Parlamentskorrespondenz Nr. 211 vom 06.03.2020

Neu im Unterrichtsausschuss

Kopftuchverbot an Schulen, Ethikunterricht, Deutsch als Pausensprache, Maßnahmen gegen Gewalt und Konflikte, mehr Chancengerechtigkeit

Wien (PK) - Nach Meinung der FPÖ soll das geltende Kopftuchverbot an Schulen ausgeweitet werden. Weiters drängt sie darauf Deutsch als Pausensprache in Schulen einzuführen und einen Maßnahmenplan zu schaffen um Gewalt- und Konfliktpotenziale zu verhindern. FPÖ und SPÖ sind für die Einführung eines Ethikunterrichts, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Weitere SPÖ-Anliegen sind mehr Chancengerechtigkeit im Bildungsbereich und der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen.

FPÖ: Kopftuchverbot an Schulen soll ausgeweitet werden

Die FPÖ will das geltende Kopftuchverbot in Schulen durch eine Änderung des Schulunterrichtsgesetzes (174/A) ausweiten. Das Verbot soll für Schülerinnen bis zum 14. Lebensjahr gelten (bisher 10. Lebensjahr). Außerdem soll "das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der einer Verhüllung des Hauptes verbunden ist" nach Ansicht der FPÖ künftig auch LehrerInnen untersagt sein.

Die Mandatare der FPÖ, Herbert Kickl und Hermann Brückl, begründen den Antrag mit den Rechten des Kindes auf Bildung und Entfaltung der Persönlichkeit laut UN-Kinderrechtskonvention. Weiters werden die Grundwerte von Bildungseinrichtungen in der Bundesverfassung wie Demokratie, Humanität, Solidarität, Friede und Gerechtigkeit, Offenheit und Toleranz angeführt. Der FPÖ-Entwurf enthält außerdem ein Kopftuchverbot für LehrerInnen. Begründet wird die Forderung mit Feststellungen des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs, laut dem es in demokratischen Gesellschaften, in denen mehrere Religionen innerhalb ein und derselben Bevölkerung bestünden, unter Umständen notwendig sein könne, die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit laut Europäischer Menschenrechtskonvention einzuschränken, um die Interessen der verschiedenen Gruppen miteinander in Einklang zu bringen, so die Antragsteller.

… für Ethikunterricht als Alternative zum Religionsunterricht

Ethik soll als verpflichtender Alternativgegenstand zum konfessionellen Religionsunterricht in der Sekundarstufe II – also in der Oberstufe – eingeführt werden, so der FPÖ-Vorschlag (215/A(E)). Begründet wird der Antrag von Unterrichtssprecher Hermann Brückl mit einer zunehmend pluralistischen und säkulären Gesellschaft sowie einer steigenden Anzahl von Jugendlichen, die sich vom konfessionellen Religionsunterricht abmelden bzw. keiner Religionsgemeinschaft angehören.

Da seit den 1990er Jahren durch das zuständige Ministerium bereits schulautonome Erprobungen durchgeführt worden seien und entsprechende Erfahrungsberichte vorlägen, könnten diese zeitnah aktualisiert und umgesetzt werden, so Brückl. Weiters wird der Bericht einer parlamentarischen Enquete von 2011, der die Übernahme der Schulversuche in den Regelbetrieb empfiehlt, ebenso angeführt wie eine Anregung des Rechnungshofs aus dem Jahr 2015.

… für Deutsch als verpflichtende Pausensprache an Schulen

Deutsch als Sprache soll nicht nur im Unterricht, sondern auch in Pausen oder etwa bei Schulveranstaltungen verpflichtend sein, so die FPÖ-Forderung in einem weiteren Entschließungsantrag (216/A(E)). Ausnahmen gelten sollen für Schulen, die grundsätzlich eine andere Schulsprache verwenden oder wenn die Unterrichtsmethode eine andere Sprache erfordert. Außerdem sollen Minderheiten, denen entsprechende gesetzliche Rechte eingeräumt wurden ebenfalls ausgenommen sein. 

Der Abgeordnete Hermann Brückl (FPÖ) begründet die Forderung mit bestehenden ähnlichen Initiativen in Österreich (Vienna Business School in Mödling) und Deutschland (Herbert-Hoover-Realschule) sowie mit Erkenntnissen von Susanne Wiesinger, laut derer sich der Anteil an SchülerInnen mit nicht-deutscher Umgangssprache in den letzten zehn Jahren deutlich erhöht hätte.

… und für Neun-Punkte-Plan als Antwort auf das Gewalt- und Konfliktpotential an Schulen

Eine Regierungsvorlage zur Umsetzung eines Neun-Punkte-Maßnahmenplans zur Verringerung des Konflikt- und Gewaltpotenzials an Schulen fordert die FPÖ in einer Entschließung (217/A(E)) von Bildungsminister Heinz Faßmann. Der Plan sei bereits von der türkis-blauen Regierung erarbeitet worden und solle nun umgesetzt werden. Als Eckpfeiler werden Prävention, Konflikt-Resilienz und Eskalation genannt. Die neun erläuterten Punkte betreffen Prävention in der Schule, Gruppenbildungen in eingerichteten Klassen, Ausbildung von Lehrkräften und Verhaltensvereinbarungen. Im Bereich Konflikt-Resilienz werden Abkühlphasen nach Verhaltensausfälligkeiten, Online-Plattformen für Lehrkräfte und SchülerInnen, Ausbildung von LehrerInnen zu StreitschlichterInnen und Änderungen im Schulmanagement angeführt. Auch die Einrichtung von sogenannten "Auszeitgruppen" für aggressive SchülerInnen und klare Regeln für deren Wegweisung gehört zu den vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich Eskalation.

SPÖ fordert verpflichtenden Ethikunterricht für alle SchülerInnen ab der Unterstufe

Für einen Ethikunterricht für alle Schülerinnen und Schüler bereits ab der Sekundarstufe I, unabhängig ob ein konfessioneller Religionsunterricht besucht wird oder nicht, tritt SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid in einem Entschließungsantrag (255/A(E)) ein. Der Unterricht sei als Beitrag zur politischen Bildung und zur Entwicklung einer soliden Wertehaltung sowie als Präventionsmaßnahme gegen Fundamentalismus und Extremismus zu sehen, so Hammerschmid. Es gäbe keine Rechtfertigung dafür, warum nicht alle SchülerInnen ethische Fragestellungen im Unterricht diskutieren sollten.

… und fordert ein Gesamtpaket für mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem sowie den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und Ganztagsschulen

Das durchschnittliche Abschneiden Österreichs bei den PISA-Studien wurde von der SPÖ zum  Anlass genommen, um ein Gesamtpaket für mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem zu fordern (256/A(E)). Im Konkreten soll das bereits geplante Pilotprojekt für Brennpunktschulen um einen österreichweiten Chancenindex erweitert werden. Die Antragstellerin Sonja Hammerschmid geht von einem Bedarf von ca. 5.000 zusätzlichen LehrerInnen an über 500 Schulen aus. Zusätzlich sollen per Stufenplan die Kinderbetreuungsplätze und das Angebot an ganztägigen Schulen ausgebaut werden, mit dem Ziel, Eltern einen Rechtsanspruch für qualitativ hochwertige und ganztägige Kinderbetreuung zu garantieren. Für das Mehr an Unterstützungspersonal sollen von Finanzminister Gernot Blümel mindestens 80 Mio. € im Budget 2020 und im Bundesfinanzrahmen 2020-2023 vorgesehen werden. (Schluss) gun


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