Parlamentskorrespondenz Nr. 1071 vom 13.11.2019

Nationalrat: SPÖ fordert Sofortmaßnahmen gegen Kinderarmut

Fristsetzungsantrag wurde nach Kurzdebatte abgelehnt

Wien (PK) – Auf Verlangen der SPÖ fand im Nationalrat eine Kurzdebatte über einen Fristsetzungsantrag zum Thema Kinderarmut statt. Die SPÖ hatte im Budgetausschuss ein 7 Punkte-Sofortmaßnahmenpaket gegen Kinderarmut eingebracht. Demnach sollen die Kürzungen bei der Mindestsicherung zurückgenommen sowie der Familienbonus als Negativsteuer auf Familien mit geringem Einkommen ausgeweitet werden. Weitere Forderungen sind eine Unterhaltsgarantie, ein Rechtsanspruch auf einen ganztägigen kostenfreien Kindergarten- und Schulplatz sowie eine Verdoppelung des Schulstartgeldes auf 200 €. An den Schulen soll es außerdem gratis gesundes Essen, eine tägliche Turnstunde sowie mehr Lehrpersonal verteilt nach dem sogenannten "Chancenindex" geben. Alle Fraktionen waren sich einig, dass Kinderarmut bekämpft werden müsse. Der SPÖ-Antrag, dem Budgetausschuss eine Frist zur Berichterstattung über das Maßnahmenpaket bis 10. Dezember 2019 zu setzen, wurde jedoch abgelehnt.

SPÖ: Vorwürfe an ehemalige türkis-blaue Regierung

Laut Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) wurden bis zum Regierungswechsel im Jahr 2017 einige Maßnahmen für Kinder getroffen, die zu einer messbaren Besserstellung geführt hätten. Sie erwähnte beispielhaft Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung, das Integrationsjahr und den Ausbau von Ganztagsschulen. Der Regierung Türkis-Blau warf sie vor, Kinder ungleich behandelt und bestehende Maßnahmen gestrichen zu haben. Sie appellierte an die Abgeordneten für eine baldige Behandlung des Themas: "Wenn wir warten, bis wir eine Regierung haben, vergeht wertvolle Zeit", sagte sie.

Auch Eva Maria Holzleitner (SPÖ) warf Türkis-Blau vor, verschärfend bei der Kinderarmut gewirkt zu haben. Für sie ist der 30. Geburtstag der Kinderrechtskonvention Anlass genug, Kinderrechte ernst zu nehmen und Maßnahmen zu setzen. "Kinderrechte dürfen keine Rechte zweiter Klasse werden", sagte sie.

ÖVP gegen Schnellschüsse, FPÖ gegen viele Punkte des Pakets

Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) entgegnete, dass die Familienleistungen in Österreich sehr treffsicher seien und Familien durch Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld und Familienbonus entlastet würden. Die wirksamste Methode zur Vorbeugung von Kinderarmut ist laut Bogner-Strauß, wenn beide Elternteile arbeiten gehen. Daher müsse man die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erhöhen. Es brauche politische Rahmenbedingungen, man dürfe aber nicht mit Schnellschüssen arbeiten.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) konnte zwar manchen Forderungen der SPÖ etwas abgewinnen, kritisierte aber viele Punkte des Maßnahmenbündels scharf, wie den Rechtsanspruch auf einen ganztägigen kostenlosen Kindergarten- und Schulplatz. Gesundes Essen und eine tägliche Turnstunde in der Schule etwa seien berechtigte Forderungen. Kinderarmut könne aber nicht nur mit Transferleistungen bekämpft werden. Dafür gebe es viele Ursachen, nicht nur finanzieller Natur. Bei Eltern etwa, denen Bildung nichts bedeute, solle man eine Kürzung der Leistungen andenken. "Das ist oft die einzige Sprache, die sie verstehen", sagte sie.

GRÜNE: "Es braucht Mehrheiten im Parlament"

Stefan Kaineder (GRÜNE) hält die Bekämpfung von Kinderarmut in einem der reichsten Länder der Welt für eine "zivilisatorische Selbstverständlichkeit". Sie sei zum einen moralisch geboten, zum anderen auch wirtschaftlich sinnvoll. Inhaltlich könne er mit dem SPÖ-Maßnahmenpaket sehr gut leben, es brauche dafür aber Mehrheiten im Parlament, die so schnell nicht gefunden werden können. Daher sprach er sich gegen die Fristsetzung aus.

NEOS fordern zu zielgerichteten Maßnahmen auf

Für Gerald Loacker (NEOS) ist es unstrittig, dass jedes Kind, das in Armut aufwachsen muss, eines zu viel ist. Zur Bekämpfung von Kinderarmut seien mehr Förderungen für Brennpunktschulen nötig sowie eine frühzeitige Eingliederung von Kindern mit Migrationshintergrund in den Kindergarten und Deutschkurse. Maßnahmen nach dem Motto "Alles gratis für alle" seien jedoch nicht sinnvoll. Er forderte dazu auf, "evidenzbasiert zu arbeiten statt populistisch, finanziell verantwortungsvoll statt zukunftsvergessen und zielgerichtet statt mit der Gießkanne über alle drüber". (Fortsetzung Nationalrat) kar

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