Parlamentskorrespondenz Nr. 1319 vom 22.11.2018

Sicherheitsbericht 2017: Rückläufige Zahl an Anzeigen, weiter gestiegene Aufklärungsquote

Rückgang bei Einbrüchen und Kfz-Diebstählen hat sich fortgesetzt, doch wieder Anstieg bei Gewalttaten und Cybercrime

Wien (PK) – Der Sicherheitsbericht für das Jahr 2017 (III-211 d.B. und III-665-BR), den der Innenminister dem Nationalrat vorgelegt hat, weist insgesamt einen Rückgang der Anzeigen und einen deutlichen Rückgang bei einzelnen Kategorien von angezeigten Straftaten aus. Die Aufklärungsrate blieb weiter hoch. Der Innenminister wertet auch die Initiative zur Präventionsarbeit GEMEINSAM.SICHER als Erfolg der polizeilichen Tätigkeit.

Was die einzelnen Deliktgruppen betrifft, ist die Entwicklung uneinheitlich. So hielt der bereits 2016 zu verzeichnende Rückgang der Einbruchs- und Kfz-Diebstähle 2017 weiter an. Unterschiedlich war auch die Entwicklung der Gewaltdelikte, 2017 gab es mehr Anzeigen wegen vorsätzlicher Tötungsdelikte, die Zahl der vorsätzlichen Körperverletzungen ging aber zurück.

Teil des Sicherheitsberichts ist wie jedes Jahr auch ein detaillierter Überblick über die Tätigkeit der Strafjustiz, der vom Justizministerium erstellt wird. Der Trend zu einem Sinken der Verurteilungszahlen hat sich 2017 nicht fortgesetzt, es kam zu 30.746 rechtskräftigen Verurteilungen nach dem Strafgesetzbuch oder strafrechtlichen Nebengesetzen (2016: 30.450). Die Häftlingszahlen sind 2017 auf 8.945 Personen leicht angestiegen, sie nähern sich damit dem Höchststand von 2007 (8.957).

Kriminalität: Rückgang der Anzeigen 2017 bei höchster Aufklärungsquote der letzten zehn Jahre

2017 wurden in Österreich 510.536 Anzeigen erstattet. Das bedeutet einen Rückgang der Anzeigen um 27.256 oder um 5,1 %. Im langfristigen Zahlenvergleich bleiben die Zahlen der Anzeigen seit 2010 im Wesentlichen konstant, in den Jahren davor lagen sie immer deutlich über 570.000. Mit 50,1 % konnte 2017 zudem die höchste Aufklärungsquote der letzten zehn Jahre in Österreich erzielt werden, seit dem Jahr 2010 lag sie zudem stets über 40 %. Die Anzahl der fremden Tatverdächtigen an der Gesamtkriminalität ist gegenüber 2016 um 0,2 % leicht gestiegen. Prozentuell bedeutet das mit 105.812 nichtösterreichischen Beschuldigten den höchsten Wert der letzten zehn Jahre, in absoluten Zahlen blieb er in etwa gleich (2016: 105.551, 2008: 54.445 fremde Tatverdächtige).

Der Einbruchsdiebstahl in Wohnungen und Wohnhäuser ist 2017 weiter gesunken, der Rückgang gegenüber dem Jahr 2016 lag bei 9 %. Mit 11.802 angezeigten Straftaten wurde hier der niedrigsten Wert im Zehn-Jahres-Vergleich erreicht. Die Zahl der Anzeigen wegen des Diebstahls von Kraftfahrzeugen ist im Jahr 2017 um 11,2 % gegenüber dem Jahr 2016 weiter gesunken und liegt ebenfalls auf dem niedrigsten Wert der letzten zehn Jahre.

Deutlich angestiegen ist 2017 allerdings die Zahl der Anzeigen wegen vorsätzlicher Tötung, insgesamt 204 Straftaten wurden österreichweit angezeigt (2016: 144). Von diesen Anzeigen betrafen 54 Fälle vollendete Taten (2016: 46), in 150 angezeigten Fällen blieb es beim Versuch (2016: 98). Die Aufklärungsquote lag 2017 bei 93,6 %. Die Zahl der vorsätzlichen Körperverletzungen ist hingegen gesunken. 2017 wurden 39.125 Fälle angezeigt, was ein Minus von 2,7 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet.

Leicht angestiegen ist 2017 die Zahl der Anzeigen wegen ausgewählter Delikte gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung. Wurden 2016 2.732 Fälle angezeigt, so waren es im Jahr 2017 2.750 Anzeigen, was einem Anstieg von 0,7 % entspricht.

Im Bereich der Cyber-Kriminalität ist die Zahl der Anzeigen weiter angestiegen, von 13.103 im Jahr 2016 auf 16.804 im Jahr 2017. Angezeigte Delikte im Bereich der Wirtschaftskriminalität stiegen 2016 um 1.403 Delikte bzw. um 2,6% gegenüber dem Vorjahr - von 53.905 im Jahr 2016 auf 55.308 im Jahr 2017.

Die Anzahl der beim BAK registrierten Geschäftsfälle der Korruptionsbekämpfung sank um 3 %, von 1.546 im Jahr 2016 auf 1.500 im Berichtsjahr, die Anzahl der kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahren in diesem Bereich um 2 % von 1.347 (2016) auf 1.325 (2017).

Bilanz von Fahndungsinitiativen und Kriminalprävention

Die Bilanz der "SOKO Ost 2016" wies 2017 45 Festnahmen von Straftätern (2016: 59) bzw. 136 verwaltungspolizeiliche Festnahmen aus (2016: 253). Es kam zu 167 Sicherstellungen (2016: 213). Die Zahl der Fahndungsanfragen lag bei 240.056, davon wurden 126 positiv erledigt, (2016: 331.478, 197 positive Erledigungen). 2017 konnte die Zielfahndungseinheit außerdem 21 (2016: 16) mit internationalem Haftbefehl gesuchte Straftäter aufspüren und ihre Festnahmen erwirken.

Im Jahr 2017 hat die österreichische Polizei bei über 39.700 kriminalpräventiven Maßnahmen mehr als 392.200 Menschen beraten, teilt der Innenminister mit. Er hebt vor allem die Initiative GEMEINSAM.SICHER hervor, mit der man in Österreich in der Polizei- und Präventionsarbeit neue Meilensteine gesetzt habe. Im Fokus stehe dabei die Nähe der Polizei zu den BürgerInnen und die gemeinsame Gestaltung der Sicherheit, hält der Minister fest. Gemeinsam mit der Polizei, den Gemeinden, Vereinen und anderen zuständigen Organisationen erarbeite man Lösungen für Sicherheitsfragen, die gemeinsam umgesetzt werden. Um den Schutz der Bevölkerung in Österreich und der Einsatzkräfte auch in Zukunft auf hohem Niveau aufrechtzuerhalten, gebe es auch Investitionsbedarf in technischer und personeller Hinsicht, hält der Sicherheitsbericht fest. 2017 wurden 25,7 Mio. € (2016: rund 22,2 Mio. €) in bauliche Maßnahmen im Polizeibereich investiert.

Weniger links- und rechtsextreme Taten angezeigt

2017 wurden 211 Tathandlungen mit linksextremen Tatmotiven bekannt (2016 383 Tathandlungen). Davon konnten 30 Tathandlungen, das sind 14,2 %, aufgeklärt werden (2016: 13,6 %). 2017 wurden 1.063 rechtsextremistische, fremdenfeindliche/rassistische, islamophobe, antisemitische sowie sonstige Tathandlungen bekannt, bei denen einschlägige Delikte angezeigt wurden. Gegenüber 2016 bedeutet dies einen Rückgang um 19 %. Von den Tathandlungen konnten 618 (58,1 %) aufgeklärt werden (2016: 61,3 %).

Islamistischer Extremismus und Terrorismusgefährdung

Aufgrund des Ansteigens von Terroranschlägen seit 2015 geht das Innenministerium weiter von einer erhöhten Gefährdung durch islamistischen Extremismus bzw. Terrorismus überall in Europa aus und sieht auch für Österreich eine erhöhte abstrakte Gefährdungslage hinsichtlich der terroristischen Bedrohung. Beobachtet werden vom Innenministerium zum einen salafistisch-dschihadistische Strömungen, deren Aktivisten bereit sind, Terroranschläge zu verüben. Auf der anderen Seite sind sich rasch verändernde Formen eines islamistischen Extremismus zu beobachten, dessen Anhänger eher nicht gewalttätig in Erscheinung treten. In ideologischer Hinsicht rechnet das Innenministerium sie vor allem den konkurrierenden terroristischen Organisationen des sogenannten "Islamischen Staats" (IS) und der al-Qaida (AQ) zu.

Migration seit 2015 und Entwicklungen im Asylwesen

Einige Auswirkungen der Migrationskrise 2015 waren auch 2017 noch deutlich spürbar. Aufgrund zielgerichteter Maßnahmen konnte jedoch 2017 ein kontinuierliches Sinken der Asylzahlen und Migration erreicht werden. 2017 stellten 24.735 Fremde einen Antrag auf Gewährung von Asyl, das bedeutet einen absoluten Rückgang von 17.550 und einen relativen Rückgang von 41,5 %.

Legistische Neuerungen

Der Sicherheitsbericht nennt auch eine Reihe von gesetzlichen Neuerungen im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Inneres, zu denen das Ressort 2017 einen Beitrag leistete. So erfolgten Novellierungen der gesetzlichen Grundlagen der internationalen polizeilichen Kooperation (Polizeikooperationsgesetz – PolKG), der Polizeikooperation in der Europäischen Union (EU-Polizeikooperationsgesetzes - EU-PolKG) und der Arbeit des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK-G). Änderungen gab es auch im Versammlungsgesetz. Ein besonders umfassendes Gesetzespaket war das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 (FrÄG 2017), mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz, das Asylgesetz, das Verfahrensgesetz, das Grundversorgungsgesetz–Bund 2005 und das Grenzkontrollgesetz geändert wurden.

Bericht der Strafjustiz weist Anstieg der Verurteilungen aus

Der Sicherheitsbericht bietet auch eine umfassende Darstellung der Tätigkeit der Strafjustiz. Im Berichtsjahr 2017 waren von den durch die Staatsanwaltschaften erledigten Verfahren insgesamt 262.297 Personen betroffen (2016: 262.584), wobei in Verfahren gegen 62.512 Personen die Strafjustiz befasst wurde. Dabei wurde gegen 57.306 Personen ein Strafantrag eingebracht, gegen 4.910 Personen Anklage erhoben und zu 296 Personen ein Antrag auf Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gestellt. In 23,9% der Fälle wurde damit ein gerichtliches Hauptverfahren in Gang gesetzt (2016: 24,3%), in allen anderen Fällen gab es keine Involvierung der Strafgerichte. 42.550 Mal (bzw. in 16,3% der Fälle) wurde das Mittel der Diversion angewandt, was eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 41,4% bedeutet (2016: 30.093 Fälle).

Letztlich wurde demnach 2016 von österreichischen Gerichten 30.746 Personen (2016: 30.450) nach dem Strafgesetzbuch oder strafrechtlichen Nebengesetzen rechtskräftig verurteilt. Von den Verurteilten waren 85,8% Männer und 14,2% Frauen, womit das Verhältnis gegenüber den Vorjahren faktisch gleichblieb (2016: 85,7% Männer und 14,3% Frauen). Nach Altersgruppen verteilt gab es ebenfalls kaum Verschiebungen: 6,5% Jugendliche (2016: 6,5%), 11,8% junge Erwachsene (2016: 11,6%) und 81,7% Erwachsene (2016: 81,9%). Der Anteil der ausländischen Staatsangehörigen lag 2017 bei 42,3% und damit etwas höher als im Jahr davor (41,1%).

Aufgeschlüsselt nach absoluten Zahlen wurden 2017 insgesamt etwas weniger ÖsterreicherInnen, nämlich 17.745 (2016: 17.930) und etwas mehr AusländerInnen, nämlich 13.001 Personen (2016: 12.857) verurteilt.

Zahl der Häftlinge wieder angestiegen

Im Jahr 2017 befanden sich 8.945 Personen in österreichischen Justizanstalten in Haft, was einen Anstieg gegenüber den Jahren davor bedeutet (2016: 8.825, 2015: 8.882). Der Anteil der Justizanstaltenpopulation blieb mit 102 Inhaftierten pro 100.000 EinwohnerInnen 2017 etwa auf dem Wert der letzten Jahre (2016: 101, 2015: 103), wobei hier der gleichzeitig erfolgte Anstieg der Wohnbevölkerung mit zu berücksichtigen ist. Mit Stichtag 1. Jänner 2018 wurden 345 Personen im elektronisch überwachten Hausarrest angehalten, zwei davon in Untersuchungshaft (1. Jänner 2017: 303, 1. Jänner 2016: 277).

Ein in Österreich markantes und anhaltendes Phänomen ist der hohe Häftlingsanteil von Personen mit einer anderen als der österreichischen Staatsangehörigkeit, das sich seit der Ostöffnung zu Beginn der 1990er Jahre herausgebildet hat. 2017 befanden sich 4.837 NichtösterreicherInnen (2016: 4.793) gegenüber 4.107 ÖsterreicherInnen (2016: 4.032) in den österreichischen Justizanstalten in Haft. Der Frauenanteil an den Inhaftierten steigt seit einigen Jahren tendenziell an, er lag 2017 bei 524 Personen (2016: 483) bzw. 5,9% der Strafgefangenen (2016: 5,5%; 2015: 5,9%). Auch 143 Jugendliche unter 18 Jahren waren im Berichtsjahr in Haft (2016: 149, 2015: 136). Über die letzten zwei Jahrzehnte hinweg betrachtet ist die Tendenz der Haftzahlen damit fallend. (Schluss) sox