Parlamentskorrespondenz Nr. 1178 vom 11.12.2019

EU-Hauptausschuss: Österreich gegen Nuklearenergie beim Green Deal

Bierlein: Mehrjähriger Finanzrahmen muss weiterverhandelt werden

Wien (PK) – Der European Green Deal, der heute von EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen präsentiert werden soll, stand heute im Mittelpunkt des EU-Hauptausschusses des Nationalrats im Vorfeld der Tagung des Europäischen Rats am 12. und 13. Dezember. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein betonte dabei, dass Österreich auf europäischer Ebene gegen Nuklearenergie eintritt. Die von der Europäischen Kommission angestrebte Klimaneutralität soll aus österreichischer Sicht sicher und nachhaltig soll aufgebaut werden. Bei Abgeordneten aller Fraktionen wurde diese Sichtweise mit Nachdruck befürwortet.

Zu Beginn der Sitzung stand die Konstituierung des ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union auf der Tagesordnung. Die Abgeordneten stimmten einhellig dafür.

SPÖ setzt Forderung nach mehr Steuergerechtigkeit in EU durch

Mehr Maßnahmen für Steuergerechtigkeit lautete ein Antrag auf Stellungnahme von der SPÖ, mit der sich die Fraktion durchsetzen konnte. Konkret soll sich die Bundeskanzlerin in Brüssel für die länderweise Veröffentlichung der wesentlichsten Steuerinformationen durch die größten Konzerne, die in Europa tätig sind, einsetzen (Public Country-by-Country-Reporting), argumentierte Jörg Leichtfried (SPÖ) und erhielt dafür die Zustimmung von Grünen und FPÖ.

SPÖ-Abgeordnete Julia Herr wollte Österreich in die Erstellung des Green Deals stärker eingebunden wissen, denn für sie ist die Klimaneutralität bis 2050 alternativlos. Ähnlich sah dies auch Michel Raimon (Grüne), dem insbesondere die in manchen EU-Ländern weiterhin bestehenden Kohlewerke ein Dorn im Auge waren. Laut Martina Diesner-Wais (ÖVP) hat der Green Deal eine große Bedeutung für Österreich.

FPÖ gegen umweltpolitische Tätigkeit der EZB

Der Klimaschutz müsse verschärft werden, bekannte sich Lukas Hammer von den Grünen zum Green Deal und bedauerte, dass Österreich ein "Nachzügler" in Sachen Klimaschutz sei. Auch Nikolaus Scherak (NEOS) forderte mehr österreichische Ambitionen für den Klimaschutz. Dazu sei ein höheres Budget erforderlich, unterstrich er. Laut Außenminister Alexander Schallenberg werde Österreich aufgrund des Wirtschaftswachstums ohnehin mehr überweisen als in den vergangenen Jahren.

Gegen eine umweltpolitische Tätigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) setzte sich Norbert Hofer (FPÖ) ein. Im Sinne der Einhaltung der EU-Verträge sollte die EZB Umweltpolitik nicht in den Fokus ihres Tätigkeitsfelds legen, so Hofer, dessen Antrag auf Stellungnahme neben der FPÖ auch die Stimmen der NEOS erhielt. Gerald Loacker (NEOS) trat strikt für eine Trennung von Geldpolitik und politischen Geschäften ein, zudem sei dies nicht die Aufgabe der EZB, sagte er. Laut Bierlein ist die EZB ohnedies vertraglich gebunden.

Mehrjähriger Finanzrahmen – Einigung Ende 2020 möglich

Die von Finnland vorgelegte Verhandlungsbox zum mehrjährigen Finanzrahmen sieht einen Beitrag der EU-Länder in Höhe von 1,07 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens zum Gemeinschaftshaushalt vor, informierte Bierlein. Dies sei für Nettozahler wie Österreich zu hoch, weshalb die Kanzlerin eine diesbezügliche Einigung erst bis Ende 2020 in Aussicht stellte. 1,00 Prozent des BIP, sei der Betrag, den sich die Kanzlerin vorstellen könne. Innerhalb der EU würden die Meinungen über die Höhe der Beiträge auseinanderklaffen, unterstrich Außenminister Alexander Schallenberg. Außerdem fehlen Korrekturmechanismen, bei der Agrarpolitik seien die Schritte zudem nicht ausreichend, sagte er.

Österreich für Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen Russland

Die Sanktionen gegenüber Russland werden für weitere sechs Monate verlängert. Dies liege im Interesse Österreichs, so Bierlein unisono mit Schallenberg. Obwohl Schallenberg positive Entwicklungen ortete, seien diese nicht genug, um die Sanktionen aufzuheben. Anders sah dies hingegen die FPÖ, die einen Antrag auf Stellungnahmen mit dem Ziel der Aufhebung einbrachte. Die Sanktionen hätten Österreich bereits eine Milliarde Euro gekostet und Gegensanktionen würden die österreichische Wirtschaft hart treffen, führte Wurm aus. Die FPÖ erhielt keine Zustimmung der anderen Fraktionen.

Die FPÖ machte sich außerdem in einem Antrag auf Stellungnahme für das Einstimmigkeitsprinzip in der EU stark. Sensible Politikbereiche erfordern weiterhin die Einstimmigkeit im Rat, unterstrich Reinhard Bösch, erhielt dafür aber nicht die Zustimmung der anderen Fraktionen. Dieses Thema sei ein zweischneidiges Schwert, erörterte der Außenminister angesichts vieler Themen bei denen "blockiert" werde. Andererseits gebe es nationale Interessen, wie der Abstand von Nuklearenergie, wo Österreich bei der Anwendung der qualifizierten Mehrheit weniger Erfolgschancen hätte.

Schallenberg: Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien vorantreiben

Die Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien müssten vorangetrieben werden, machte sich Schallenberg für den Start der Beitrittsverhandlungen ohne weitere "Verzögerungstaktiken" stark. Verzögerungen seien jedenfalls zu vermeiden, da sich das Fenster für positive Beitrittsverhandlungen bald schließen werde, sagte er und befürchtete ein "gefährliches politisches Vakuum". Auch Martin Engelberg (ÖVP) setzte sich für die Beitrittsverhandlungen ein. Die EU dürfe sich nicht zurückziehen, unterstrich Schallenberg und trat für eine Reform des Beitrittsprozesses ein. Diese Reform dürfe aber nicht auf dem Rücken dieser beider Länder ausgetragen werden, unterstrich Schallenberg. Auch für Eva Ernst-Dziedzic (Grüne) seien in Bezug auf den Westbalkan konkrete Schritte erforderlich. Frankreich und die Niederlande stünden derzeit gegen die Beitrittsverhandlungen, erfuhr Bösch von Bierlein.

Brexit: Wahl beeinflusse weitere Schritte

Reinhold Lopatka (ÖVP) erkundigte sich über Fortschritte beim Thema Brexit. Laut Bierlein sei der nächste Termin der 31. Jänner 2020. Es wurde seitens Großbritannien kein neuer Kommissar nominiert, zeigte sie auf. Schallenberg unterstrich, dass das weitere Szenario von der dieswöchigen Wahl in Großbritannien abhängig sei. (Schluss) gla