Parlamentskorrespondenz Nr. 1510 vom 13.12.2018

Zugang zu Patientenverfügungen wird erleichtert

Nationalratsbeschluss regelt technische Voraussetzungen für Abfrage über ELGA, ergänzende Oppositionsanträge wurden abgelehnt

Wien (PK) – Die Novelle des Patientenverfügungsgesetzes (PatVG) erhielt heute im Nationalrat die Zustimmung aller Fraktionen. Die SPÖ schlug eine Kostenübernahme des Bundes für Patientenverfügungen einkommensschwacher Personen vor, der Antrag wurde aber abgelehnt. Stattdessen legten ÖVP und FPÖ fest, die Effekte der Novelle in Bezug auf deren Kostenentlastung zu evaluieren. Ein ergänzender Entschließungsantrag der NEOS zur Erarbeitung eines Konzepts zur Daten-Verknüpfung und Daten-Integration fand keine Mehrheit.

Mit den Änderungen im Patientenverfügungs-Gesetz werden die technischen Voraussetzungen für die Aufnahme von Patientenverfügungen in das ELGA-System geschaffen. Die Regierung möchte damit vor allem den Zugang zur Errichtung von Patientenverfügungen erleichtern und eine zentrale Abfragemöglichkeit etablieren. Die jeweiligen Gesundheitsdienstanbieter werden sodann in ELGA auf die aktuellste Version der Patientenverfügung zugreifen können. Derzeit sind die Verfügungen zum Teil in unterschiedlichen Datenbanken erfasst, künftig wird auch ein Zugang zu den von Rechtsanwälten und Notaren geführten Registern geschaffen. Die Patientenanwaltschaft soll die Errichtung von verbindlichen Patientenverfügungen laut Novelle kostenlos anbieten. Zudem wird die Frist bis zur Erneuerung einer verbindlichen Verfügung rückwirkend von fünf auf acht Jahre verlängert.

FPÖ und ÖVP: Künftig mehr Rechtssicherheit für PatientInnen

Weil man das Ende des Lebens Jahrzehnte lang tabuisiert habe, begrüßte es Brigitte Povysil (FPÖ) sehr, dass auf diesen Lebensabschnitt nun stärker Bezug genommen wird. Durch die Verbesserung der Regelung könne man PatientInnen nun die Angst vor der Handlungsunfähigkeit nehmen. Auch ihre FPÖ-Fraktionskollegen Petra Wagner und Volker Reifenberger sehen in der Novelle ein wichtiges Mittel zur Selbstbestimmung und zur Schaffung von Rechtssicherheit. Dass Patientenverfügungen bisweilen nur mäßig angenommen wurden, lag an den Kosten, am Aufwand sowie an der rechtlichen Unsicherheit über die Bindungswirkung, meinte Wagner. Durch die Anhebung der Gültigkeitsdauer werden die Kosten nun indirekt gesenkt, außerdem sei durch die gesetzliche Klarstellung künftig keine juristische Aufklärung mehr notwendig, sagte sie. Zwei wesentliche Probleme wären nun gelöst, meinte auch Reifenberger: Mittels der Zurverfügungstellung in ELGA sei die Auffindbarkeit von Patientenverfügungen im Ernstfall gesichert, außerdem werde der bürokratische Aufwand verringert, da Verfügungen nun erst nach 8 und nicht bereits nach 5 Jahren neu errichtet werden müssen.

Mit der Patientenverfügung werde eine bestimmte medizinische Behandlung abgelehnt, das dürfe man nicht mit aktiver Sterbehilfe verwechseln, sagte Johann Singer (ÖVP). Für den Fall, dass sich PatientInnen nicht mehr wirksam äußern können, habe man nun eine Verbesserung der derzeitigen Situation geschaffen. Mit der Novelle des Patientenverfügungsgesetzes wolle man aber keinen Druck auf ältere Menschen ausüben, stellte er klar. Viel mehr gehe es um das Recht auf Selbstbestimmung und Menschenwürde, die man damit zu schützen versuche.

Auch Josef Smolle (ÖVP) ging es darum, den Menschen die Angst vor der letzten Lebensphase zu nehmen. Durch die Schaffung von mehr Rechtssicherheit seien nicht nur die ÄrztInnen künftig auf der sicheren Seite, auch für die PatientInnen werde somit die Sicherheit geschaffen, dass ihre Verfügung allemal berücksichtigt wird. Auch die Laufzeitverlängerung würde die Angelegenheit seiner Ansicht nach erleichtern. ÖVP-Fraktionskollegin Angela Fichtinger sieht in der persönlichen, freiwilligen Entscheidung zur Verneinung lebenserhaltender Maßnahmen eine Möglichkeit, in Würde altern und sterben zu können. Leider wisse die Hälfte der Bevölkerung nicht, was eine Patientenverfügung sei, da bedarf es noch mehr Aufklärungstätigkeit, befand sie.

SPÖ und NEOS fordern finanziellen Beitrag seitens des Bundes

"Über unseren Körper sollen wir frei verfügen können", sagte Ruth Becher (SPÖ), die es bedauerte, dass nur jede/r Zwanzigste in Österreich eine Patientenverfügung verfasst hat. Die SPÖ pochte erneut auf die vollständige Kostenübernahme der Errichtung und Verlängerung von Patientenverfügungen für die einkommensschwächsten Menschen. Dass der Bund für die finanzielle Entlastung der PatientInnen sorgen sollte, sei eine der zentralen Empfehlungen der parlamentarischen Enquete-Kommission gewesen. Nach derzeitiger Regelung werden nur Aufklärungsgespräche von der Krankenversicherung abgedeckt, wenn Patientinnen bereits erkrankt sind. Zweck der Patientenverfügung sollte aber jedenfalls auch die Absicherung des eigenen Willens bereits vor Eintritt einer konkreten Krankheit sein, so das Argument. Der entsprechende Entschließungsantrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Mit der Einbringung und Annahme eines Entschließungsantrags stellten ÖVP und FPÖ sodann sicher, dass die Effekte der Gesetzesnovelle betreffend der Kostenentlastung einkommensschwacher Personen frühestens in einem Jahr evaluiert werden.

Irmgard Griss (NEOS) fand es gut, dass das Gesetz verbessert wird – es sei "aber noch nicht gut genug", etwa wegen der Befristung der Gültigkeitsdauer oder weil das Errichten einer Patientenverfügung niederschwellig möglich sein sollte. Auch sie berief sich auf die Empfehlungen der parlamentarischen Enquete-Kommission. Griss forderte die Bundesregierung auf, zu prüfen, in welcher Form Krankenkassen einen Kostenbeitrag zur Errichtung von Patientenverfügungen leisten können. Bei unbefristeter Verbindlichkeit der Verfügung sollte auf die finanzielle und bürokratischen Erleichterung sämtlicher Beteiligter geachtet werden, meinte sie. Die Erarbeitung eines Konzepts zur Daten-Verknüpfung und Daten-Integration erachtete sie außerdem als wünschenswert, der Vorstoß der NEOS fand jedoch keine mehrheitliche Zustimmung. (Fortsetzung Nationalrat) fan