Parlamentskorrespondenz Nr. 80 vom 30.01.2019

Nationalrat: Debatte über Cum-Ex-Geschäfte sowie über Fonds und Stiftungen des Bundes

Sieben Rechnungshofberichte zu Finanzthemen im Plenum

Wien (PK) – Kein geringeres Thema als Kapitalertragsteuer-Betrug stand am Abend der heutigen Sitzung des Nationalrats im Mittelpunkt einer Debatte über einen Rechnungshofbericht zu KESt-Erstattungen nach Dividendenausschüttungen im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften. Außerdem beschäftigten sich die Abgeordneten zur späten Stunde mit einem Rechnungshofbericht, der ein Konzept für Fonds und Stiftungen des Bundes einmahnt.

Die beiden Berichte wurde mit fünf weiteren des Rechnungshofs (RH) zu Finanzthemen unter einem verhandelt, alle wurden einhellig zur Kenntnis genommen. Die restlichen Berichte betrafen die Transparenz von Begünstigungen im Einkommensteuerrecht, die Gold- und Pensionsreserven, den Jubiläumsfonds sowie Sozialleistungen in der Oesterreichischen Nationalbank, den Finanzkraftausgleich und die Qualitätssicherung der Gemeindehaushaltsdaten, und schließlich eine Analyse der Ziele und Zielerreichung sowie der Kosten und des Kontrollsystems im Bereich der Familienbeihilfe.

Cum-Ex-Geschäfte: JETZT und SPÖ drängen auf Bezifferung des Schadens

Basis der Debatte über KESt-Betrug bzw. sogenannte Cum-Ex-Geschäfte bildete ein RH-Prüfbericht zu Kapitalertragsteuer-Erstattungen nach Dividendenausschüttungen. Österreich habe in Zusammenhang mit Betrügereien rund um die Rückerstattung der Kapitalertragsteuer nach Dividendenausschüttungen, sogenannten Cum-Ex-Geschäften, einen Schaden von zumindest 6 Mio. € erlitten, räumte Finanzminister Hartwig Löger bereits im Rechnungshofausschuss ein. Demnach könnte der Schaden noch steigen: Insgesamt 200 Fälle werden ihm zufolge neu aufgerollt. Gleichzeitig habe das zuständige Finanzamt aber Auszahlungen von 38,35 Mio. € verweigert.

Ende 2012 waren in Deutschland erste Fälle von Betrügereien mit Cum-Ex-Geschäften bekannt geworden: Bei Cum-Ex-Geschäften werden Aktien rund um den Dividendenstichtag gehandelt. Sie werden "mit" (cum) Dividendenberechtigung verkauft und "ohne" (ex) geliefert. In diesen Fällen sei es nicht einfach abzuklären, wer berechtigt ist, die abgeführte Kapitalertragsteuer rückerstattet zu bekommen. So könne es zu Mehrfachrückerstattungen kommen. Dem Rechnungshof zufolge bergen Doppelbesteuerungsabkommen in diesem Zusammenhang ein erhöhtes Missbrauchsrisiko in sich.

Im Mai 2016 regten Bruno Rossmann und KollegInnen eine Rechnungshofprüfung an, nachdem es geheißen hatte, Österreich habe keinen Schaden erlitten, wie Rossmann betonte. Im RH-Ausschuss habe der Minister nun zugegeben, dass es auch in Österreich zu Steuerbetrug gekommen ist. Löger habe dort auch angekündigt, bis Ende März den Gesamtschaden zu eruieren. Dass der Schaden beziffert wird, ist auch Karin Greiner (SPÖ) ein Anliegen. Wie auch Rossmann kritisierte sie analog zum Rechnungshof, dass es in den betreffenden Finanzämtern mangelnde Personalausstattung und überaltete IT gab. Der Finanzminister sei dringend aufgefordert, die Schadenssumme zu nennen und in der Finanzverwaltung nicht den Sparstift anzusetzen. Ruth Becher (SPÖ) fügte dem hinzu, wenn ein einfacher Diebstahl im Supermarkt mit harten Strafen geahndet werde – jemand aber, der im schicken Büro der Republik einen Schaden zufügt nichts zu befürchten habe, zeichne das ein schreckliches Sittenbild und sei unerträglich.

Demgegenüber unterstrich Gerald Hauser (FPÖ), der Finanzminister nehme sich der Sache an. Zu Schaden sei die Republik auch bereits vor seiner Zeit gekommen. Außerdem handle es sich bei diesen Geschäften um ein internationales Spezifikum und nicht um ein alleinig österreichisches. Auch Andreas Hanger (ÖVP) verwies auf die internationale Dimension der Steuerbetrügereien. Bereits 2012 seien Auszahlungsstopps verhängt worden, entgegnete er entsprechenden Vorwürfen von Rossmann. Gegenüber der Verwaltungs-Struktur-Kritik sei Österreich aber im Bereich Digitalisierung und Finanzverwaltung Vorreiter, so Hanger, etwa im Bereich Finanz-online.

Rechnungshof mahnt Konzept für Fonds und Stiftungen des Bundes ein

In einem Prüfbericht nahm der Rechnungshof Ende 2015 die Steuerungsgebarung der zu der Zeit bestehenden 58 Fonds und Stiftungen des Bundes mit einem Vermögen von 6 Mrd. € und Verbindlichkeiten in der Höhe von 4,4 Mrd. € im Jahr 2014 unter die Lupe. Aus dieser Prüfung folgernd empfiehlt er, eine Leitlinie für die Einrichtung und Steuerung von Fonds, Stiftungen und Anstalten des Bundes zu konzipieren. Bei mehr als der Hälfte der analysierten Fonds und Stiftungen bestehen laut Bericht Zweifel an der Zweckmäßigkeit der Einrichtung. Hier würden die typischen Nachteile solcher Einrichtungen überwiegen, wie der tendenzielle Mangel an Transparenz und budgetärer Flexibilität sowie die Begünstigung von Ineffizienzen, kritisiert der RH.

Wolfgang Zanger (FPÖ) griff die Kritik an einem fehlenden Konzept heraus. Leitlinien zu erarbeiten sei wünschenswert, wenn auch eine komplexe Materie. Karin Doppelbauer (NEOS) pochte darauf, das Augenmerk auf die Zweckmäßigkeit solcher Einrichtungen zu legen. Auch Johann Singer (ÖVP) strich die Feststellung des RH hervor, dass Fonds und Stiftungen nur in bestimmten Konstellationen zweckmäßig sind.

Zuweisungen zur Finanzkraftstärkung der Gemeinden

Der RH-Bericht über die Finanzzuweisungen nach § 21 Finanzausgleichsgesetz 2008 hatte die Zuweisungen zum Ausgleich der unterschiedlichen finanziellen Ausstattung der Gemeinden in den Ländern Salzburg, Steiermark und Tirol zum Inhalt und umfasste den Prüfungszeitraum von 2011 bis 2015. Der Rechnungshof beanstandete die Regelungen als zu komplex und fehleranfällig und empfahl eine grundsätzliche Neuausrichtung und Vereinfachung des Finanzkraftausgleichs sowie mehr Transparenz.

Der Schlüssel, wie Gemeinden Geld bekommen, werde schon lange von der FPÖ kritisiert, sagte dazu Gerald Hauser (FPÖ). Er erachtet ihn als unfair, oft auch als Politikum und wünscht sich, dass das Kärntner oder auch Salzburger Modell auf alle Länder angewendet wird. Anderer Meinung ist dazu Andreas Kollross (SPÖ). Es brauche auch da und dort eine andere Gewichtungen der Anteile. Ihm geht es darüber hinaus darum, eine Aufgabenorientierung zu schaffen, damit das Geld wirklich dort ankomme, wo Leistung gebracht wird.

Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) hob hinsichtlich Transparenz zum Gemeindebudget hervor, der RH habe Tirol und die Steiermark in dieser Hinsicht als Best-Practice-Modell empfohlen - dem könnten aus ihrer Sicht alle Bundesländer folgen.

Qualitätssicherung der Gemeindehaushaltsdaten

Was die Qualitätssicherung der Gemeindehaushaltsdaten betrifft, mahnte der Rechnungshof einheitliche Vorgaben ein und unterstrich überdies die Notwendigkeit einer Verbesserung der durchgeführten Prüfungen und der Weiterentwicklung der Qualitätssicherung. Weiters sollten die Voraussetzungen für eine Integration der zusätzlichen Datenanforderungen des Stabilitätspakts (z. B. mittelfristige Finanzplanung) in die Gebarungsstatistikerhebung geschaffen werden.

Andreas Kollross (SPÖ) geht es in der Schlussfolgerung darum, dass es künftig eine Vereinheitlichung der Datenübermittlung und Prüfroutine brauche.

Einstimmig angenommen wurden schließlich auch drei weitere Berichte des Rechnungshofs: ein Bericht betreffend die Transparenz von Begünstigungen im Einkommenssteuerrecht (Follow-up-Überprüfung); ein Bericht betreffend die Oesterreichische Nationalbank zu Gold- und Pensionsreserven, Jubiläumsfonds sowie Sozialleistungen (Follow-up-Überprüfung); und ein Bericht des Rechnungshofs betreffend die Familienbeihilfe, deren Ziele und Zielerreichung, Kosten und Kontrollsystem. Zur OeNB-Prüfung zeigte sich Jessi Lintl (FPÖ) erfreut, dass nunmehr die Hälfte des österreichischen Goldschatzes im Lande sei. Aber auch die internationale Handlungsfähigkeit bleibe im vollsten Umfang gewahrt. Christian Lausch (FPÖ) sprach das Thema Sozialleistungen der OeNB an, das vom RH auch aufgeworfen wurde. Hier sei seitens OeNB nun zügig "normalisiert" worden. (Fortsetzung Nationalrat) mbu