Parlamentskorrespondenz Nr. 393 vom 11.04.2019

Parteienförderung: Bundesrat billigt neue Valorisierungsklausel

Auch weitere Nationalratsbeschlüsse haben die Länderkammer passiert

Wien (PK) – Die Parteienförderung wird heuer wie geplant um 2% statt um 7,8% erhöht. Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung mehrheitlich beschlossen, keinen Einspruch gegen den entsprechenden Gesetzesbeschluss des Nationalrats zu erheben. Damit kann die Novelle zum Parteiengesetz und zum Parteienförderungsgesetz rückwirkend mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten. Die zweiprozentige Erhöhung gilt auch für die Wahlkampfkostenobergrenze, meldepflichtige Parteispenden und die besondere Parteienförderung nach Europawahlen. Überdies sieht das Gesetzespaket künftig eine jährliche Valorisierung sämtlicher Beträge vor.

Ebenfalls die Länderkammer passiert haben ein neues Ziviltechnikergesetz, eine kleine Schulnovelle, unter anderem zu den Deutschförderklassen, sowie Änderungen im Staatsdruckereigesetz und im Verwaltungsgerichtshofgesetz. Zudem nahmen die BundesrätInnen Berichte des Verkehrsministeriums über aktuelle EU-Vorhaben sowie gemeinwirtschaftliche Leistungen im Bereich des Schienenverkehrs zur Kenntnis.

Neu in den Bundesrat eingezogen ist der Wiener Bernd Saurer (FPÖ). Er hat das Mandat von Georg Schuster übernommen.

Justizminister Moser will doppelte UVP-Verfahren vermeiden

Justizminister Josef Moser nutzte die Debatte zur Novellierung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes dazu, um die BundesrätInnen über laufende Verhandlungen mit den Ländern über weitere Kompetenzbereinigungen sowie Maßnahmen zur Entbürokratisierung zu informieren. So ist ihm zufolge nach wie vor geplant, auch die Gesetzgebungszuständigkeiten für Elektrizitätswesen, Krankenanstalten und Armenwesen klar entweder dem Bund oder den Ländern zuzuordnen. Davon betroffen wäre auch die Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe, dazu liegt dem Parlament derzeit ja ein Grundsatzgesetz des Bundes zur Beratung vor.

Moser ist es zudem ein Dorn im Auge, dass bei Großprojekten im Straßen- und Schienenbereich derzeit zwei Umweltverträglichkeitsprüfungen erforderlich sind, eine auf Bundesebene und eine auf Landesebene. Ihm schwebt vor, künftig nur noch ein Verfahren durchzuführen, wobei bei Projekten über Ländergrenzen hinweg der Bund Herr des Verfahrens sein soll, mit einer Parteienstellung der Länder. Ist nur ein Bundesland betroffen, könnte dieses für die UVP zuständig sein, während der Bund Parteienstellung hätte.

Weitere Verhandlungspunkte betreffen laut Moser die Einsetzung von Amtssachverständigen über Bundesländergrenzen hinweg sowie einen bundeseinheitlichen Strafrahmen für Ehrenkränkung. Derzeit gebe es hierzu in sechs Ländern eine Regelung, in drei Ländern nicht, skizzierte er. Zudem würden Gespräche über die Pflegefinanzierung geführt. Moser sprach von einem insgesamt sehr konstruktiven Klima und ersuchte die BundesrätInnen um Unterstützung.

SPÖ fordert wirksame Sanktionen bei Überschreiten des Wahlkampfkostendeckels

Kritik an der Novelle des Parteienförderungsgesetzes und des Parteiengesetzes äußerte die SPÖ. Sie vermisst ein Limit für Einzelspenden und schärfere Sanktionen für Parteien, die die Wahlkampfkostenobergrenze überschreiten. Die ÖVP habe bei den letzten Nationalratswahlen um 6 Mio. € mehr ausgegeben als erlaubt, die FPÖ um 4 Mio. €, stellte die Wiener Bundesrätin Korinna Schumann in diesem Zusammenhang fest. Mit einer Begrenzung von Einzelspenden würde man ihr zufolge zudem der Abhängigkeit von Parteien gegenüber Großspendern entgegenwirken.

Grundsätzlich an der Parteienförderung rütteln will Schumann nicht. Parteien seien ein unverzichtbarer Teil des demokratischen Systems, eine staatliche Parteienförderung sei wichtig, bekräftigte sie. Kritisch merkte sie allerdings an, dass die neue Valorisierungsklausel schon nach vier Jahren teurer kommen werde als die derzeitige Regelung. Man könne auch schwer argumentieren, warum die Parteienförderung künftig jährlich valorisiert wird, das Pflegegeld jedoch nicht.

Für Karl Bader (ÖVP/N) und Monika Mühlwerth (FPÖ/W) ist hingegen klar, dass die Koalition "im System spart". Schließlich würde die Parteienförderung ohne das vorliegende Gesetzespaket heuer um 8% und nicht um 2% steigen, machten sie geltend. Auch langfristig sei die neue Regelung billiger, ist Bader überzeugt. Die Notwendigkeit einer Begrenzung von Großspenden sieht er nicht, es gebe hier klare Transparenzregeln.

Bundesrätin Mühlwerth stellte die Vermutung in den Raum, dass die SPÖ gegen das Gesetzespaket stimmt, weil sie eine Erhöhung der Parteienförderung um 8% bevorzugt hätte. Schließlich sei die alte Valorisierungsklausel unter der Regierung Faymann beschlossen worden. Dass die Parteienförderung künftig jährlich valorisiert wird, verteidigte Mühlwerth als transparent, zudem erspare man sich dadurch ständige Diskussionen um eine Erhöhung der Förderung. Von Seiten der Grünen meldete sich in dieser Debatte niemand zu Wort.

Verkehr und Digitalisierung: Bundesrat debattiert über Ressortberichte

Eröffnet wurde die heutige Sitzung mit Verkehrsthemen. Den Mitgliedern der Länderkammer lag zunächst ein Bericht von Verkehrsminister Norbert Hofer über aktuelle EU-Vorhaben im Bereich Verkehr und Digitalisierung vor. Er informiert unter anderem über das Maßnahmenpaket "Mobilität und Klimaschutz", die Aktivitäten Brüssels bei der Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping im Zusammenhang mit der Richtlinie für die Entsendung von Kraftfahrern und gemeinschaftsrechtliche Initiativen für mehr Sicherheit im digitalen Binnenmarkt.

Der Bundesrat nahm dieses Papier ebenso einstimmig zur Kenntnis wie einen Bericht des Verkehrsressorts über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bahn. Daraus geht hervor, dass hierzulande pro Kopf und Jahr durchschnittlich 1.434 Kilometer mit der Bahn zurückgelegt werden, womit die Österreicherinnen und Österreicher auch einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrs leisten. Schon jetzt sind rund 73% des ÖBB-Streckennetzes elektrifiziert, auf diesen Strecken werden rund 87% aller Schienenverkehrsleistungen erbracht. In den kommenden Jahren sollen weitere Strecken elektrifiziert werden, um den Anteil der mit sauberer Energie beförderten Personen weiter zu steigern und die Erreichung der Klimaschutzziele des Übereinkommens von Paris zu ermöglichen, heißt es darin weiter.

Ausschreibung bei Druck von Reisepässen, mehr Flexibilität für den VwGH, Neuerungen für ZiviltechnikerInnen

Einhellig befürworteten die Bundesrätinnen und Bundesräte die Änderungen im Staatsdruckereigesetz , wonach der Druck von Reisepässen und anderen Sicherheitsdokumenten künftig ausgeschrieben werden muss. Dabei handelt es sich um eine Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom März 2018, der ein europaweites Vergabeverfahren derartiger Dienstleistungsaufträge eingemahnt hat. Wie im Nationalrat waren sich auch die LändervertreterInnen darin einig, dass hohe Sicherheits- und Datenschutzstandards auch bei künftigen Auftragsvergaben eine zentrale Rolle spielen müssen, zumal es sich dabei um höchst sensible Dokumente handelt. Die Arbeit der Staatsdruckerei als ein High-Tech-Unternehmen wurde allseits gelobt.

Auch die Novelle zum Verwaltungsgerichtshofgesetz wurde unisono befürwortet. Demnach wird dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) künftig mehr zeitliche Flexibilität bei Stellenausschreibungen eingeräumt. Planstellen für VwGH-RichterInnen sollen in Hinkunft möglichst sechs Monate vor, spätestens jedoch drei Monate nach Freiwerden ausgeschrieben werden müssen.

Ebenso ohne Einspruch blieben die Neuerungen für ZiviltechnikerInnen , sie fußen auf Erfahrungen aus der Praxis. Die derzeit geltenden Regelungen für ZiviltechnikerInnen werden damit in einem einzigen Regelwerk zusammengeführt. Der Berufszugang wird erleichtert, darüber hinaus wird die Verpflichtung zur Fortbildung konkretisiert. Außerdem soll ein Dienstverhältnis eines Ziviltechnikers zu einem anderen Ziviltechniker sowie zu einer Ziviltechnikergesellschaft künftig zulässig sein, sowie Ziviltechniker jegliche Art von Personen- und Kapitalgesellschaften des Unternehmensrechts bilden dürfen, die in das Firmenbuch eingetragen werden können. Die Novelle wurde von allen Seiten begrüßt.

Unterschiedliche Positionen zu Deutschförderklassen auch im Bundesrat

Weniger Einigkeit gab es bei den Änderungen im Schulrecht . Der Gesetzesantrag passierte den Bundesrat nur mit ÖVP-FPÖ-Mehrheit.

Zentraler Punkt darin ist eine Adaptierung bei den Regelungen zu Deutschförderklassen und -kursen, die als Integrationsmaßnahme im Herbst 2018 eingeführt wurden. Da die standardisierten Testungen als Grundlage für die Zuweisung zu einer Fördermaßnahme noch nicht abschließend implementiert sind, soll besonders für die aktuell betroffenen SchülerInnen eine möglichst kurze Dauer der Maßnahme außerhalb des Regelunterrichts sichergestellt werden.

SPÖ und Grüne brachten einmal mehr ihre grundsätzlichen Bedenken zu den Deutschförderklassen und -kursen zum Ausdruck. So gab Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) zu bedenken, dass man das System an die Bedürfnisse der Menschen anpassen müsse und nicht umgekehrt. Die Schule braucht ihrer Meinung nach mehr Ressourcen, aber keine Parallelsysteme, die ja auch Ressourcen kosten. Der oberösterreichische Mandatar der Grünen, David Stögmüller, sprach in Bezug auf die Deutschförderklassen von einer "schulpolitischen Einbahnstraße" und von einer "Katastrophe". Die von der Regierung getroffenen Maßnahmen sind seiner Meinung nach dem Populismus geschuldet. Kinder würden von den MitschülerInnen und LehrerInnen Deutsch lernen, stattdessen würden Deutschförderklassen diese Lernmöglichkeiten einschränken und selektieren, stellte er fest. Stögmüller forderte mehr Geld, mehr SozialarbeiterInnen und PsychologInnen an den Schulen und mehr Schulautonomie.

Dem hielt Martina Ess (ÖVP/V) entgegen, dass in Österreich viel in Bildung und Sprachschulung investiert werde. Sie erinnerte an die Zahlen aus dem Integrationsbericht 2018, wonach ein Viertel aller SchülerInnen nicht Deutsch als Muttersprache haben und 30% der SchülerInnen nach dem Pflichtschulabschluss nicht sinnerfassend lesen können. "Da wurde jahrelang nicht hingeschaut", warf sie der SPÖ vor. Nun aber würden Kinder unterstützt, Sprachkompetenz in der Unterrichtssprache zu erwerben. Man habe rasch handeln müssen, war sie sich mit Monika Mühlwerth (FPÖ/W) einig. Das bisherige Modell sei kein Erfolgsmodell gewesen, ein Systemwandel sei daher notwendig gewesen, ergänzte Mühlwerth. Man könne nicht bei jeder notwendigen Neuerung an alle Eventualitäten denken, deshalb müsse man eben nachjustieren.

Wie sollen Kinder in Klassen, wo der Anteil an nicht deutsch sprechenden SchülerInnen fast 100% ist und diese auch noch unterschiedliche Sprachen sprechen, von MitschülerInnen lernen, stellte Mühlwerth die Frage in den Raum. Außerdem würden viele ausländische Familien gar nicht den Kontakt zu österreichischen Familien suchen, argumentierte sie und wies darauf hin, dass die betreffenden SchülerInnen keineswegs vom Regelunterricht ausgeschlossen seien.

Dies wurde auch von Bildungsminister Heinz Faßmann bekräftigt. Deutschförderklassen seien eine teilintegrative und teilselektive Form der Sprachvermittlung, die noch dazu zeitlich begrenzt sei. Es gebe einen Überlappungsbereich mit anderen Fächern und sehr viel Flexibilität. "Sprache ist keine Ideologie, sie ist es nur dann, wenn man eine daraus macht", so der Minister. Hinsichtlich der von Stögmüller geforderten Autonomie stellte Faßmann klar, dass Autonomie sehr vielfältig sein kann und man sagen müsse, welche man meine. Personalautonomie sei beispielsweise schon gegeben. Wolle Stögmüller auch Autonomie bei den Curricula, eine Autonomie bei der Auswahl der SchülerInnen, eine Zertifikatsautonomie oder eine finanzielle Autonomie, die auch die Einhebung von Beiträgen vorsieht, fragte er mit skeptischem Unterton. (Fortsetzung Bundesrat) gs/jan


Format