Parlamentskorrespondenz Nr. 183 vom 02.03.2020

Neu im Sozialausschuss

NEOS fordern mehr Transparenz bei Sozialversicherungen und Kammern, SPÖ macht gegen Selbstbehalte mobil

Wien (PK) – Die NEOS fordern mehr Transparenz bei den Sozialversicherungsträgern und den Kammern und sprechen sich für eine Direktwahl der VersichertenvertreterInnen aus. Der SPÖ geht es um die Verhinderung von Selbstbehalten für ärztliche Leistungen und gleiche Gesundheitsleistungen für alle Versicherten.

Kammern sollen Rechnungsabschlüsse im Internet veröffentlichen müssen

Um die Transparenz zu erhöhen und die ihrer Meinung nach bestehenden Kontrolldefizite zu beseitigen, wollen die NEOS die unter Aufsicht des Bundes stehenden Kammern dazu verpflichten, ihre Rechnungsabschlüsse nach deren Genehmigung vollständig im Internet zu veröffentlichen (314/A(E)). Damit könnte etwa besser nachvollzogen werden, wofür die Kammern – insbesondere die Arbeiterkammer und die Wirtschschaftskammer – ihre Mitgliedsbeiträge verwenden, argumentiert Gerald Loacker. Auch würden sich die Abgeordneten zahlreiche Anfragen zur Ausübung der parlamentarischen Kontrolle ersparen. Als Vorbild in diesem Zusammenhang sieht Loacker die Sozialversicherungsträger, die – zumindest bisher – auf ihren Webseiten umfassende Jahresberichte veröffentlicht haben.

Zu wenig Transparenz bei Ergebnisprognosen der Sozialversicherungen

Allerdings ortet Loacker auch bei den Sozialversicherungsträgern eine Informationslücke. Er nimmt die öffentliche Diskussion um das drohende Defizit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zum Anlass, um die regelmäßige und standardisierte Veröffentlichung von Ergebnisprognosen einzumahnen (317/A(E)). Damit würde beispielsweise rasch nachvollziehbar, ob hinter drohenden Defiziten von Kassen einnahmen- oder ausgabenseitige Effekte stehen, argumentiert er. Loacker verlangt außerdem eine verbindliche Veröffentlichung der Jahresberichte der Kassen, zumindest sieben Jahre rückwirkend, seit der Umstrukturierung der Kassen sieht er hier einige Defizite, etwa bei der ÖGK.

Direktwahl der VersichertenvertreterInnen

Ein weiteres Anliegen ist NEOS-Abgeordnetem Loacker die Direktwahl der VertreterInnen in den Gremien der Sozialversicherungsträger durch die Versicherten und Unternehmen anstelle der Beschickung der Gremien durch die Kammern (316/A(E)). Er erwartet sich davon eine bessere Wahrnehmung der Versicherteninteressen, etwa was das Aus für unterschiedliche Leistungsniveaus betrifft. Zudem sei es notwendig, den in den letzten Jahren zu verzeichnenden Rückgang von VertragsärztInnen – bei gleichzeitig starkem Anstieg von WahlärztInnen – zu stoppen. Die Krankenkassen hätten Interesse an einer restriktiven Stellenplanung, um Kosteneinsparungen zu erwirken, vermutet Loacker.

SPÖ fordert einheitliche Versicherungsleistungen …

Je nach Kasse unterschiedliche Versicherungsleistungen sind auch der SPÖ ein Dorn im Auge. Sie fordert daher, die Leistungen schrittweise zu harmonisieren und sich dabei am höchsten Leistungsniveau zu orientieren (324/A(E)). Gleichzeitig soll mit Wirksamkeit von 1. Juli 2020 ein Risikostrukturausgleich über alle Krankenversicherungsträger hinweg eingeführt werden.

In den Erläuterungen zum Antrag erinnert Philip Kucher daran, dass die türkis-blaue Bundesregierung den erfolgten Strukturumbau in der Krankenversicherung nicht zuletzt mit der Notwendigkeit einer Leistungsharmonisierung begründet habe. Davon sei nunmehr aber keine Rede mehr, kritisiert er. Auch im Regierungsprogramm von Türkis-Grün sei dazu nichts zu finden. Vielmehr drohe die "3-Klassen-Medizin" einzementiert und weiterentwickelt zu werden.

Konkret listet Kucher etwa deutlich bessere Leistungen für öffentlich Bedienstete auf, z.B. was Sonderklassegebühren, Zahnimplantate, Psychotherapie und Impfungen betrifft. Dabei führt er die höhere Leistungsfähigkeit der bisherigen BVA vorrangig auf höhere Beitragseinnahmen durch höhere Durchschnittsgehälter sowie eine wesentlich bessere Versichertenstruktur und weniger auf die eingehobenen Selbstbehalte zurückführt. Ein gleichlautender Antrag wurde dem Gesundheitsausschuss zugewiesen.

… und lehnt Selbstbehalte bei Arztbesuchen ab

Alarm schlägt die SPÖ auch wegen des drohenden Defizits bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Auf 1,7 Mrd. € könnte sich der Abgang demnach bis 2024 kumulieren, wie Prognosen zeigen. Dieses Milliardenloch könnte durch neue Selbstbehalte für ÖGK-Versicherte gestopft werden, befürchtet Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. Besonders alarmiert ist sie, weil es für die Einführung von Selbstbehalten im Dachverband der Sozialversicherungsträger nach der Kassenreform keiner Einstimmigkeit mehr bedarf, diese also auch gegen den Willen der Gebietskrankenkassen beschlossen werden könnten.

Um dieser Gefahr vorzubeugen, hat die SPÖ eine Änderung des ASVG (329/A) beantragt. Die Kompetenz des Dachverbandes zur Festlegung von Selbstbehalten für Arztbesuche, Zahnbehandlungen und die Inanspruchnahme von Spitalsambulanzen soll demnach ersatzlos gestrichen werden. Auch hier wurde ein gleichlautender Antrag dem Gesundheitsausschuss zugewiesen. (Schluss) gs