Parlamentskorrespondenz Nr. 1348 vom 23.11.2018

Österreich schlägt Andreas Kumin für vakante Richterstelle am EuGH vor

Hauptausschuss billigt Vorschlag der Regierung mit breiter Mehrheit

Wien (PK) – Der Grazer Europarechtsexperte Andreas Kumin wird die  Nachfolge der österreichischen Richterin am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg Maria Berger antreten. Der Hauptausschuss des Nationalrats billigte heute mit breiter Mehrheit einen entsprechenden Nominierungsvorschlag der Regierung. Kumin sei ein hochqualifizierter Kandidat, waren sich die Abgeordneten weitgehend einig. JETZT-Abgeordneter Alfred Noll stimmte dennoch gegen Kumins Nominierung – er könne in der kurzen ihm zur Verfügung stehenden Zeit nicht beurteilen, ob es nicht einen besser geeigneten Kandidaten gegeben hätte, argumentierte er. Auch SPÖ und NEOS äußerten diesbezügliche Vorbehalte. Ein Antrag Nolls, Kumin und einen weiteren Bewerber im Ausschuss anzuhören, fand über die Opposition hinaus jedoch keine Zustimmung, auch ein Vertagungsantrag der SPÖ blieb in der Minderheit.

Kumin ist an der Karl-Franzens-Universität Graz Professor am Institut für Europarecht und leitet darüber hinaus seit Juli 2005 die Abteilung Europarecht im Völkerrechtsbüro des Außenministeriums. Er ist außerdem als Lehrbeauftragter an der Universität Innsbruck, an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie an der Diplomatischen Akademie tätig.

Kumin sei ein ausgezeichneter Fachmann im Bereich des EU-Rechts, bekräftigte ÖVP-Abgeordneter Peter Haubner. Diesem Urteil schlossen sich grundsätzlich auch die anderen Abgeordneten an. Kumin sei sicher in der Lage, die Position eines EuGH-Richters zu erfüllen, sagte etwa Jörg Leichtfried. Auch Scherak und Noll sprachen von einem "sehr geeigneten" bzw. "ausgezeichneten" Kandidaten.

Es sei aber schwierig, innerhalb weniger Minuten zu entscheiden, ob Kumin wirklich der am besten geeignete Bewerber gewesen sei, monierten neben Noll auch Leichtfried und Scherak. Kanzleramtsminister Gernot Blümel hatte zwar zu Beginn der Debatte – unter strenger Vertraulichkeit – den Abgeordneten die Namen der anderen BewerberInnen bekannt gegeben, nach Meinung der Oppositionsparteien wäre es aber zielführender gewesen, diese schon im Vorfeld der Sitzung zu erfahren, um sich ein besseres Bild von ihnen machen zu können. Das wurde vom Kanzleramt aus Datenschutzgründen jedoch abgelehnt. Die NEOS und die SPÖ stimmten in diesem Sinn der Nominierung Kumins nur zögerlich zu.

ÖVP-Abgeordnete Michaela Steinacker hält die Nennung der Namen der anderen BewerberInnen überhaupt für problematisch. Ihrer Ansicht nach sieht die Verfassung eindeutig vor, dass die Regierung dem Nationalrat nur eine Person vorschlägt und über diese das Einvernehmen herzustellen ist. Wenn man eine Änderung des Bestellprocederes wünsche, sei das im Geschäftsordnungs-Komitee zu diskutieren.

Noll, Scherak und Leichtfried hielten dem entgegen, dass man die einschlägige Verfassungsbestimmung auch anders interpretieren könne. Schließlich sei es notwendig, die Namen der anderen BewerberInnen zu kennen, um für oder gegen den Nominierungsvorschlag der Regierung zu votieren. Dass sich das Kanzleramt geweigert hat, die Namen bereits im Vorfeld der Sitzung bekanntzugeben, werteten Noll und Scherak als ungerechtfertigtes Misstrauen gegenüber den MandatarInnen. Er sei es jedenfalls nicht gewesen, der beim letzten Mal die Namen der anderen BewerberInnen öffentlich gemacht habe, bekräftigte Scherak. Zudem verwies er auf die Informationsordnung des Parlaments, die eine Klassifizierung vertraulicher Informationen ermögliche. Seitens der FPÖ plädierte Erwin Angerer demgegenüber dafür, an der geltenden Praxis festzuhalten.

Was die laufenden Beratungen im Geschäftsordnungs-Komitee betrifft, wies Scherak darauf hin, dass der Bestellmodus für österreichische EU-VertreterInnen, ebenso wie jener für VerfassungsrichterInnen, dort derzeit kein Thema sei. Er hofft, dass sich daran noch etwas ändern wird. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka merkte dazu an, dass man wohl nicht nur eine Änderung der Geschäftsordnung, sondern auch der Verfassung benötige, wolle man die Mitwirkungsrechte des Parlaments stärken.

Seitens der Regierung hob Kanzleramtsminister Gernot Blümel hervor, dass Kumin unter den BewerberInnen jener Kandidat gewesen ist, der der Regierung als am besten geeignet erschien.  

Die Nachbesetzung am EuGH hätte bereits am 8. Oktober erfolgen sollen. Die ursprünglich nominierte Kandidatin, die Linzer Professorin Katharina Pabel, zog jedoch Ende Juni ihre Bewerbung zurück, woraufhin die Regierung ein Neuausschreibung der Richterstelle veranlasste.

Neue Mitglieder im Ausschuss der Regionen

Gegenstand der Tagesordnung des Hauptausschusses waren außerdem  Unterrichtungen der Regierung über neue Mitglieder im Ausschuss der Regionen (AdR). Demnach hat der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig den Platz seines Vorgängers Michael Häupl übernommen, als sein Stellvertreter wurde Finanzstadtrat Peter Hanke anstelle von Ex-Finanzstadträtin Renate Brauner nominiert.

Tirol wird in diesem Gremium künftig von Landeshauptmann Günther Platter vertreten. Er folgt Alt-Landtagspräsident Herwig van Staa nach. Seine Stellvertreterin ist Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann. Stellvertretendes Mitglied aus Niederösterreich wird Landesrat Martin Eichtinger, nachdem Landesrätin Barbara Schwarz ausgeschieden ist. Aus Salzburg wird die wiedergewählte Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf ihre Funktion als stellvertretendes Mitglied nach Monaten der Vakanz wieder aufnehmen. (Fortsetzung Hauptausschuss) gs/jan