Parlamentskorrespondenz Nr. 22 vom 14.01.2020

Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Kogler präsentieren Regierungsprogramm in der Länderkammer

Neues Regierungsteam stellt sich im Bundesrat vor

Wien (PK) – Von einem sehr guten, ambitionierten Programm und einem herausragenden Team sprach heute Bundeskanzler Sebastian Kurz im Bundesrat, wo er gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler eine Regierungserklärung abgab. Neben einer Entlastung der arbeitenden Menschen und einer Reduktion der Schuldenquote standen dabei für Kurz die Bekämpfung der illegalen Migration, die Lösung der Pflegefrage sowie Reformen im Bildungsbereich im Vordergrund. Aus Sicht der Grünen gebe es trotz unterschiedlicher Sichtweisen zahlreiche Überschneidungen, wie etwa beim Kampf gegen den Klimawandel, konstatierte Kogler. Damit es nicht bloß bei Schlagworten bleibe, seien umfangreiche Investitionen in den öffentlichen Verkehr gerade im ländlichen Raum, in die Gebäudesanierung und erneuerbare Energien vorgesehen. Mit Nachdruck unterstrich der Vizekanzler zudem die europäische Ausrichtung der Bundesregierung.

Kurz: Koalition der Wahlgewinner schlägt neues Kapitel in der Regierungsarbeit auf

Bundeskanzler Sebastian Kurz war überzeugt davon, dass mit der aktuellen Regierung, die eine "Koalition der Wahlgewinner" darstelle, ein neues Kapitel eröffnet werde. Durch eine neue Form der Kompromissfindung sei es möglich geworden, dass sowohl die Volkspartei als auch die Grünen ihre zentralen Wahlversprechen einhalten können. Primäres Ziel sei es, das Leben der Menschen in Österreich zu verbessern. Garant dafür sei ein "herausragendes Team", das die Inhalte umsetzen werde, bekräftigte Kurz, der die einzelnen Regierungsmitglieder auf ÖVP-Seite persönlich vorstellte.

Einer der Eckpunkte des Regierungsprogramms sei die Entlastung der arbeitenden Menschen, informierte der Kanzler, was unter anderem durch eine Absenkung der drei untersten Lohnsteuerstufen, eine Erhöhung des Familienbonus sowie einen Ausbau der Mitarbeiterbeteiligung gelingen soll. Gleichzeitig seien im Sinne eines nachhaltigen Steuersystems diverse Ökologisierungsmaßnahmen geplant. Die ÖVP bekenne sich zudem zu einer ausgeglichenen Budgetpolitik, unterstrich der Regierungschef, die Schuldenquote soll daher in Richtung 60% abgesenkt werden.

Im Bereich der Migration werde weiterhin eine klare Linie verfolgt, die zum Ziel habe, die illegale Zuwanderung zu stoppen. Dies sei Voraussetzung dafür, dass man in Europa und Österreich weiterhin in Sicherheit leben und der soziale Frieden aufrechterhalten werden könne, erklärte Kurz. 

Ein großes Anliegen war ihm auch die Reform des Bildungssystem, da man "vom reinen Absitzen von Zeit" wegkommen müsse. Aus diesem Grund soll es eine Bildungspflicht geben, die garantiere, dass die jungen Menschen ein Minimum an Grundfertigkeiten besitzen. Nur dann sei gewährleistet, dass die Jugendlichen Chancen am Arbeitsmarkt haben und dass kein Kind zurückgelassen wird.

Außerdem werde man alles daran setzen, die Pflegefrage zu lösen, führte Kurz weiter aus. Dazu brauche es ein Maßnahmenbündel, das von der Unterstützung von pflegenden Angehörigen, dem vermehrten Einsatz von mobilen Pflegekräften, dem Ausbau von Tagesbetreuungseinrichtungen, der besseren Ausbildung von Pflegekräften bis hin zur Einführung einer Pflegeversicherung reiche.

Ein sehr ambitioniertes Programm liege im Bereich Klimaschutz vor, betonte Kurz. Gemeinsam mit den Grünen habe man sich darauf geeinigt, dass Österreich bis 2040 klimaneutral werden soll. Dazu beitragen werde der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, Investitionen in die Gebäudesanierung sowie eine ökosoziale Steuerreform, deren Grundlagen im Rahmen einer Taskforce bis 2022 erarbeitet werden.

Darüber hinaus würden viele weitere Initiativen gesetzt, die von der Digitalisierung bis hin zur Frauenpolitik, von der Stärkung des ländlichen Raums bis hin zu einem ehrgeizigen Transparenzpaket reichen.

Vom Klimaschutz bis zur Europapolitik: Vizekanzler Kogler unterstreicht Gemeinsamkeiten zwischen Grünen und ÖVP

Vizekanzler Werner Kogler sprach von einem ungewöhnlichen Kompromiss als Antwort auf neue große Herausforderungen. Zwei Wahlsieger, die sich, wie er anmerkte, "nicht unbedingt gesucht hatten", würden sich nun in dieser Bundesregierung finden. Bei allen unterschiedlichen Sichtweisen gebe es jedoch zahlreiche Überschneidungen, so etwa allen voran das Bekenntnis zur Bekämpfung des Klimawandels mit allen Chancen für den Wirtschaftsstandort und unter sozialer Abfederung und regionaler Einbindung. Übereinstimmung ortete Kogler zudem bei der Entlastung der arbeitenden Menschen sowie in der Frage der nachhaltigen Finanzen bei gleichzeitiger Sicherung der Investitionen. Weitere Themen, die sowohl für die Grünen als auch für die ÖVP höchsten Stellenwert einnehmen, seien überdies die soziale Sicherung, die Armutsbekämpfung, die Gleichstellung der Frauen oder etwa der Ausbau der Betreuungsplätze im Bildungsbereich.

Mit Nachdruck unterstrich der Vizekanzler die europäische Ausrichtung der Bundesregierung und das Engagement der Koalitionspartner für die Weiterentwicklung der europäischen Union. Klar ist für Kogler dabei, dass es in den großen Fragen mehr Europa brauche. Bei den internationalen Handelsbeziehungen wiederum werde sich die Regierung für die Einhaltung der sozialen und ökologischen Standards einsetzen. Deshalb gebe es auch ein klares Nein zu Mercosur.

Was den Klimaschutz betrifft, sollen laut Kogler mit den ersten Schritten der Steuerreform auch Ökologisierungsschritte verbunden werden. Es dürfe aber nicht bei bloßen Schlagworten bleiben. Gebäudesanierung, Forcierung der Photovoltaik, Vergünstigung des öffentlichen Verkehrs und Ausbau der Infrastruktur werden als prioritäre Themen jedenfalls auch die Bundesländer beschäftigen. Konkret trat Kogler in diesem Zusammenhang für eine Regionalverkehrsmilliarde zusätzlich zur Nahverkehrsmilliarde ein. In Sachen Transparenz schließlich kündigte der Vizekanzler eine Initiative für Informationsfreiheit an.

Kontroverse Debatte über türkis-grünes Regierungsprogramm

In der anschließenden Bundesratsdebatte stellte SPÖ-Fraktionsobfrau Korinna Schumann (SPÖ/Wien) die Sozialpolitik ins Zentrum ihrer Rede. Im Regierungsprogramm würden Konzepte in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Pflege fehlen, so Schumann, die sich außerdem über die Einführung des "koalitionsfreien Raums" sorgte. Das Bundesheer werde ausgehungert, kritisierte Oppositionskollegin Monika Mühlwerth (FPÖ/Wien). Sie sprach sich gegen Hass im Netz aus und plädierte dafür, die Auswirkungen des Regierungsprogramms auf Einzelpersonen zu bedenken.

Die Bundesregierung übernehme Verantwortung, konterte Karl Bader (ÖVP/Niederösterreich) und betonte dabei die Erleichterung der ArbeiternehmerInnen durch die weitere Senkung der Lohnsteuer. Seitens der Grünen lobte Marco Schreuder (Grüne/Wien) die neue Form des Regierens und hob Fortschritte für die Wirtschaft hervor. Besonders positiv sah Schreuder die Ausweitung der Zuständigkeiten des Rechnungshofs und die Open-by-Default-Strategie, wonach Daten von Amts wegen offengelegt werden. (Fortsetzung Bundesrat) sue/hof/gla

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

Fotos von der 900. Bundesratssitzung finden Sie auf der Website des Parlaments.


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