Parlamentskorrespondenz Nr. 1239 vom 19.12.2019

Bundesrat: ÖVP, FPÖ und Grüne beantragen Änderung des Bundesministeriengesetzes

MinisterInnen sollen vor Einrichtung neuer Dienststellen Ansiedelung außerhalb von Wien prüfen

Wien (PK) – Der Bundesrat hat heute einen Gesetzesantrag an den Nationalrat auf den Weg gebracht. ÖVP, FPÖ und Grünen geht es darum, dass künftig vor der Einrichtung neuer Bundesdienststellen geprüft wird, ob diese außerhalb der Bundeshauptstadt angesiedelt werden können. Damit wird auch einem Anliegen des scheidenden Bundesratspräsidenten Karl Bader Rechnung getragen. Gegen die Initiative stimmte lediglich die SPÖ: Sie sieht die Initiative vor allem als Wien-Bashing und wandte sich dagegen, Stadt gegen Land auszuspielen. Nun muss sich der Nationalrat mit der Initiative befassen.

Verankert werden soll die Prüfpflicht dem ÖVP-FPÖ-Grüne-Antrag zufolge im Bundesministeriengesetz. Konkret soll ein Gesetzespassus, der die MinisterInnen zur Einhaltung der Grundsätze der Wirkungsorientierung, Effizienz und Transparenz bei der Behördenstruktur und der Einrichtung nachgeordneter Dienststellen verpflichtet, um die neue Vorgabe ergänzt werden. Eine Ansiedlung von Dienststellen der Bundesverwaltung außerhalb der Bundeshauptstadt würde nicht nur mehr Bürgernähe bringen, sondern könnte auch zur Stärkung strukturschwacher Regionen beitragen, argumentieren die AntragstellerInnen. Zudem könnten Anfahrtswege für MitarbeiterInnen und BürgerInnen verkürzt werden. Höhere Kosten erwarten Karl Bader (ÖVP), Monika Mühlwerth (FPÖ) und Marco Schreuder (Grüne) durch die neue Prüfpflicht nicht.

SPÖ gegen ein Ausspielen von Stadt und Land

Korinna Schumann (SPÖ/W) begründete die Ablehnung des Antrags damit, dass die SPÖ nichts davon halte, einen Keil zwischen große Städte und ländliche Regionen zu treiben und Stadt gegen Land auszuspielen. Mit einer aggressiven Abgrenzung zur Bundeshauptstadt Wien sei nichts gewonnen. Es gehe um ein Miteinander, nicht um ein Gegeneinander. Zudem wertet sie die Formulierung des Antrags als verfassungswidrig.

Einig sieht sich Schuhmann mit den anderen Fraktionen darin, dass es nötig ist, den ländlichen Raum zu stärken und die Landflucht zu stoppen. Dafür gebe es viele Möglichkeiten, meinte sie und nannte etwa den Ausbau der Infrastruktur und des öffentlichen Verkehrs, einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz und eine gute Gesundheitsversorgung. Viele Menschen hätten ein Gefühl des Zurückgelassenwerdens, wenn Post und Geschäfte schließen, dem gelte es entgegenzuwirken.

Ein gewisses Verständnis für die von Schumann geäußerten Bedenken äußerte der Grüne Bundesrat Adi Gross. Bei einer etwaigen Ansiedlung von Bundesdienststellen in den Bundeländern müsse man mit großer Sorgfalt und Behutsamkeit vorgehen, mahnte er und warnte davor, funktionierende bestehende Einrichtungen abzusiedeln. Auch dürfe es nicht passieren, dass es zu einem "Kuhhandel" zwischen zuständigen MinisterInnen und Landeshauptleuten komme. Als negatives Beispiel sieht er in diesem Zusammenhang die geplante Übersiedlung des Umweltbundesamts von Wien nach Klosterneuburg.

Gegen den Antrag selbst hat Gross allerdings nichts einzuwenden. Schließlich werde lediglich eine Prüfpflicht und keine generelle Neuverteilung von Bundesdienststellen festgeschrieben. Österreich sei per Verfassung ein föderaler Bundesstaat, meinte er, man könne durchaus über Verbesserungen nachdenken. Nichts hält Gross jedoch davon, Behörden in abgelegenen, schwer erreichbaren Gebieten einzurichten, es kämen wohl nur größere Städte in Frage. "Schauen wir einmal, wie der Nationalrat mit dem Antrag umgeht", so seine abschließende Bewertung.

ÖVP und FPÖ drängen auf Stärkung des ländlichen Raumes

Erfreut über das Zustandekommen des Gesetzesantrags zeigte sich Bundesratspräsident Karl Bader (ÖVP), von dem die Initiative ausgegangen war. Es sei notwendig, strukturschwache Regionen zu stärken und den "Brain-Drain" Richtung Ballungsräume zu stoppen. Ohne Gegensteuerung drohe eine weitere Ausdünnung des ländlichen Raums. Auch könnte man mit einer Dezentralisierung von Behördenstrukturen seiner Ansicht nach Pendlerströme verringern. Es gehe jedenfalls nicht um ein Wien-Bashing und ein aggressives Abgrenzen zur Bundeshauptstadt, versicherte Bader. Es sei möglich, den ländlichen Raum zu stärken, ohne dass die Stadt etwas verliere.

Bader verwies auch auf Vorbilder wie Deutschland, die Schweiz, Finnland und Dänemark. Auch Niederösterreich sei dabei, 500 Dienstposten aus St. Pölten in die Bezirke hinauszuverlagern. Ähnliche Initiativen gebe es in anderen Bundesländern.

Handlungsbedarf sieht auch FPÖ-Bundesrätin Monika Mühlwerth. Man müsse etwas dagegen unternehmen, dass die Bevölkerung aus ländlichen Gebieten wegziehe, und zwar zuerst die Frauen, sagte sie. Jede Maßnahme, die dazu dient, dass Menschen im ländlichen Raum bleiben, sei sinnvoll. Keineswegs gehe es darum, die Stadt Wien "auszuhungern". Die Kritik der SPÖ am Antrag versteht Mühlwerth nicht: "Wo ist das Problem?" fragte sie.

Tätigkeitsberichte der Höchstgerichte, Datenschutzbericht

Einstimmig hatten die BundesrätInnen zuvor die Tätigkeitsberichte des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs für das Jahr 2018 sowie den Datenschutzbericht 2018 zur Kenntnis genommen. In der Debatte ging es neben dem Inhalt einzelner Entscheidungen vor allem um die Belastung der Höchstgerichte durch die hohe Zahl von Asylbeschwerden. Zusätzliche Personalressourcen seien notwendig, zeigten die BundesrätInnen auf. Außerdem verwiesen sie darauf, dass die österreichische Datenschutzbehörde durch das neue Datenschutzregime zahlreichen Herausforderungen gegenübersteht.

Petition zur Regulierung des Wolfes in Österreich

Auf der Tagesordnung der Bundesratssitzung stand überdies eine Petition zur "Regulierung des Wolfes in Österreich" (45/PET-BR). Die UnterzeichnerInnen fordern unter anderem gesetzliche Regelungen, die gegebenenfalls auch einen Abschuss von Wölfen ermöglichen. Zudem geht es ihnen um eine Überarbeitung des Wolfsmanagementplanes, ein einheitliches österreichweites Entschädigungsmodell, die Finanzierung von Schutzmaßnahmen durch die öffentliche Hand und eine Beweislastumkehr bei Wolfsrissen. Die Petition wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Bundesrat) gs/gla


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