Parlamentskorrespondenz Nr. 36 vom 16.01.2019

Unterrichtsausschuss: Personalmangel im Kindergarten ernstes Problem

Debatte über Oppositionsanträge zu Elementarpädagogik, Schulbudget, Lehrplänen, Lehrerausbildung

Wien (PK) – Den Mangel an Kindergärtnerinnen und Kindergärtnern in Österreich halten alle Parteien für ein großes Problem im heimischen Bildungswesen. Das wurde heute im Unterrichtsausschuss des Nationalrats deutlich, als ein Antrag von SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid zum Thema Elementarpädagogik behandelt wurde. Den SPÖ-Entschließungsantrag auf gesetzliche Anpassungen bei Ausbildung und Anstellung von ElementarpädagogInnen vertagte die ÖVP-FPÖ-Mehrheit im Ausschuss zwar, ÖVP-Abgeordnete Angelika Kuss-Bergner befand aber, die Attraktivität der Arbeit von ElementarpädagogInnen sei unbedingt zu heben. Zwecks finanzieller Absicherung entsprechender Konzepte habe man Städte- und Gemeindebund in den politischen Diskurs miteinzubeziehen, da diese die finanzierungsverantwortlichen Gebietskörperschaften vertreten.

Außerdem mehrheitlich vertagt wurden sämtliche weitere Anträge auf der Tagesordnung des Ausschusses: SPÖ-Vorschläge für einen Chancenindex zur Mittelverteilung an Schulen, für mehr Europabildung und zur Einbeziehung der Vorjahresnote bei der Maturabewertung, sowie NEOS-Anträge zur Aufwertung des Unterrichtsfachs "Politische Bildung", Änderung des Bildungsinvestitionsgesetzes zum Ganztagsschulausbau, digitalen Bildung für Lehrkräfte und auf einstweilige Beibehaltung des Unterrichtspraktikums. Konkret prangerte NEOS-Bildungssprecher Douglas Hoyos-Trauttmansdorff an, die Induktionsphase in der PädagogInnenbildung NEU sei als Ersatz für das Praktikum noch nicht ausgereift. Bildungsminister Heinz Faßmann hält diese Sorge für unbegründet, immerhin biete das für alle LehrerInnen verpflichtende Bachelorstudium viel mehr Praxisbezug als die alte Lehrerausbildung. Anders als bei den übrigen Vertagungen schloss sich die SPÖ hier dem Vertagungsbeschluss der Regierungsfraktionen an.

KindergärtnerInnen: Hoffnung auf Erwachsenenbildung

Mehr Geld für die Elementarpädagogik-Kollegs, in denen sich Erwachsene zu KindergärtnerInnen ausbilden lassen können, sowie bundesweite Standards bei Weiterbildung und Anstellungserfordernissen für ElementarpädagogInnen, das fordert die SPÖ (550/A(E) ). In der Erwachsenenbildung bestehe viel Potenzial zur Eindämmung des Personalmangels an Kindergärten, erklärte Sozialdemokratin Katharina Kucharowits im Ausschuss, denn zahlreiche AbsolventInnen der Bildungsanstalten für Elementarpädagogik (BAfEP) würden aufgrund ihres jungen Alters den Beruf nicht antreten wollen. Besonders prekär sei die Situation im Bereich der Sonderpädagogik, weswegen das an einigen Pädagogischen Hochschulen angebotene Bachelorstudium "Elementarbildung: Inklusion und Leadership" eindeutig zur Anstellung in der Sonderpädagogik berechtigen sollte. Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) sieht in einer akademischen Ausbildung zur Kindergärtnerin oder zum Kindergärtner grundsätzlich eine Chance, "das alte Bild der Kindergartentante abzustellen". Gerade für QuereinsteigerInnen sei eine höhere soziale Wertigkeit dieses Berufsfelds wichtig.

Andrea Michaela Schartel (FPÖ) räumte ein, eine bessere Ausbildung in der Kinderbetreuung sei fraglos wichtig. Sie stieß sich jedoch am Ruf nach einer "Akademisierung" der Elementarpädagogik. "Die soziale Kompetenz und die Herzenswärme" der PädagogInnen, unabhängig von ihrer Ausbildung, müssten als Wert an sich anerkannt werden.

Chancen-Index: Neue Form der Mittelzuteilung an Schulen in Vorbereitung

Für eine sozial gerechte Finanzierung der Schulen tritt SPÖ-Bildungssprecherin Hammerschmid mit ihrem Chancen-Index-Modell zur Mittelverteilung an Schulstandorte ein (106/A(E) ). Abgestimmt auf den sozio-ökonomischen Hintergrund der Schülerpopulation einer Schule sollten demnach die Standorte die für sie nötigen Geldmittel erhalten. Schon in der Bildungsreform 2017 habe man eine derartige chancenindexierte Mittelverteilung vorgesehen, erinnerte Alois Rosenberger (ÖVP). Eine diesbezügliche Verordnung plane das Bildungsministerium für das Schuljahr 2019/20. "Kein Gießkannenprinzip" solle es bei der künftigen Mittelverteilung mehr geben, unterstrich FPÖ-Abgeordneter Christian Schandor, der Abschluss der Schulanmeldungen für kommendes Schuljahr sei abzuwarten. Damit konterte er Christian Kovacevic (SPÖ), der appellierte, im Sinne der Personalplanung an den Schulen die Entscheidung über den Chancen-Index nicht weiter zu verzögern.

Lehrpläne: Opposition regt Politik und EU als Schwerpunkte an 

Eigene Fördermittel sollten nach Ansicht der SPÖ bereitgestellt werden, um Schülerinnen und Schülern die Europäische Union im Unterricht näherzubringen. Finanziert werden könnten dadurch etwa Besuche der Schulklassen in EU-Institutionen, schlägt Antragsteller Jörg Leichtfried vor. Grundsätzlich gelte es, im Rahmen der Lehrplanadaptierung EU-Themen besser abzubilden (129/A(E) ). Hinsichtlich der Neugestaltung von Lehrplänen gibt es auch von den NEOS einen Vorstoß, nämlich zur Aufwertung des Fachs "Politische Bildung". NEOS-Sprecher Hoyos-Trauttmansdorff drängt in seinem Antrag (519/A(E) ) auf eine Erhöhung der entsprechenden Modulzahl in den Lehrplänen, verbunden mit einer separaten Benotung des Fachs im Zeugnis.

Obwohl sowohl die Europa- als auch die "Politische Bildung" vom Ausschuss allgemein als bedeutend hervorgehoben wurden, schickten die Regierungsfraktionen die Oppositionsinitiativen dazu vorerst in die Warteschleife. Ausschussvorsitzender Wendelin Mölzer, Bildungssprecher der FPÖ, brachte etwa sein Problem mit den angeregten Brüssel-Reisen von Schulklassen auf den Punkt: Die Kosten dafür seien zu hoch, zudem würden die dortigen EU-Institutionen den Aufwand eines Besuchs aller österreichischen Schulklassen "nicht stemmen können". Sinnvoller sei es, im Inland bestehende Konzepte der politischen Bildung, gerade im Bereich EU, auszubauen. Er nannte hier speziell die Demokratiewerkstatt des Parlaments, die wiederum von Katharina Kucharowits (SPÖ) genauso wie das Jugendparlament und das Lehrlingsparlament als Beweis dafür angeführt wurde, dass Jugendlichen die Politik am besten durch direkten Kontakt vermittelt wird.

Zentralmatura: Faßmann kündigt Evaluierungsbericht an

Ende Jänner werde das Bildungsministerium einen wissenschaftlich fundierten Bericht zur Weiterentwicklung der standardisierten Reife- und Diplomprüfung präsentieren, versicherte heute Bildungsminister Heinz Faßmann dem Unterrichtsausschuss. Als kurzfristige Maßnahme würden bei der kommenden Mathematik-Matura die Prüfungsfragen "vernünftig gestellt", wie ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner in seinen Ausführungen über die laufende Diskussion zur Reife- und Diplomprüfung sagte. "Bitte um Geduld." Die Anregung der SPÖ dazu werde in die Gespräche mit allen Stakeholdern aufgenommen, so Faßmann zum Antrag der SPÖ, der auf neue Möglichkeiten der Leistungsbewertung bei der standardisierten Reife- und Diplomprüfung, vulgo Zentralmatura, abzielt. Die Jahresnote des vorangegangenen Schuljahres sollte demnach im Bedarfsfall bei der Bewertung miteinbezogen werden, damit eine negative Tagesverfassung des Kandidaten oder der Kandidatin ein positives Abschneiden nicht völlig unmöglich macht (501/A(E) ).

Privatschulen: NEOS mahnen Gleichheitsgrundsatz bei Fördervergabe ein

Das neue Bildungsinvestitionsgesetz zum Ausbau von Ganztagsschulen sei ungerecht, finden die NEOS. Die darin verankerte staatliche Unterstützung zur Erhöhung des Anteils ganztägiger Schulen stelle nämlich einzig auf öffentlich Schulen ab, wodurch Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht leer ausgingen. Bildungsminister Faßmann habe hier Abhilfe zu schaffen (312/A(E) ), zumal aus dem Bildungsministerium mündliche Zusagen an die Privatschulen ergangen seien, dass die Förderungen zum Ganztagsschulausbau nach 2018 weiterlaufen. Mit ihrem Appell stießen die NEOS heute auf offene Ohren bei Minister Faßmann. Sein Ministerium arbeite an einer Novelle zum Bildungsinvestitionsgesetz, von dem auch Statutschulen umfasst seien, so der Bildungsminister. Die Fraktion möge das ihrem ehemaligen Parteichef Matthias Strolz ausrichten, von dem der Antrag initiiert worden war.

Lehrkräfteausbildung: Digitale Kompetenzen von wachsender Bedeutung

Bei der Aus- und Fortbildung von LehrerInnen erwartet NEOS-Bildungssprecher Hoyos-Trauttmansdorff mehr Gewicht für digitale Kompetenzen. In einem entsprechenden Antrag (521/A(E) ) verweist er auf den angekündigten "Masterplan Digitalisierung" des Bildungsministeriums, in dem die Lehrerweiterbildung im digitalen Bereich von grundlegender Bedeutung sei, wie Maria Theresia Niss (ÖVP) bestätigte. Der Masterplan sei aber noch nicht finalisiert, laut Edith Mülberghuber (FPÖ) müssten noch wichtige Aspekte der Digitalisierungsoffensive besprochen werden. An Klaudia Friedl (SPÖ) gewandt, fügte Bundesminister Faßmann an, das unter seiner Vorgängerin Sonja Hammerschmid ausgearbeitete Digitalisierungskonzept bilde die Grundlage für den Masterplan.

Die PädagogInnenbildung NEU, unter Hammerschmid noch in die Wege geleitet, veranlasste die NEOS zu einem weiteren Antrag in Bezug auf die Lehrkräfteausbildung. Formuliert sind darin Sorgen, die laut Hoyos-Trauttmansdorff auch von der Lehrergewerkschaft geteilt werden, nämlich inwieweit LehrerInnen nach Abschaffung des Unterrichtspraktikums ab nächstem Schuljahr auf ihren Beruf vorbereitet werden. Nach Ansicht des NEOS-Bildungssprechers ist die im neuen Ausbildungsplan vorgesehene "Induktionsphase" noch nicht ausgereift. Das Unterrichtspraktikum solle daher bis auf Weiteres ermöglicht werden (524/A(E) ). Faßmann konnte diese Bedenken jedoch ebenso wenig nachvollziehen wie Hammerschmid: beide plädierten dafür, "dem System eine Chance zu geben". Aufgrund des praxisnahen Studiums angehender LehrerInnen würden die AbsolventInnen dienstrechtlich als vollwertige LehrerInnen gelten, deren BetreuungslehrerInnen nur noch Mentorenfunktion hätten, erläuterte Faßmann. Man solle dem neuen System Zeit geben, um Erfahrungswerte zu sammeln, die gegebenenfalls für Nachschärfungen genutzt werden. (Schluss Unterrichtsausschuss) rei


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