Parlamentskorrespondenz Nr. 1552 vom 20.12.2018

Sonderklassegebühren in Spitalsambulanzen: ÖVP und FPÖ weisen SPÖ-Vorwurf der Ungleichbehandlung zurück

Bundesrat billigt Kranken- und Kuranstaltengesetz-Novelle sowie Neuerungen im Ärztegesetz und bei Patientenverfügungen

Wien (PK) – Die den Ländern nunmehr eingeräumte Möglichkeit zur Einhebung von Sonderklassegebühren für ambulante Leistungen sorgte heute auch im Bundesrat für eine kontroversielle Debatte. Die SPÖ sprach kritisch von "Luxusklasse für die Reichen" und einem Schritt in Richtung Zwei-Klassen-Medizin, während ÖVP und FPÖ der Opposition vorwarfen, durch bewusste Fehlinterpretation ein "pietätloses Spiel" auf dem Rücken der PatientInnen zu betreiben. In einem mehrheitlich angenommenen Entschließungsantrag appellierten die Regierungsparteien an die Gesundheitsministerin, dafür Sorge zu tragen, dass keine Unterschiede bei der Behandlung (insbesondere Umfang und Qualität) und beim Zugang zu medizinischen Leistungen (insbesondere Terminvergabe und Wartezeiten) zwischen PatientInnen der allgemeinen Gebührenklasse und PatientInnen mit Zusatzversicherung gemacht werden.

Konsens herrschte hingegen über eine Novelle des Ärztegesetzes, die die rechtliche Grundlage für die Anstellung von ÄrztInnen bei ÄrztInnen schafft. Keinen Einspruch erhob die Länderkammer auch gegen Änderungen im Patientenverfügungs-Gesetz und den darin enthaltenen Voraussetzungen für die Aufnahme von Patientenverfügungen ins ELGA-System.

SPÖ warnt vor "Luxusklasse für Reiche"

Stein des Anstoßes für die Kritik der SPÖ war ein Passus im Kranken- und Kuranstaltengesetz, der es den Ländern ermöglicht, Sonderklassegebühren für jene ambulanten Leistungen einzuheben, die bislang stationär erbracht worden waren. Die Einführung von Sondergebühren für die Sonderklasse sei inakzeptabel und würde zu Business-Loungen in den Ambulanzen und zu einer Überholspur bei den Terminen führen, kritisierte Bundesrat Michael Wanner (SPÖ/S). Man würde sich damit mehr Luxus erkaufen, wobei sich die Frage stelle, wer sich dies leisten könne. Die Regierung betreibe einmal mehr Politik für die Reichen, steht für Wanner fest, der in diesem Zusammenhang von einer Zwei-Klassen-Medizin sprach. Öffentliche Krankenhäuser würden mit den Steuergeldern aller Menschen finanziert, da gehe es nicht an, Betuchte zu Lasten anderer Gruppen zu bevorzugen, empörte er sich.

Regierungsparteien werfen SPÖ "pietätloses Spiel" auf dem Rücken der PatientInnen vor

Es gehe einzig und allein um die Definierung von Zusatzleistungen, zumal ja Zusatzversicherungen in die Spitalsfinanzierung einbezogen werden, unterstrich ÖVP-Bundesrat Anton Froschauer (ÖVP/O) mit Nachdruck. Er erinnerte daran, dass 1,8 Millionen Menschen eine private Zusatzversicherung haben und dafür über 800 Mio. € bezahlen. Durch die vorliegende Regelung werde nun garantiert, dass die Gelder der Privatversicherten im System der öffentlichen Krankenanstalten verbleiben. Die Zusatzleistungen sollen damit zur Spitalsfinanzierung beitragen, bestätigte auch Martin Preineder (ÖVP/N).

Die Novelle garantiere allen PatientInnen Qualität und Sicherheit, betonte namens der FPÖ Christian Steiner (FPÖ/T). Es werde keine Unterschiede zwischen Privatversicherten und gesetzlich Versicherten geben, stellte er klar und verwies auf den von den Regierungsparteien eingebrachten Entschließungsantrag, der einen entsprechenden Appell an die Gesundheitsministerin enthält. Der SPÖ warf er vor, ein "pietätloses Spiel" auf dem Rücken der PatientInnen zu betreiben.

Entrüstet zeigte sich Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein über die Vorwürfe der SPÖ. Es würde ihr nie im Schlaf einfallen, Ungleichbehandlungen von PatientInnen zuzulassen. Angesichts der Behauptungen der SPÖ sei sie "sprachlos".  

Die umstrittene Regelung ist Teil einer mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossenen Anpassung des Kranken- und Kuranstaltengesetzes, das insbesondere der Umsetzung des Strukturplans Gesundheit dient und flexiblere Formen der Spitalsorganisation ermöglichen soll. Die Novelle enthält zudem die Verpflichtung, laufende Aufzeichnungen in elektronischer Form über Infektionen mit Krankenhauskeimen zu führen. (Fortsetzung Bundesrat) hof


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