Parlamentskorrespondenz Nr. 872 vom 04.09.2019

Österreich weiterhin Bahnfahrnation Nummer eins in der EU

Bericht der Schienen-Control 2018 verzeichnet Zuwächse im Personennahverkehr, Verschiebungen auf dem Güterverkehrsmarkt

Wien (PK) – Auch 2017 blieb Österreich Bahnland Nummer eins innerhalb der Europäischen Union. Mit 1.435 zurückgelegten Kilometern je EinwohnerIn und Jahr liegt Österreich diesbezüglich erneut vor Frankreich (1.419 Kilometer) und Schweden (1.317 Kilometer), wie die Schienen-Control GmbH errechnet hat. Zudem weist der Bericht der Regulierungsbehörde für das Jahr 2018 auf einige markante Entwicklungen im österreichischen Eisenbahnsektor hin (III-307 d.B. und III-690-BR/2019 d.B.). Laut diesem Bericht verzeichnete der Personenverkehr 2018 teils beachtliche Zuwächse, vor allem im Nahverkehr. Deutliche Änderungen gab es im Schienengüterverkehr. Während das Aufkommen (beförderte Nettotonnen) weiter zurückgegangen ist, gab es bei der Verkehrsleistung (Netto- bzw. Bruttotonnenkilometer) Anstiege, wobei diese vor allem auf die Mitbewerber der ÖBB zurückgingen, die ihre Marktanteile weiter steigern konnten.

Entwicklungen auf dem Eisenbahnmarkt 2018

Vor allem aufgrund eines erweiterten Angebots im Nahverkehr fiel das Wachstum im Schienenpersonenverkehr 2018 wesentlich stärker aus als in den Vorjahren. Die Anzahl der beförderten Personen betrug 6,6 %, die zurückgelegten Personenkilometer stiegen um 4,7%. Mit in Summe 309,9 Mio. Fahrgästen wurde 2018 der bisherige Höchstwert (290,6 Mio.) übertroffen. Die durchschnittliche Fahrtweite verringerte sich jedoch gegenüber 2017 um knapp einen Kilometer.

Unterschiedlich waren 2018 die Entwicklungen im Schienengüterverkehr. Die gesamte Verkehrsleistung (gemessen in Tonnenkilometern) stieg gegenüber dem Jahr davor weiter an, von 23,494 Mrd. Nettotonnenkilometern auf 23,734 Mrd., womit der Rekordwert des Jahres 2017 übertroffen wurde. Ebenso stiegen der Umfang der Bruttotonnenkilometer von insgesamt 45,973 auf 46,639 Mrd. Beim Verkehrsaufkommen nach beförderten Nettotonnen gab es hingegen einen Rückgang von 118,8 auf 117,9 Mio. Die von der Rail Cargo Austria gemeldeten rückläufigen Werte konnten von den Mitbewerbern bei den Nettotonnen überwiegend, bei den Nettotonnenkilometern und Bruttotonnenkilometern zur Gänze kompensiert werden. Diese steigerten damit ihren Marktanteil bei allen drei Indikatoren weiter kräftig, er betrug damit im Berichtsjahr 33,3 % im Hinblick auf das Aufkommen sowie 30,7 % bzw. 28,9 % der Verkehrsleistung.

Die Zahl der Eisenbahnunternehmen in Österreich lag Ende 2018 bei 69, wobei gegenüber dem Jahr davor die österreichische DPB Rail Infra Service, die belgische LINEAS, die deutsche Retrack sowie die slowakische Railtrans International neu hinzukamen. Zudem wurde im Zuge einer Umstrukturierung im Sommer 2018 die Steiermarkbahn und Bus aus den Steiermärkischen Landesbahnen herausgelöst. Insgesamt 46 Unternehmen haben die Berechtigung, im ÖBB-Netz Züge zu führen. Dazu gehören vier Unternehmen des ÖBB-Konzerns sowie zehn Unternehmen mit direkter oder indirekter Beteiligung ausländischer Incumbents (marktbeherrschende Unternehmen). Wie in den meisten europäischen Ländern, so sind auch in Österreich im Bahnbereich mehr Unternehmen im Bereich der Güter- als der Personenbeförderung tätig. Der Anteil des Personenverkehrs an der Netznutzung liegt aber deutlich höher als jener des Güterverkehrs.

Entwicklungen auf dem europäischen Bahnmarkt

Im April 2019 erschien der siebente Marktbericht der Independent Regulators' Group-Rail (IRG-Rail), der sich mit den Entwicklungen im Schienenverkehr 2017 befasst. Insgesamt 29 Länder stellten dafür statistische Auswertungen zur Verfügung. Der Schwerpunkt des aktuellen Marktberichts liegt auf der Darlegung der Gestaltung des Ausschreibungswettbewerbs für gemeinwirtschaftliche Personenverkehre (Public Service Obligations/PSO) in den Mitgliedsländern. Des Weiteren wurde untersucht, mit welchen Strategien sich die Incumbents der jeweiligen Länder Zutritt zu den Personenverkehrsmärkten im Ausland verschaffen, um im Inland verlorene Marktanteile wieder zurückzugewinnen.

Liberalisierter Bahnstrommarkt 2018 und Entwicklung der Bahnstromtarife 2019

2016 wurde der österreichische Bahnstrommarkt geöffnet, im darauffolgenden Jahr erfolgte die Weiterentwicklung des Netzentgeltmodells. 2018 war die Schienen-Control Kommission mit der Prüfung der Netzentgelte desselben Jahres beschäftigt. Dabei lehnte sie sich weitgehend an die Entscheidungen der Vorjahre an, da auch die ÖBB-Infrastruktur bei der Zusammenstellung ihres Netzentgeltmodells sich weitgehend am Modell des Vorjahres orientierte. Die Schienen-Control Kommission prüfte die durch die ÖBB-Infrastruktur festgesetzten Netzentgelte für das Jahr 2018 bezüglich der Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten. Bei Überprüfung der Kostenpositionen stellte die Schienen-Control Kommission fest, dass Kosten teilweise dem Grunde nach, teilweise der Höhe nach nicht anzuerkennen waren. Mit Bescheid vom 28. November 2018 wurde dem Infrastrukturbetreiber daher auferlegt, die Tarife zu senken.

Ende November 2017 hatte die ÖBB-Infrastruktur die Bahnstromtarife für das Jahr 2018 kurzfristig um knapp 45 % angehoben, um einen erheblichen Anstieg der Systemnutzungsentgelte des vorgelagerten 50-Hz-Netzes an die Bahnstromkunden im Bereich des Umformungstarifs weiterzureichen. Ursache dafür war wiederum eine Erhöhung der Tarife auf den höheren Netzebenen in der Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2018 der E-Control.

Mit Bescheid vom 16. Jänner 2018 trug die Schienen-Control Kommission der ÖBB-Infrastruktur als Ergebnis eines Wettbewerbsüberwachungsverfahrens auf, die ursprünglichen Tarife für die Tarifperiode 2018 beizubehalten. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der Schienen-Control im Jänner 2019. Die für das Jahr 2019 gültigen Bedingungen und Tarife für den Zugang zum Bahnstromnetz wurden mit 9. November 2018 in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen (SNNB) für 2019 veröffentlicht.

Beschwerde gegen Zuweisung von Zugtrasse für den Fahrplan 2019 abgewiesen

2018 befasste sich die Schienen-Control Kommission in mehreren Verfahren eingehend mit unterschiedlichen Themen aus dem Bahnbereich. Dazu gehörten Konflikte um Zugtrassen. Bei der Erstellung des Netzfahrplans 2019 traten Konflikte zwischen den Bestellungen von Zugtrassen zweier Eisenbahnverkehrsunternehmen im Fernverkehr auf. Ein mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen durchgeführtes Koordinierungsverfahren brachte letztlich keine Einigung. In der Folge wies die Zuweisungsstelle einem der beiden Eisenbahnverkehrsunternehmen einzelne Zugtrassen mit einigen Minuten Abweichung von der Bestellung zu. Das betroffene Eisenbahnverkehrsunternehmen reagierte mit einer Beschwerde gemäß § 72 EisbG an die Schienen-Control Kommission und beantragte die Zuweisung der bestellten Zugtrassen. Letztendlich wies die Schienen-Control Kommission diese jedoch ab.

Die Schienen-Control Kommission führt auch mehrere Verfahren zur Genehmigung von Aufschlägen zum Wegeentgelt. Weitere Verfahren betrafen die Genehmigung von Aufschlägen, die Prüfung der Angemessenheit der Entgelte von Containerterminals sowie die Bewertung des Fahrscheinverkaufs in Personenbahnhöfen. Bei letzterem Punkt geht es um das Zugangsrecht des Eisenbahnverkehrsunternehmens zum Personenbahnhof, das unter anderem geeignete Örtlichkeiten für den Fahrscheinverkauf umfasst. Die Verfahren der Kommission dazu betrafen den Fahrkartenverkauf im Hauptbahnhof Wien, im Bahnhof Wien Praterstern und im Hauptbahnhof Linz. Bewertet wurden aber auch andere Fragen, die mit der Sichtbarkeit von Eisenbahnunternehmen auf Bahnhöfen zusammenhängen. Anlässe dazu waren Beschwerden von Mitbewerbern, die sich gegenüber dem Incumbent benachteiligt sahen. Zum Zeitpunkt der Berichtlegung waren einzelne Verfahren noch offen. (Schluss) sox