchen.

Für Posch-Gruska muss die EU vor allem einen Ausgleich zwischen wirtschaftlichen und sozialen Aspekten finden, denn das mache sie stark. "Die österreichische Bundesregierung hat den österreichischen EU-Ratsvorsitz unter das Motto 'Ein Europa, das schützt' gestellt. Nach meiner Auffassung muss dies auch den sozialen Schutz und die Absicherung des Wohlstands mit einschließen, um die EU als verlässliche und stabilisierende Kraft wiederherzustellen", unterstrich die Bundesratspräsidentin.

Den Bundesrat bezeichnete sie einmal mehr als die Europakammer und Zukunftskammer und wies darauf hin, dass der EU-Ausschuss des Bundesrats in EU-Angelegenheiten höchst engagiert sein Mitwirkungsrecht wahrnimmt und bei der Subsidiaritätskontrolle im europäischen Vergleich eine der aktivsten Kammern aller nationalen Parlamente ist. (Schluss) jan

HINWEIS: Fotos von dieser Konferenz finden Sie auf der Website des Parlaments unter www.parlament.gv.at/aktuelles/mediathek/fotos.