Parlamentskorrespondenz Nr. 1490 vom 12.12.2018

Faßmann: Bildungsdirektionen im Interesse von Bund und Ländern

Fragestunde im Nationalrat zu Vorhaben im Bildungs- und Wissenschaftsbereich

Wien (PK) – Das im Vorjahr beschlossene Bildungsreformgesetz beginnt zu wirken. Mit 1. Jänner 2019 sollen die Bildungsdirektionen die Landesschulräte ersetzen und als "One-Stop-Shops" sowohl Bundes- als auch Landesagenden abdecken, wie Bildungs- und Wissenschaftsminister Heinz Faßmann heute im Nationalrat in der Fragestunde den Abgeordneten erklärte. Die BildungsdirektorInnen würden auf ihre künftige Funktion bereits in regelmäßigen Seminaren vorbereitet. Als weitere zentrale Punkte der Bildungsreform nannte Faßmann die Neuaufstellung der Schulaufsicht, die Stärkung der Schulautonomie und eine zielgerichtete Ressourcenzuteilung an Standorte, womit sogenannte Brennpunktschulen mehr Mittel erhalten können.

Mehr Geld stellte Faßmann auch für die Forschung in Aussicht, wobei er neben dem angepeilten Forschungsfinanzierungsgesetz und der Exzellenzinitiative vor allem die kürzlich erfolgte EU-Ratseinigung zur Finanzierung des Europäischen Forschungsrahmenprogramms "Horizon Europe" ab 2021 hervorhob. Unter österreichischem Ratsvorsitz hätten die Mitgliedstaaten dafür 100 Mrd. € beschlossen: "Das ist ein schöner Erfolg für Österreich."

Mehr Schulautonomie auch in Personalfragen

"Bei der Bildungsreform sind wir auf einem guten Weg, ich halte es auch für einen sehr sinnvollen Weg", sagte Minister Faßmann, als er näher auf die operative Umsetzung der Reform einging. Die Stärkung der Schulautonomie sei ihm dabei ein großes Anliegen, denn "bestimmte Entscheidungen werden am besten vor Ort gefällt", etwa hinsichtlich Klassengröße, Unterrichtsdauer, Schulöffnungszeiten, Schwerpunktsetzungen und Lehrerfortbildungsmaßnahmen. Bei der Lehrerauswahl werde ebenfalls eine "gewisse Personalautonomie" eingeräumt. Essenziell ist die entsprechende Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte laut Faßmann gerade im digitalen Bereich, weswegen dieses Feld im "Masterplan Digitalisierung" des Bildungsministeriums genauso wie die Hard- und Softwareausstattung der Schulen derzeit analysiert werde.

Konkret zur flächendeckenden Netzausstattung der Schulstandorte gab der Bundesminister allerdings zu bedenken, "alleine wird das mein Haus nicht stemmen können". Gemeinsam mit dem Finanzministerium und dem Infrastrukturministerium sowie einem "Sounding Board" aus Schulpartnern und ExpertInnen arbeite er daher an der für Anfang 2019 geplanten Fertigstellung des Masterplans zur Digitalisierung an Schulen. Rudolf Taschner (ÖVP) hatte sich zuvor nach dem Umsetzungsstand des Autonomiepakets im Zusammenhang mit der 2017 angestoßenen Bildungsreform erkundigt. Die Digitalisierung an den Schulen war von Wendelin Mölzer (FPÖ) angesprochen worden. Immerhin müssten die Kinder von heute ausreichend auf die Herausforderungen der digitalen Welt vorbereitet werden, so Mölzer.

Das Thema "Hass im Netz" stieß Stephanie Cox in ihrer Frage an, als sie sich nach der Reaktion Faßmanns auf ein Facebook-Posting von Vizekanzler Heinz-Christian Strache hinsichtlich Weihnachtsdekoration an Schulen erkundigte. Nach Ansicht von Cox darf Straches auf Social Media verbreitete Feststellung, das Verbot von leicht entflammbarem Dekorationsmaterial komme einer politischen Indoktrinierung gleich, nicht unkommentiert bleiben, zumal das Posting einen "Shitstorm" gegen die betreffende Schuldirektorin ausgelöst habe. Faßmann meinte dazu, "die Sache sollte man nicht dramatisieren". Ein Missverständnis habe Straches Bemerkung ausgelöst, in der fraglichen Schule gebe es nämlich sehr wohl einen Christbaum. Grundsätzlich müssten Feste wie Weihnachten "als Teil des kulturellen Hintergrunds" an Schulen entsprechend begangen werden.

Zusatzmittel für Brennpunktschulen Knackpunkt bei Finanzausgleich

Die Streichung des Vorhabens aus dem Finanzausgleichgesetz, an sozioökonomisch benachteiligten Schulstandorten mehr Lehrpersonal einzusetzen, prangerte Sonja Hammerschmid (SPÖ) an. Gerade für diese sogenannten Brennpunktschulen sei zusätzliches Personal zur Unterstützung der SchülerInnen höchst notwendig, richtete die frühere Bildungsministerin ihrem Nachfolger aus. Faßmann erwiderte, bei den Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Finanzministerium und Bundesländern hätten Letztere gefordert, diesen Passus zur Ressourcenverteilung zu streichen.

Vorangegangen sei dem ein kaum zu lösender Konflikt über die Mittelzuteilung abhängig von der Bevölkerungsdichte einer Gebietskörperschaft, sprich ob größere oder kleinere Gemeinden mehr Geld und Lehrpersonal erhalten sollten. Das Bildungsministerium könne zwar beim Finanzausgleich nicht mitreden, räumte Faßmann ein, sein Ressort habe jedoch mit dem Bildungsreformgesetz die nötige Handhabe für Mittelumschichtungen in Richtung Brennpunktschulen.

In seiner Zuständigkeit legt Bildungsminister Faßmann viel Wert auf Dialog und Information, wie er in Richtung Katharina Kuchaworits (SPÖ) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) versicherte. So würden die im Regierungsprogramm vorgesehenen Talente-Checks von SchülerInnen in der dritten Klasse Volksschule und in der siebenten Schulstufe keineswegs wie von Kucharowits befürchtet einer "Mini-Matura" entsprechen, sondern lediglich bestehende Testformen zu "Kompetenz- und Potenzialmessungen" ohne Benotung ausbauen. Die von Hoyos-Trauttmansdorff vorgetragenen Sorgen von Eltern und PädagogInnen aufgrund der Exklusion der Vorschulen aus der Schulpflicht räumte Faßmann mit dem Hinweis aus, man wolle damit der Erfüllung der 9-jährigen Schulpflicht ohne Schulabschluss entgegenwirken. Das Bildungsministerium habe bei dieser Entscheidung die Schulpartner eingebunden, außerdem würden sämtliche Anfragen besorgter BürgerInnen an das Ressort natürlich beantwortet.

Betreuung an Universitäten durch zusätzliche Professuren verbessern

Anlässlich des nahenden Starts der Budget-Endverhandlungen zwischen Bundesminister Faßmann und den 22 öffentlichen Universitäten in Österreich richtete Nico Marchetti (ÖVP) die Aufmerksamkeit auf inhaltliche Schwerpunkte, die den Hochschulen mit den 1,3 Milliarden zusätzlichen Mitteln zwischen 2019 und 2021 auferlegt werden. Für Minister Faßmann ist die Verbesserung der Betreuungssituation in stark nachgefragten Studien, vulgo "Massenfächern", Hauptgesichtspunkt des künftigen Mitteleinsatzes. Weiters gelte es, die räumliche Infrastruktur der Universitäten auf den Stand der Zeit zu bringen, die universitären Forschungsprofile zu stärken und der wachsenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der Fachbereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) finanziell Rechnung zu tragen. Insgesamt geht es Faßmann um eine Erhöhung der Zahl aktiver Studierender, womit er wieder zum Betreuungsverhältnis zwischen ProfessorInnen und StudentInnen zurückkam.

Durch Mittelaufstockung würden rund 360 zusätzliche Professuren beziehungsweise Laufbahnstellen an den Hochschulen geschaffen, informierte der Wissenschaftsminister Andrea Kuntzl (SPÖ). Außerdem will er mit vermehrten "Senior Lecturers" temporären Beschäftigungsverhältnissen beikommen. "Die 1,3 Milliarden Euro stellen für die Universitäten einen enormen Schub dar", gab er Kuntzl recht, weniger Konsens fand er mit ihr beim Punkt Zugangsbeschränkungen. Während die SPÖ-Wissenschaftssprecherin gegen Zugangsbeschränkungen für Studien eintritt, warb Faßmann für die vorhandenen bundesweiten Aufnahmeregelungen in populären Fächern wie Rechtswissenschaften und Fremdsprachen, sowie für standortspezifische Regelungen in Absprache mit dem Ministerium.

MINT-Fächer auch an Fachhochschulen stärken

Den Schwerpunkt MINT-Fächer in der Wissenschafts- und Forschungspolitik schnitt einmal mehr Axel Kassegger (FPÖ) an, indem er mehr Unterstützung für Fachhochschulen (FH) in diesem Bereich einmahnte. Tatsächlich sehe der noch nicht finalisierte Entwicklungs- und Finanzierungsplan für Fachhochschulen 3.700 zusätzliche FH-Studienplätze vor, meinte Faßmann daraufhin, besonders in den Bereichen Digitalisierung und MINT. "Wir tun für die Fachhochschulen viel."

Nicht zuletzt müsse bei den MINT-Fächern die Geschlechterrelation der Studierenden verbessert werden, bestätigte der Minister überdies Stephanie Cox (JETZT) in ihrem Missfallen über den "Gender-Gap" in naturwissenschaftlichen Studienfeldern. Zur Anhebung des dortigen Frauenanteils habe man in der Hochschulkonferenz bereits konkrete Maßnahmen in Angriff genommen, etwa die Initiative "Frauen und Technik" an den Universitäten. Ungeachtet dessen müssten vor allem Stereotype abgebaut werden, die Frauen von MINT-Fächern fernhalten. Wie Cox betonte Faßmann, eine "große Chance" vergebe sich Österreich, wenn MINT weiterhin eine Männerdomäne bleibe. Immerhin müsse Österreich "Spitzenreiter in Forschung, Technik und Innovation" werden, fügte Maria Theresia Niss (ÖVP) mit Hinweis auf das hochgesteckte Ziel in der Forschungs- und Technologieentwicklung an.

Unterstützung für "Innovation Leader" Österreich

Faßmann drückte beim Stichwort "Innovation Leader" sein Verständnis einer ganzheitlichen Forschung aus: "Forschung nur um der Forschung Willen" ist ihm zu wenig, er präferiert eine "anwendungsorientierte Forschung". Universitäten dürften sich nicht scheuen, aus guten Ideen marktfähige Produkte zu entwickeln. Mit dem Forschungsfinanzierungsgesetz und der Exzellenzinitiative wolle die Politik die finanzielle Basis dafür legen. Die Grundlagenforschung in Österreich bleibe dabei mitnichten auf der Strecke, widersprach der Minister den Andeutungen Claudia Gamons (NEOS), der Wissenschaftsfonds FWF sei unterfinanziert. Erwähnte Exzellenzinitiative werde auch den FWF "mit frischem Geld in nennenswerter Höhe" stärken. Einen genauen Betrag wollte Faßmann ob der laufenden Verhandlungen aber nicht nennen.

Nicht zu vergessen sei, so Faßmann, dass die heimische Forschung auch seitens der Europäischen Union über das Horizon-Programm beträchtliche Mittel erhalte, sowie Drittmittel generiere. Die Ratsverhandlungen über das 9. Forschungsrahmenprogramm habe der österreichische Ratsvorsitz erfolgreich abgeschlossen, hielt er in Richtung Christian Hafenecker (FPÖ) fest. Eine Gesamtsumme von 100 Mrd. € sei dabei im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 vereinbart worden. Ungeachtet des geplanten EU-Austritts des Vereinigten Königreichs (UK) haben sich Faßmann zufolge die britischen VertreterInnen aktiv und konstruktiv an den Verhandlungen beteiligt, "als gäbe es kein Morgen". Daraus schließe er, das UK wolle jedenfalls weiter am europäischen Forschungsraum teilnehmen. (Fortsetzung Nationalrat) rei